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Inspektor Jury lichtet den Nebel

Inspektor Jury lichtet den Nebel

Titel: Inspektor Jury lichtet den Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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suchen?»
    «Muß ich mir einen Anwalt nehmen?»
    Macalvie lächelte schmal. «Singer könnte natürlich der Name Ihres Mannes sein. Ist das so?»
    «Nein.»
    «Warum erzählen Sie uns nicht zu Ende, was genau in Clerihew passiert ist?»
    Eine überraschende Frage, fand Jury, und auch Molly Singer schien überrumpelt, zumal Macalvie ihr das Foto aus seiner Brieftasche in den Schoß geworfen hatte. Sie faßte es nicht an.
    «Ich weiß nicht, wovon Sie reden.»
    «Finden Sie nicht, daß Sie diesen Satz etwas überstrapazieren?»
    Molly blickte hilfesuchend zu Jury. Würde er das Netz wieder entwirren, das Macalvie um sie spann? Aber Jury sagte nichts, obwohl er strenggenommen das Sagen hatte. Das hier war Dorset, nicht Devon. Aber im Augenblick hing alles an einem seidenen Faden, und der würde vielleicht reißen, wenn er sich einmischte.
    «Sam Waterhouse ist raus – aber das haben Sie sicherlich gelesen.»
    «Noch nie von ihm gehört», sagte sie mit tonloser Stimme und ohne eine Miene zu verziehen.
    Macalvie hatte zwei hohe Karten ins Spiel gebracht – den Schnappschuß und Sam Waterhouse. Macalvie überrumpelte zwar sein Gegenüber, aber er benutzte keine billigen Tricks. Es wurde ernst. «Gehen wir diese Geschichte am Cobb noch einmal durch.»
    Molly Singer schüttelte nur den Kopf. Sie hatte das Foto immer noch nicht angefaßt. «Warum sollten wir? Sie glauben mir ja doch nicht.»
    Er machte es sich bequem, schlug ein Bein über das andere und fragte: «Ach, wirklich?» Es klang fast freundlich.
    Und dann redete sie. Erzählte ihm die gleiche Geschichte, die sie schon Jury erzählt hatte. Und sie hatte keine Erklärung für ihr Verhalten. Impuls, sagte sie. Für Jury hatte ihre Geschichte etwas von einem Traum: eine Frau auf den Felsen, die ein totes Kind findet und den Hund zurückbringt …
    Molly redete weiter: «Das ist die Wahrheit, wirklich. Ich weiß, daß Sie kein Verständnis für etwas hätten, das man als Neurose bezeichnen könnte –»
    «Wie kommen Sie denn darauf?»
    Die Frage schien aufrichtig zu sein. Aber was sollte die nächste Frage bedeuten: «Als Sie in den Speisesaal des Hotels gekommen sind, da haben sie mich erkannt, ja?»
    «Ich habe Sie noch nie im Leben gesehen», antwortete Molly.
    «Aber ich habe Sie verdammt noch mal wiedererkannt: das Mädchen, das vor zwanzig Jahren in mein Büro gestürmt ist und Kleinholz daraus gemacht hat. Sie müssen aufpassen, daß Ihr Temperament nicht mit Ihnen durchgeht, Mary – Entschuldigung, Molly –, sonst bringen Sie eines Tages noch jemanden um.»
    Sie sah ihn mit großen Augen an. «Ach, ich bin also die Hauptverdächtige?» Sie betrachtete das Foto und schüttelte den Kopf. «Eine schlechte Aufnahme. Wer möchte behaupten, daß ich dieses Mädchen bin?»
    «Ich gehe nicht nach dem Foto, und das wissen Sie verdammt gut.»
    «Was für ein Motiv soll ich denn gehabt haben, Angela Thorne umzubringen?»
    «Ich bin kein Psychiater –»
    Bitter sagte sie: «Das merkt man.»
    «– aber ich kann mir vorstellen, wie schrecklich es ist, wenn die eigene kleine Schwester mit dem Blut ihrer Mutter auf die Wände malt. Und schrecklich, wenn man sie in der Klapsmühle besucht und sie in diesem katatonischen Zustand ist. Und was Sie mir vor zwanzig Jahren an den Kopf geworfen haben, daß Sie sich irgendwann rächen würden – an der Polizei, an den Richtern, an Gott, an allen, die den wahren Mörder nicht gefunden haben –, das gilt immer noch. Sam Waterhouse war Ihr Freund. Und Sie dürften nichts für die Leute übrig haben, die ihn ins Kittchen gebracht haben. George Thorne. Der Vater des Mädchens.»
    Ihre Miene war ausdruckslos. «Ich kenne ihren Vater nicht, weiß auch nicht, was er tut oder getan hat. Sie haben nichts als einen Stoffetzen und wollen daraus einen ganzen Fall zusammenflicken –»
    «Der Stoff ist wie für Sie zugeschnitten und paßt.»
    «Aber wie erklären Sie sich dann, daß ich mein Cape dagelassen und den Hund zurückgebracht habe?»
    «Zugegeben, da blicke ich immer noch nicht durch.» Er schien nicht daran zu zweifeln, daß ihm das auch noch gelingen würde. «Wie gesagt, ich bin kein Psychiater.»
    Molly Singer stand auf. «Und ich nicht Mary Mulvanney.»
    Als Macalvie gehen wollte, zuckte der Schwanz der schwarzen Katze wieder, dreieckige Pupillen funkelten ihn an. Als wollte sie fragen, welche Gemeinheiten habt ihr euch nun wieder ausgedacht?

18
    «I SS AUF , J ESS !» sagte Robert Ashcroft, der Zeitung las,

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