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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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geschlagen.» Dick Scroggs dachte einen Augenblick nach und fügte hinzu: «Das heißt, ich hab angenommen , daß er auf sein Zimmer gegangen ist.»
    Jury blickte ihn an. «Das ist eine interessante Unterscheidung, Mr. Scroggs. Wollen Sie damit sagen, daß er auch weggegangen sein könnte? Durch den Hinterausgang?»
    «Ja, das wäre durchaus möglich. Aber nicht durch die vordere Tür, da hätte ich ihn nämlich gesehen. Bleibt also die Tür hinten» – Scroggs zeigte mit dem Daumen darauf – «sie ist eigentlich immer auf.»
    «Er hätte sich also draußen mit jemandem treffen können.»
    Scroggs nickte. «Oder jemand hätte zu ihm auf sein Zimmer hochgehen können.»
    «Wer war sonst noch in der Hammerschmiede?»
    «Praktisch das ganze Dorf.» Er zog eine Grimasse, so angestrengt dachte er nach; dann ratterte er die Namen derselben Leute herunter, die auch in der Pandorabüchse gewesen waren, abgesehen von Trueblood und Lady Ardry. Aber das, dachte Jury, hat nichts zu bedeuten. Wie Scroggs schon gesagt hatte – jeder hätte durch die hintere Tür hereinkommen und die Treppe hochsteigen können.
    Scroggs schaute aus dem Fenster. «Ist doch nicht zu fassen. Bugsiert ihn auf den Balken, wo jeder ihn sehen konnte. Ist das nicht bescheuert?»
    «Das scheint nur so, Mr. Scroggs. Schließlich dauerte es eine ganze Weile, bis ihn einer gesehen hat, nicht?»

VII Mittwoch, 23. Dezember

    Am nächsten Morgen erwachte Jury in einem sehr bequemen Himmelbett und stellte fest, daß es wieder angefangen hatte zu schneien. Das Flügelfenster war das erste, was in sein Blickfeld rückte, als er sich aufstützte und nach dem Wecker tastete, um die Uhrzeit festzustellen: 8 Uhr 15. Er lehnte sich zurück, beobachtete, wie der Schnee in großen, dicken Flocken vorbeiwirbelte, und fühlte sich sehr wohl. Jeder andere, dachte er, würde lamentieren, «Wie beschissen, so seine Feiertage zu verbringen.» Aber Jury hatte nichts dagegen einzuwenden: ein Dorf wie auf einer Weihnachtspostkarte, das langsam eingeschneit wurde.
    Er sprang aus dem Bett und lief zu dem Fenster hinüber; er stieß es auf und ließ sich von der Kälte munter machen. Keats fiel ihm ein, der im Gasthof von Burford Bridge geschrieben hatte. Ein Gefühl der Wehmut überkam ihn. Bevor es jedoch Besitz von ihm ergreifen konnte, zog er sich schnell an und ging zu Wiggins hinunter.

    Im Gegensatz zu Jury schien Wiggins nicht sehr darauf erpicht zu sein, Regenmantel und Gummistiefel anzuziehen, um im Schnee herumzustapfen.
    «Mir ist schrecklich heiß, als hätte ich Fieber, Sir. Vielleicht könnte ich noch ein bißchen liegenbleiben und später nachkommen?»
    Jury seufzte. Armer Wiggins. Da er ihm aber mit seinen Tropfen und Pillen doch nur im Wege sein würde, meinte Jury bereitwillig: «Natürlich. Machen Sie das. Vielleicht hilft Ihnen ein heißer Rum wieder auf die Beine.» Wiggins, der unter dem Berg von weißen Decken und Laken wie ein Schneemann aussah, stieß rührend dankbar einen Seufzer der Erleichterung aus.
    Da vielleicht eine tödliche Erkrankung der Atemwege vermieden werden konnte, wenn es gelang, Wiggins von den Flaschen auf seinem Nachttisch abzulenken und statt dessen für den Fall zu interessieren, zog Jury seinen Stuhl heran, setzte sich rittlings darauf und fragte: «Was halten Sie von der Sache, Wiggins?»
    Wiggins Taschentuch war gegen seine Nase gepreßt. «Vvn wws Sah?»
    «Von unserem Fall, Wiggins. Dem Zustand des Kellers.»
    Wiggins starrte nachdenklich vor sich hin und fuhr ein paarmal mit dem Taschentuch unter seiner Nase hin und her. Dann faltete er es sorgfältig zusammen und hielt es so andächtig, als wäre es ein Teil vom Schweißtuch der Veronika.
    «Meinen Sie dieses Schloß, das im Keller aufgebrochen wurde?»
    Jury nickte und wartete geduldig. Als Wiggins sich jedoch nicht weiter dazu äußerte, sagte er: «Es ist unwahrscheinlich, daß jemand durch die Tür gekommen ist, was? Pratt sagte, daß es in der Nacht zum siebzehnten ziemlich gegossen hat.»
    Wiggins wurde munterer und setzte sich etwas auf. «Und die Treppen sahen aus, als wären sie seit Jahren nicht geputzt worden. Drinnen war aber alles sauber.»
    «Genau», sagte Jury lächelnd. Wiggins machte einen zufriedenen Eindruck. «Außerdem, überlegen Sie sich doch mal –» Jury zündete sich eine Zigarette an. «Warum in aller Welt sollte jemand, der sich mit Small im Keller verabredet hatte, von draußen kommen? Und dann auch noch das Schloß aufbrechen müssen? Irgendwas

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