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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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an die du mich erinnerst. Nicht der gute alte George.»
    Sie lachte. «Nett von dir.»
    «Maud Gonne. Oder wie wär’s mit Beatrice? Oder du erinnerst mich an Jane Seymour – war sie nicht die einzige, die Heinrich der Achte wirklich geliebt hat?»
    «Ich glaube. Zumindest war sie eine der wenigen, die er nicht hinrichten ließ.»
    «Lassen wir das. Kleopatra – du erinnerst mich an Kleopatra –»
    «Ist das nicht etwas weit hergeholt?»
    «Nicht in deinem Fall. Und Dido – ach! Dido, Königin von Karthago. Weißt du, was sie sagte, als sie Aeneas erblickte?»
    «Es ist mir peinlich, aber ich weiß es nicht. Siehst du dich selbst in der Rolle des Aeneas?»
    «Natürlich. Agnosco veteris vestigia flammae. Sie sagt –»

    «‹Ich erkenne› –» Jury blickte Vivian in die Augen und stellte sein Glas auf den Tisch – «die Spuren einer alten Flamme.»
    Sie starrten mit offenen Mündern zu ihm auf. Dann riefen sie gleichzeitig: «Inspektor Jury!»
    «Entschuldigen Sie, ich wollte mich nicht an Sie heranschleichen. Sie waren nur so … vertieft.»
    Vivian stieß ein kurzes, atemloses Lachen aus. «Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen! Ich bin nur ganz überwältigt, so gebildete Männer um mich zu haben. Setzen Sie sich doch.»
    Jury zog einen Stuhl hervor und zündete sich eine Zigarette an. «So gebildet bin ich gar nicht. Es klingt nur großartig. Ein Mann, der für solche Dinge ein Ohr hat, kann dem nicht widerstehen.»
    «Ebensowenig wie eine Frau, Inspektor.» Sie lächelte ihm zu, aber er wandte den Blick sofort ab. «Es klingt wirklich sehr gut.»
    «Ja, aber leider bleibt uns nicht viel Zeit für schöne Dinge», sagte er etwas zu scharf und schob das Besteck zur Seite. «Wir haben es mit einem neuen Mordfall zu tun, wie Sie wohl schon gehört haben. So etwas spricht sich ja schnell rum.»
    Er bemerkte, wie Vivian rasch den Blick abwandte und auf das Tischtuch starrte – wie ein Kind, dem man die Leviten gelesen hatte. «Ruby Judd», sagte sie kaum hörbar.
    «Ja, Ruby Judd.»
    «Wir haben gerade darüber gesprochen», sagte Matchett.
    Ach, tatsächlich, gerade eben, dachte Jury.
    «Wir warten auf unser Abendessen, Inspektor. Wollen Sie nicht mitessen?»
    «Ja. Danke.»
    Twig kam an ihren Tisch, und Matchett hieß ihn den Salat bringen.
    «Isabel ist zu den Bicester-Strachans gegangen», sagte Vivian. «Und ich wollte nicht allein zu Hause bleiben.» Sie starrte auf den Stein hinter Matchetts Stuhl, als erwartete sie auf seiner uralten Oberfläche ein Menetekel geschrieben zu sehen. «Vielleicht haben wir irgendwie schon damit gerechnet.»
    «Mit was?» fragte Jury überrascht. «Mit Ruby Judds Tod?»
    «Nein, aber daß irgendwann mal einer aus Long Piddleton an der Reihe sein würde. Im Grunde glaubte doch keiner von uns, daß all diese Leute nur so zum Spaß umgebracht wurden.»
    «Ich weiß nicht. Was glaubten Sie denn?»
    Sein scharfer Ton schien sie etwas aus der Fassung zu bringen. Begreiflicherweise, dachte er. Ihr Verhältnis zu Matchett ging ihn ja schließlich nichts an. Oder doch? Matchett hatte Vivians bauchiges Weinglas sehr großzügig mit weißem Medoc gefüllt; Jury winkte ab.
    Lächelnd meinte Matchett zu Vivian: «Das sagst du. Ich glaube eher, die meisten von uns dachten, daß … daß sie ‹nur so zum Spaß› umgebracht wurden. Aber warum sollte jemand Ruby Judd etwas antun wollen? Sie ist die letzte, auf die ich getippt hätte.»
    Während Twig den Tisch mit den Salaten hereinrollte, zog Jury aus dieser Bemerkung den Schluß, daß Matchett anscheinend eine bestimmte Vorstellung von Schicklichkeit hatte: wenn sich schon jemand darauf verlegte, Leute umzubringen, dann sollte er wenigstens die Reichen und nicht die Armen umbringen.
    Twig stellte Salatschüssel, Salatteller und die Flasche mit dem Öl bereit. Als er die Zitrone über den Blättern ausdrücken wollte, stand Matchett auf und sagte: «Ich mach das schon, Twig.» Geschickt besprenkelte er die Schüssel mit Öl und mischte den Inhalt mit einem hölzernen Salatbesteck.
    «Wo waren Sie beide am Dienstagabend vor einer Woche?»
    Matchett zerbrach ungerührt ein Ei über dem Salat, Vivian hingegen machte einen ziemlich nervösen Eindruck, als sie sagte: «Zu Hause – ich kann mich nicht mehr erinnern … Simon?»
    War Simon auch schon ihr Gedächtnis? Matchett schüttelte den Kopf. «Kann ich Ihnen auch nicht so ohne weiteres sagen. Oder Moment mal. Zwei Abende davor wurde doch dieser Small umgebracht –» Gabel und

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