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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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ihres Lebens – neben Stricken und Kindergroßziehen.
    Als Sir Miles Jurys offenes Notizbuch sah, war er wieder versucht, eine Rede vom Stapel zu lassen. Man konnte schließlich nie wissen, in welcher Gestalt einem der buchführende Engel begegnete. «Ich habe wie immer am Donnerstagabend einen kleinen Ausflug in den Bold Blue Boy gemacht. Meiner Meinung nach kann es nicht schaden, wenn man sich ab und zu unter die Einheimischen mischt und ein Gläschen mit ihnen trinkt. Man muß mit dem Volk in Berührung bleiben. Sie können dort nachfragen. Jeder wird Ihnen bestätigen, daß ich da war. Haha, ein Alibi, mit dem Sie zufrieden sein können, Superintendent.»
    «Der Pub schließt um elf, nicht?»
    Sir Miles zwinkerte. «Nun ja, diese Dorfgaststätten, Sie wissen schon, die nehmen’s nicht so genau. Elf oder Viertel nach. Das soll nicht heißen, daß Mary O’Brien nach der Polizeistunde noch auf hat –» Ein ziemlich überflüssiger Kommentar, da er Mary O’Brien eben genau das unterstellt hatte. «Und natürlich, seit dem Unfall der Kleinen –»
    Julia sah anscheinend eine Möglichkeit, Derek eins auszuwischen, und sagte: «Ärgerlich, was, Derek? Kein Rumfummeln mehr in den Ställen.» Sie lachte unangenehm.
    Derek wurde puterrot. «Ach, halt’s Maul.» Seine weichen Züge verhärteten sich.
    «Sprechen Sie von Katie O’Brien?» fragte Jury. Abgesehen von Miles, dessen Augen einen Punkt irgendwo im Raum fixierten und der wohl seine nächste Rede entwarf oder verwarf, starrten ihn alle an. Sie wirkten peinlich berührt, selbst Julia, die das Gespräch auf dieses Thema gebracht hatte.
    «Sie, Miss Bodenheim, haben mir noch nicht erzählt, wo Sie Ihren Donnerstagabend verbracht haben.»
    «In den Ställen, arbeiten.» Derek kicherte kindisch, was ziemlich abstoßend klang aus dem Mund eines vierundzwanzig- oder fünfundzwanzigjährigen Mannes. «Daß ich nicht lache. Du und arbeiten.»
    «Und ob ich gearbeitet habe.»
    «Zurück zu der kleinen O’Brien. Haben Sie sie gut gekannt?»
    «Nein. Sie hat manchmal meine Stute bewegt.»
    «Ich dachte, diese andere Kleine, Emily Perk, kümmere sich um die Pferde auf Rookswood.»
    «Tut sie auch. Nur ist meine Stute für Emily zu groß, deshalb haben wir Katie dafür angestellt.»
    «Sie liegt im Krankenhaus», sagte Sylvia und schnitt einen Wollfaden ab. «Wirklich ein Jammer, aber warum muß das Mädchen sich auch in London rumtreiben … Und nicht nur das –» Sylvia funkelte Jury an, denn für die Straßen von London war schließlich er verantwortlich – «sie wurde auch noch in einer Underground-Station überfallen. Sie spielte da für Geld, mein Gott –»
    Sir Miles blickte auf die Kirchturmspitze, die seine Finger bildeten und säuselte: «Wirklich, meine Liebe, wir sollten nicht zu hart ins Gericht gehen mit der Kleinen. Schließlich ist sie in einem Gasthof aufgewachsen und hat nicht die Privilegien genossen, die unsere …»
    Jury hörte sich seinen Sermon an. Die Engel im Himmel waren sicher beeindruckt.
     
     
     
    Es war kurz nach drei, als Jury im Bold Blue Boy auftauchte und Sergeant Wiggins vor einem Teller Suppe fand.
    «Ochsenschwanz», sagte Wiggins. «Hat mir Mrs. O’Brien zukommen lassen. Sie ist eben zum Einkaufen nach Hertfield gefahren. Es gibt bestimmt noch –»
    Wiggins schien sich wie zu Hause zu fühlen. «Nein, danke», sagte Jury.
    «Sie essen nicht richtig. Zum Lunch haben Sie auch nichts gegessen. Wenn ich mir wie Sie immer nur im Gehen was in den Mund stopfen würde, hätte ich überhaupt keine Widerstandskraft. Sie schmeckt sehr gut, diese Suppe.»
    «Und was gab’s sonst, abgesehen von der Suppe?»
    Ungerührt schnitt Wiggins sein Brötchen in vier gleiche Teile und bestrich sie mit Butter. «Mainwaring hat die Ermordete nicht gekannt und konnte sich auch nicht vorstellen, was sie in dem Wald verloren hatte –»
    «Keiner kann das. Weiter.»
    «Er hat einen Job in London, in der City, bei einer Versicherung. Und nebenbei betreibt er ein Immobiliengeschäft in Littlebourne.»
    «Er fährt also an bestimmten Tagen in die Stadt?»
    «Ja, richtig.»
    «Haben Sie ihm die Fotos von der Ermordeten gezeigt?»
    «Ja. Er sagte, er hätte sie noch nie gesehen. Und er meinte, er sei am Donnerstagabend mit dieser Wey zusammengewesen, was sie auch bestätigt hat. Wollen Sie, daß er sich die Leiche anschaut?»
    «Warum er und nicht die andern? Was ist mit Mrs. Pennystevens? Haben Sie da was erfahren?»
    Wiggins schüttelte den Kopf. «Es war

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