Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
Ihnen wechseln, bevor Sie sich mit Julian über diese verfahrene Geschichte unterhalten. Wir haben uns wegen diesem Mädchen schon so in die Haare gekriegt, daß ich in seiner Gegenwart nicht mehr über dieses Thema sprechen möchte. Wir streiten uns ja doch nur.» Der Colonel spielte mit den Zügeln seines Pferdes. «Ich bin überzeugt, daß diese Gemma Temple mein Mündel war, Dillys March.» Sein Blick wanderte von den grauwattierten Mauern zu den Bäumen, gespenstisch aus dem Nebel aufragenden Birken, und er sprach über Dillys March. Er sagte, sie sei als Achtjährige zu ihnen gekommen, nachdem ihre Eltern bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen waren. «Sie waren eng befreundet mit Lady Margaret –» Der Colonel stolperte über den Namen. «Margaret war meine Frau. Im Haus hängt ein herrliches Porträt von ihr. Adrian Rees hat es gemalt – nach einem Foto. Er hat wirklich Talent. Es sieht vielleicht so aus, als hätte er sie idealisiert – hat er aber nicht. Sie war wirklich eine Schönheit …»
    «Sie sprachen über Dillys March.»
    «Ja … sie war eine Art … Adoptivtochter für uns. Ich meine, wir behandelten sie so, als wäre sie unsere eigene Tochter, obwohl wir sie nie wirklich adoptiert haben.»
    «Wie Inspektor Harkins notiert hat – Ihre eigene Aussage, Sir –, sollte Dillys March von Ihrer verstorbenen Frau eine bestimmte Summe erben; sie ist dann verschwunden und nie wieder aufgetaucht.»
    «Soviel war das nicht.» Der Colonel tat die Summe mit einem Achselzucken ab. «Nur fünfzigtausend Pfund. Sie sollte sie mit einundzwanzig kriegen.»
    «Und wird das Geld noch für sie verwaltet?»
    «Es wurde wieder investiert. Margarets Erbe ging an Julian und Rolfe. Auch Dillys’ fünfzigtausend Pfund. Als Rolfe starb –» Er verstummte.
    «Erbte Julian das ganze Geld.»
    «Ja.» Der Colonel schluckte heftig. «Sie kamen beide ums Leben, Margaret und Rolfe, bei einem Autounfall.»
    Einen Augenblick schwieg Jury. «Das muß schlimm für Sie gewesen sein. Ihre Frau und Ihren Sohn auf einen Schlag zu verlieren.» Sir Titus gab keine Antwort, er starrte einfach durch die Bäume ins Leere. Dann fragte Jury: «War Dillys March denn jemand, der einfach so verschwindet und auf sein Erbe verzichtet? Alles in allem wären es wohl mehr als fünfzigtausend Pfund gewesen – von Ihnen hätte sie doch bestimmt auch was bekommen.»
    «Um Ihre beiden Fragen zu beantworten: Nein, eigentlich nicht. Ja, hätte sie. Ich muß zugeben, daß wir fassungslos waren. Aber sie hatte sich auch schon früher solche Eskapaden geleistet. Sie setzte sich in ihr Auto und fuhr los. Zu ihrem sechzehnten Geburtstag hatte ich ihr einen roten Mini geschenkt, und sie unternahm häufig längere Ausflüge damit. Einmal war sie über eine Woche weg. Wir holten sie aus London zurück.»
    «Hatte sie viele Männerbekanntschaften?»
    «So … würde ich das nicht bezeichnen.»
    Also doch. «Als sie das letzte Mal wegfuhr, haben Sie da die Polizei benachrichtigt?»
    «Nein, die Polizei hat uns benachrichtigt. Ihr Auto war irgendwo in London gefunden worden. Anscheinend hat sie es einfach stehenlassen. Von ihr keine Spur.»
    «Und was passierte dann?»
    «Es war alles ziemlich kompliziert. Die Polizei nahm natürlich an, daß sie in eigener Regie gehandelt hat. Aber sie konnten wohl nicht ganz ausschließen, daß an der Sache vielleicht auch etwas faul war. Ich hatte einen Fahrer, Leo Manning, der Sohn meiner Haushälterin Olive Manning. Wie sich herausstellte, hatte Dillys mit Leo ein Verhältnis. Und Leo war auch der letzte, der sie gesehen hat. Anscheinend war sie bei ihm gewesen. Was natürlich den Verdacht auf ihn lenkte. Seine Mutter glaubt, das hat ihm den Rest gegeben. Leo hatte einen Zusammenbruch und kam in eine Anstalt. Olive hat Dillys March nie gemocht.»
    «Wie erklärte sie – ich meine Gemma Temple – ihre jahrelange Abwesenheit?»
    «Reue. Scham. Ihr Lebenswandel war wohl nicht gerade vorbildlich gewesen. Sie sagte, sie wäre im ‹Fuchs› abgestiegen, weil sie nicht gewußt hätte, ob sie hier willkommen sei. Aber natürlich war sie das. Hören Sie, Inspektor, wenn diese Frau, diese Gemma Temple, eine Schwindlerin war, dann hätte sie das alles doch gar nicht so durchziehen können. Woher hätte sie dem wissen sollen, was damals, als Dillys noch ein Kind war, passiert ist?»
    «Ein abgekartetes Spiel. Sie hat sich mit jemandem in Rackmoor zusammengetan, vielleicht mit jemandem aus Ihrer nächsten Umgebung, der Dillys

Weitere Kostenlose Bücher