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Inspektor Jury lichtet den Nebel

Inspektor Jury lichtet den Nebel

Titel: Inspektor Jury lichtet den Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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geistesabwesend. Am Frühstückstisch saßen jetzt drei, und dabei war es zu zweit so gemütlich gewesen.
    «Ich mag meinen Toast nicht in Streifen geschnitten», sagte Jessie und blätterte in dem Buch herum, das sie mit an den Frühstückstisch gebracht hatte.
    Onkel Rob blickte von seiner Zeitung auf. «Seit wann denn das?»
    «Ich mag auch kein geköpftes Ei. Ich pelle es lieber ab.» Dabei blätterte sie in Rebecca.
    Sara Millar legte den Kopf schief. Sie saß mit dem Rücken zum Fenster, und ihr blondgefärbtes Haar glänzte in der Morgensonne.
    «Entschuldigung, Jessica. Ich habe angenommen …» Die ruhige Stimme verstummte. Die Selbstlose Sara hatte es auf sich genommen, Jessie das Frühstück zu machen, und damit der unterbeschäftigten Mrs. Mulchop eine weitere Mühe abgenommen.
    «Bist du immer noch böse auf mich?» Robert Ashcroft sah betrübt aus.
    Es tat Jessie leid, daß er so gekränkt aussah, denn sie war schuld daran. Aber hier ging es um ein Machtspiel, da durfte ihr kein Fehler unterlaufen. Nur nicht weich werden. Und so tat sie seine Frage mit einem Achselzucken ab.
    Was ihren Onkel natürlich noch mehr beunruhigte. «Du benimmst dich unmöglich –»
    Sara Millar mischte sich geschickt ein. «Was liest du denn da, Jessie?»
    Ha, die Frau wollte sich bei ihr eindeutig lieb Kind machen. « Rebecca und Jane Eyre. » Jess blickt Sara fest in die Augen, hübsche, große Augen von dem gleichen Blaugrau wie das Kostüm, das sie gestern angehabt hatte. Ihr Gesicht war klar, zwar nicht gerade schön, aber durchaus apart, und es wurde von einem Kranz aus aschblondem Haar umrahmt, das von einem mattrosa Haarband zusammengehalten wurde, welches farblich zu ihrem Pullover paßte. Bestimmt würde sie zunächst immer so unscheinbar aussehen: gedeckte Farben, nur ein Hauch von Make-up, nur eine Spur Lippenstift. Die Verwandlung würde später kommen, wenn sie sich Onkel Robert erst gekrallt hatte: aufgedonnerte Kleider, mit Schmuck behängt wie ein Weihnachtsbaum (Barbara Allans Smaragde vielleicht?), das Haar zu einer Frisur aufgesteckt, aus der sich ein paar kesse Strähnchen lösen durften, wenn die Sinnliche Sara die prachtvolle Freitreppe von Ashcroft heruntergerauscht kam. Momentan hielt Sara Millar sich mit ihrer Schönheit zurück.
    Während Jessie über Saras bevorstehende Metamorphose nachdachte, redete Sara über Bücher: «… zwei meiner Lieblingsbücher», sagte die Selbstlose Sara.
    Jessie blickte von dem Buch auf, das sie zu lesen vorgab. Onkel Robert hatte gesagt, es sei unhöflich, in Gesellschaft zu lesen, aber da hatte sie ihm nur seine Morgenzeitung unter die Nase reiben müssen. Bis jetzt hatte sie sowieso noch nie Lust gehabt, Bücher mit zu Tisch zu bringen.
    «Zwei meiner Lieblingsbücher.» Das hätte Sara auch gesagt, wenn Jessie sich Comichefte wie Beano und Chips and Whizzer mitgebracht hätte.
    Sara zitierte: «Gestern nacht träumte mir, ich sei wieder in Manderley.» Dann hatte sie doch tatsächlich die Nerven, sich im Raum umzuschauen, als ob Ashcroft durchaus mit Manderley mithalten könnte. «Ist das nicht ein umwerfender Satz? Wenn ich doch nur halb so gut wäre.»
    Robert Ashcroft merkte auf und fragte: «Sie schreiben?»
    Sara Millar lachte. «Gewiß nichts, was Sie lesen würden.»
    Jessie wurde immer ärgerlicher. Wenn die da von Manderley träumte, warum ging sie nicht dorthin zurück? Sie gab ihr unter dem Tisch einen kleinen Tritt.
    Sara kippte leicht nach vorn. «Was war das?»
    Onkel Rob hob das Tischtuch. «Was hat Henry da zu suchen. Schick ihn raus, Jess.»
    «Nein, lassen Sie nur», sagte Sara, sie erholte sich rasch von dem Tritt mit der Pfote, der sie am seidenbestrumpften Bein getroffen hatte. «Es war nur der Schreck. Hallo, Henry.»
    Jessie mußte mit ansehen, wie Henry, der Verräter, sich von Sara streicheln ließ, es störte ihn nicht, daß seine Herrin in Gedanken das Messer wetzte. «Darf ich aufstehen?» fragte Jessica betont wohlerzogen.
    «Wo willst du hin?» fragte Onkel Rob. «Heute ist Schule.»
    Sara und Onkel Robert wechselten einen Blick. Jessie konnte ihre Wut kaum im Zaum halten. Aber von der Irren Irene hatte sie eine Menge über Selbstbeherrschung gelernt. «Nein, nein, meine Liebe. Nein! Diese Zeile schreit man nicht heraus – ‹Alle Wohlgerüche Arabiens würden diese kleine Hand nicht wohlriechend machen.›»
    «Ich will mich auf die Mauer setzen.»
    «Die Mauer?» fragte Sara verwundert.
    «Die um unser Anwesen», gab Jess in

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