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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Zug, der die beiden Punks ausgespuckt hatte, beschleunigte seine Geschwindigkeit und rumpelte aus dem Tunnel.
    Man konnte die Stelle vom Bahnsteig aus nicht sehen, obwohl man nur die paar Stufen bis zum ersten Treppenabsatz hochzugehen brauchte. Jury betrachtete das Plakat für das Musical Evita ; es hatte sich im Lauf der Zeit teilweise von der Wand gelöst. Eine Ecke bewegte sich in dem Luftzug, der durch den Zug entstanden war. Evita befand sich zwischen einem Sonnenuntergang, vor dem ein Glas Gin Tonic stand, und einer Reklame für Hustensaft.
    «Taugt überhaupt nichts», bemerkte Wiggins in bezug auf den Hustensaft. «Ich bin neulich nachts vor Husten bald umgekommen, und das Zeug hat kein bißchen geholfen.»
    Jury gab keinen Kommentar dazu ab; er drehte sich um und blickte den Gang entlang bis zur Kurve: Kein Mensch weit und breit. Auch auf der Treppe war niemand; der Bahnsteig lag nicht in seinem Blickfeld. An einem für jeden zugänglichen Ort wie diesem war es überraschend einfach, jemanden zu überfallen.
    «Sie denken, es war ein und derselbe, nicht wahr? Aber warum hat er nicht versucht, sie so wie diese Binns um die Ecke zu bringen? Warum hat er sie nicht in den Wald von Horndean geschleppt oder an einen andern, weniger öffentlichen Ort? Ist doch ziemlich riskant, hier jemanden zu überfallen?»
    Jury schüttelte den Kopf. «Keine Ahnung. Anscheinend hatte er einfach nicht die Zeit, mit ihr irgendwo hinzugehen. War wohl eine Kurzschlußhandlung.» Jury starrte abwesend auf das Evita-Plakat, auf das darübergeschmierte Hammer-und-Sichel-Zeichen. «Ich geh mal in das Krankenhaus in der Fulham Road und besuch sie.»
    Unter ihnen, auf einem tieferliegenden Bahnsteig, war das dumpfe Rumpeln eines Zugs zu hören, und etwas weniger weit entfernt quietschten die Bremsen eines Zugs, der gerade in Wembley Knotts eingefahren war. Wieder wurde Staub aufgewirbelt, und die Abfälle, die sich im Lauf der Woche angesammelt hatten, trieben an den gekachelten Wänden entlang.
    «Man könnte genausogut in einem Kohlebergwerk arbeiten», meinte Wiggins hustend.
    «Hmm. Gut, daß wir einer so gesunden Tätigkeit nachgehen. Immer an der frischen Luft.»
    Wiggins nickte ganz ernsthaft.
    «Wenn sie nur reden könnte», sagte Jury und blickte zu Evita hoch.
    «Man könnte meinen», bemerkte Wiggins, «die Gören hätten nichts Besseres zu tun, als die Plakate zu verschmieren. Sieht ja toll aus, was?»
    Im Scheinwerferlicht funkelten Evitas Collier, Ringe, Armbänder und Haare; ja selbst die Mikrofone um sie herum.
    In diesem Augenblick fiel Jury die Bemerkung von Ernestine Craigie wieder ein, an die er sich zu erinnern versucht hatte, als er das Haus verließ. Auf Evita traf das zu: Geschmückt wie ein Pfingstochse.
    ‹Ich Trottel›, verfluchte sich Jury, ‹warum ist mir das nicht gleich aufgefallen?› «Wiggins, gehen Sie bitte zu dieser Jobvermittlung namens ‹Smart Girls› und treiben Sie den Manager auf. Fragen Sie ihn, was es mit diesem Job für Cora Binns auf sich hatte, und rufen Sie mich im Krankenhaus an.»
    «Glauben Sie, da ist noch jemand? Es ist schon nach sechs. Wenn ich den Manager zu Hause aufspüren muß, kann das etwas länger dauern.»
    «Ist in Ordnung. Warum nehmen Sie nicht den Wagen? Ich kann genausogut mit der Bahn fahren. Sogar schneller, von hier nach South Kensington muß ich nicht mal umsteigen.» Sie standen nun auf dem Bahnsteig im Bauch des Tunnels; Jury hörte, wie der Zug näherkam. Über die Geleise führte eine Brücke zu einem Ausgang auf eine andere Straße. Das Drahtgeflecht war kaputt und notdürftig durch ein paar Planken ersetzt worden. Der Zug lief ein, Wiggins salutierte andeutungsweise und entfernte sich.
     
    Jury nahm zwischen zwei Times -Lesern Platz. Er mochte die Anonymität der Untergrundbahn; sie half ihm, sich zu konzentrieren. Seine Blicke streiften die Reklametafeln über den Köpfen der Fahrgäste auf der gegenüberliegenden Bank. Neben einem Plan des Streckennetzes war ein Schild angebracht, das vor Taschendieben warnte. Es zeigte ein jeansbedecktes Hinterteil – der Schwung der Hüften verriet, daß das Opfer eine Frau war. Eine Hand zog ein Portemonnaie aus der Gesäßtasche. Ein Detail gefiel ihm besonders: Die Fingernägel dieser Hand waren lackiert.
    Als der Zug durch den dunklen Tunnel rumpelte, dachte er: Wie nett, selbst unter den Taschendieben herrscht nun Gleichberechtigung.

12
    Das Royal Marsden Hospital verschmolz mit seiner Umgebung, als wären

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