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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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in der Trevor Tree bei Ihnen gearbeitet hat – offenbar hat er auch die mitgehen lassen. Würden Sie sie wiedererkennen?»
    «Oh, ja. Da war einmal diese Kamee. Ziemlich ungewöhnlich und sehr hübsch. Und dann dieser kleine Brillant mit dem ‹europäischen Schliff›, wie man das nennt. Nicht wirklich wertvoll. Und ein goldener Ring, gewunden wie eine Schlange. Der gefiel mir.» Sie warf ihm einen kurzen Blick zu. «Sie haben diese Sachen doch nicht etwa gefunden?»
    Jury schüttelte den Kopf. «Nein, aber Cora Binns hat möglicherweise Trevor Tree gekannt. Und es ist durchaus möglich, daß sie einen Ring aus Lord Kenningtons Kollektion getragen hat – vielleicht den, den Sie gerade beschrieben haben. Vielleicht hat er diese Sachen nur gestohlen, um zu sehen, wie weit er gehen konnte. Wie haben Sie ihn eingeschätzt?»
    «Als sehr gerissen. Aber das geht ja schon daraus hervor, wie er das Ganze geplant hat.»
    «Wo ist Ihr Mann auf ihn gestoßen?»
    «Bei Sotheby’s. Oder vielleicht auch bei Christie’s. John stand mit beiden Häusern in Verbindung. Deshalb wußte Trevor wohl auch von dem Smaragd. John suchte einen Sekretär, und dieser Tree wurde ihm als sehr zuverlässig empfohlen. Er war entweder bei Sotheby’s oder Christie’s angestellt. Natürlich kannte er sich sehr gut aus. John hat ihm sein volles Vertrauen geschenkt.» Sie zuckte die Achseln. «Vielleicht geht auch das auf das Konto seiner Spielernatur. Warum hätte er ihm auch sonst vertraut? Ich hielt Trevor Tree für einen viel zu gerissenen Burschen, ehrlich gesagt.»
    Die Sonne war wieder herausgekommen und warf breite Streifen auf das blanke Parkett, als fielen ihre Strahlen auf eine Wasserfläche. Obwohl Jury recht weit von ihr entfernt stand – er bei dem Schaukasten und sie am Fenster –, fiel ihm das leuchtende Silbergrau ihrer Augen auf. Sie zog die langen Ärmel ihres Pullovers herunter; die Metallfäden ließen die grob gestrickten Maschen wie die Glieder eines Kettenhemds schimmern. «Mir ist schrecklich kalt», sagte sie. «Ich hätte gerne eine Tasse Tee. Und Sie?»
    «Ich hätte auch nichts dagegen», sagte er.
    «Dann mache ich schnell einen.» Sie überquerte das eichene Parkett und verschwand durch die Tür am andern Ende. Sie fiel hinter ihr ins Schloß.
    Kaum war sie aus dem Raum gegangen, vermißte er sie auch schon.

17
    « Warum malst du denn diesen Hund lila an?»
    «Weil mir lila gefällt.» Emily Louise schaute nicht einmal von ihrem Malbuch auf.
    Abgesehen von Melrose und Emily war der Bold Blue Boy völlig leer, nicht gerade verwunderlich um neun Uhr morgens.
    Melrose besah sich die verrückten Farben der Bauernhofszene, dann den Plan und erinnerte sich an Miss Craigies fürchterlichen Lichtbildervortrag. Da war irgend etwas. Er hatte das Gefühl, irgendwo in den Tiefen seines Unterbewußtseins des Rätsels Lösung parat zu haben.
    «Kennst du die Craigies?»
    «Ja. Ernestine ist die mit den Vögeln – wirklich langweilig. Sie stapft mit ihrem Feldstecher im Wald herum und beobachtet sie.» Emily befeuchtete mit der Zunge ihren Buntstift, um eine Schar Gänse auszumalen. Rosa.
    «Nimm die Stifte nicht in den Mund. Du kriegst sonst eine Buntstiftvergiftung.» Melrose blickte auf den Plan, der ausgebreitet vor ihm lag. All diese kreuz und quer verlaufenden Linien. Allmächtiger, würde er Ernestine um eine Wiederholung ihres Vortrags über die Flugrouten des Tüpfelsumpfhuhns bitten müssen? War er bei seiner Jagd nach Beweisstücken nicht bereits bis an die Grenze des Zumutbaren gegangen? Sein Blick wanderte zu Emilys Malbuch hinüber. Er platzte heraus: «Deine Gänse sind ja rosa!»
    «Ja. Sind sie nicht hübsch?» flötete sie. Sie warf den Buntstift auf den Tisch und hielt ihr Kunstwerk hoch. Ein Bauernhof mit Tieren in allen Regenbogenfarben. Mit Ausnahme des Pferds, stellte Melrose fest; das Pferd war braun, ganz wie es sich für ein Pferd gehörte. Das irritierte ihn besonders. «Alle andern Viecher sind in den unsinnigsten Farben angemalt, nur das Pferd ist braun.»
    «Klar ist es braun. Pferde sind braun; manche Pferde. Das hier soll jedenfalls Shandy sein.»
    Er weigerte sich, darauf einzugehen. «Kann ich eine Seite aus diesem Buch haben?»
    Sie hielt beim Kolorieren einer Kuh inne, die sie anscheinend vergessen hatte. Ein leuchtendes Zitronengelb war die Farbe ihrer Wahl. Mißtrauisch blickte sie zu Melrose auf. «Na schön …» Sie blätterte ihr Buch durch, bis sie auf eine Seite mit dem Bild eines

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