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Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd

Titel: Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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andere anpumpen.
    «Er war Magiermeister.» Auf Melroses fragenden Blick hin erklärte Derek: «Das ist derjenige, der bestimmt, was gemacht wird, der die Spielregeln festlegt.»
    «Nach allem, was ich gehört habe, muß er einen Partner gehabt haben. Jemanden aus dem Dorf.»
    Derek war vielleicht nicht ganz so dumm, wie sein ausdrucksloser Blick und seine schlaffen Züge vermuten ließen. «Sie brauchen mich nicht so anzuschauen, mein Guter.»
    «Hab ich das?»
    Verärgert stellte Derek dieselbe Frage wie Julia: «Was zum Teufel interessiert Sie das? Haben Sie davon gehört, als Sie sich Stonington anschauten, oder was? Denken Sie, es liegt ein Fluch auf dem Haus? Diese Frau soll ja auf dem Weg dorthin gewesen sein. Armes Luder. Nicht gerade angenehm, so zu enden, mit der Nase im Dreck.»
     
     
     
    Melsrose liess sich noch ein paar Minuten in der Menge dahintreiben. Der Geruch von Popcorn vermischte sich mit dem eklig süßen Geruch von Zuckerwatte; sogar die Luft kam Melrose rosa und klebrig vor. Er stellte fest, daß das Teezelt noch voller geworden war und daß Miss Pettigrew immer noch ihre Kuchen bewachte: nichts Neues in der Backwarenabteilung. Die Stimmen der Kinder wurden – ähnlich wie die Sonne – immer greller und unangenehmer. Um ihnen zu entgehen, beschloß Melrose, zur St.-Pancras-Kirche hinaufzugehen und sich das Fenster anzuschauen, das den Anlaß für dieses ganze Treiben abgab.
    Als er, dort angekommen, sich von dem kleinen Hügel aus umsah, entdeckte er in der Ferne die Frau in Schwarzweiß; sie stand am Tor zum Festgelände und unterhielt sich mit Peter Gere, während sie in ihrer Tasche nach Kleingeld suchte. Peter hatte anscheinend Miles Bodenheims Platz eingenommen. Das Kleid, das sie trug, war sehr auffallend: schwarzweiße Zebrastreifen, die diagonal von den kurzen, seidenen Ärmeln bis zum Rocksaum verliefen. Die durchscheinende Blässe ihrer Haut wurde von dem rabenschwarzen Haar noch unterstrichen. Hoheitsvoll schritt sie durch das Tor und durch die Menge, und ihre Art, sich zu bewegen, paßte zu diesem Anlaß ebensowenig wie ihr Kleid zu dem kühlen Septembernachmittag. An verschiedenen Tischen nahm sie Dinge in die Hand und legte sie wieder zurück. Melrose fragte sich, wer sie wohl war. Er bemerkte, daß sie längere Zeit mit Derek Bodenheim plauderte, wobei dieser seine gelangweilte Miene ablegte und einen sehr aufmerksamen Eindruck machte – für ihn höchst ungewöhnlich. Am An- und Verkaufstisch wurde sie von Sylvia Bodenheim ostentativ geschnitten; dann sagte die Frau in Schwarzweiß etwas zu Miles, was ihn nicht gerade zu beglücken schien. Schließlich sah er, wie sie sich bei Freddie Mainwaring unterhakte, der peinlich berührt den Kopf abwandte. Melrose hatte den Eindruck, daß ihre Gegenwart den meisten Anwesenden nicht gerade lieb war.
    Er betrat die kleine Kirche, in der die Luft angenehm kühl war und frei von Gerüchen nach Limonade, Eis und Zuckerwatte. Und es herrschte angenehme Stille. Er sah sich in dem schlichten Raum um. Kein Wunder, daß Pfarrer Finsbury sich auf ein farbiges Glasfenster freute. Das Fenster war ziemlich klein, aber sehr hübsch, wenn wie jetzt die Sonne darauffiel.
    Auf Katies Plan bildete die Kirche eine Art Fixstern, der auf den Bach des Bluts ausgerichtet war, wenn man etwas Phantasie aufbrachte. Melrose stand an dem nach Osten gehenden Fenster und ließ den Blick schweifen. Ein Polizist stocherte in dem ziemlich weit entfernten Bach mit einem Stock herum.
    Melrose hielt sich noch ein paar Minuten in der Kirche auf, starrte aus dem Fenster und wanderte ein wenig umher; obwohl er eigentlich nicht damit rechnete, etwas zu finden, schaute er sich doch nach möglichen Verstecken um. Als es vier Uhr schlug, fuhr er zusammen.
    Im selben Augenblick hörte er auch den Schrei.
     
    Ihre Kinder hinter sich herzerrend, strömten die Leute zusammen, und einen Augenblick lang nahm er an, sie würden sich um Dereks Stand versammeln. Pollys Strychninwein hatte sich so in seinem Kopf festgesetzt, daß er eine ganze Minute brauchte, um festzustellen, daß sie sich in Wirklichkeit auf den Wagen zubewegten, der an dem schattigen Waldrand stand. Als er hinsah, glaubte er Emily Louise vom Kutschbock fallen zu sehen.
     
     
     
    Aber Emily Perk war zu sehr daran gewöhnt, fest im Sattel zu sitzen – sie plumpste nicht einfach so herunter. Sie war nicht gefallen, sondern gesprungen.
    Das Geschrei kam von den Kindern im Innern des Wagens. Melrose hatte sich

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