Inspiration – Du sollst mein sein!
hinüber zu den beiden Detectives, von denen der eine, Rick Valdez, tatsächlich der Halbbruder ihres unfreiwilligen Beschützers Miguel Velasquez war. Das hatte er vor noch nicht einmal zehn Minuten, direkt nach seinem Eintreffen, bestätigt. Der zweite der beiden Detectives, Cooper Bradshaw, war seit seiner Ankunft ruhig und im Hintergrund geblieben. Offenbar überließ er lieber den beiden Brüdern die erste Reihe. Schließlich nickte Bellinda zu den beiden Polizisten hinüber.
»Wollen Sie den Brief nun öffnen? Ich glaube, es ist besser, wenn Sie das machen. Ich traue mir zu, dass ich den Wisch vor Ekel zerreiße. Bitte!«
Valdez und Bradshaw wechselten einen kurzen Blick. Beide zogen sich schließlich die obligatorischen dünnen Gummihandschuhe über, und Bradshaw griff nach dem unschuldig wirkenden Umschlag. Kurz nestelte er in seiner Hosentasche und förderte dann ein abgegriffenes Taschenmesser zutage, mit dem er fein säuberlich den Brief öffnete.
»Na, dann wollen wir mal sehen, was der Kerl diesmal zu sagen hat …« Er zog den Bogen heraus, entfaltete ihn umständlich und las vor:
Geliebte …
ich war ungeduldig, habe dein Werk verkürzt. Doch nicht grundlos, ich musste so handeln. Wärst du bei mir gewesen, du hättest meine Entscheidung verstanden.
Oh, diese Kunst … diese Wahrheit. Und gleichzeitig meine Rache an derjenigen, die dich hintergangen hat.
Nichtsdestotrotz … es war eine Offenbarung, der Inspiration zu folgen, die du für mich darstellst. Immer mehr versinke ich in deiner Schöpfung, deinem Werk. Und endlich ist mir eines klar geworden.
Man ist, was man tut. Ein Mann definiert sich durch seine Taten, nicht durch seine Erinnerungen.
Ich habe etwas Gutes getan … dich von einem Übel befreit.
Für immer der Deine!
Dein Bewunderer
Verwirrt sah Bellinda auf den sauberen Bogen Papier. »Was soll das denn heißen? Wieso …« Bradshaws mahnend erhobene Hand ließ sie wieder verstummen. »Kann ich Ihnen auch nicht sagen, Miss Carlyle, aber da ist noch was in dem Umschlag.« Mit spitzen Fingern griff er erneut zu und zog schließlich ein Polaroid heraus, sah das Motiv und holte unwillkürlich tief Luft.
»Verdammte Scheiße … entschuldigen Sie, Miss Carlyle. Sieh dir das an. Was ist das nur für ein Perverser?« Er reichte das Foto an seinen Partner weiter, der es mit fast unbewegter Miene musterte. Seine Augen schlossen sich einen winzigen Moment, auf seiner Stirn erschienen Sorgenfalten.
Miguel streckte die Hand über den Tisch. Doch Rick Valdez schüttelte fast unmerklich den Kopf und warf einen beredten Blick auf die mittlerweile kreidebleiche Bellinda. Miguels bis jetzt unbeteiligter Gesichtsausdruck wich ausgeprägter Anspannung. Das Foto musste entsetzlich sein, wenn sich sein Bruder weigerte, es ihm zu übergeben. Zumindest, solange er dicht bei Bellinda Carlyle saß. Nun, er würde sich gedulden, das Foto war später auch noch da.
Rick Valdez war inzwischen aufgestanden und hinüber zu Bellindas kleinem Schreibtisch gegangen. Er knipste die Lampe über der Arbeitsfläche an und besah sich das Bild genauer. Sie wollte aufstehen und zu ihm hinübergehen, doch Miguel hielt sie am Arm zurück.
»Bellinda, lassen Sie‘s. Sie haben schon genug Sorgen, ohne dass Sie sich ein solches Foto ansehen müssen. Glauben Sie mir, so was ist nie besonders angenehm. Bleiben Sie einfach sitzen.« Unschlüssig sank sie zurück in die weichen Polster ihres Sofas. Sie konnte sich denken, dass es kein schöner Anblick war. Doch irgendeine innere Stimme trieb sie an, sich das Foto anzusehen. Es war dieser eine Satz aus dem Brief, der ihr nicht aus dem Kopf ging. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus.
»Was hat er damit gemeint … seine Rache an der, die mich hintergangen hat? Das klingt so, als müsste ich die Person kennen, die auf dem Foto ist. Sollte ich nicht vielleicht doch …?« Ricks Kopf schoss hoch. Eindringlich blickte er Bellinda quer über den Raum in die Augen.
»Nein, Miss Carlyle, Sie sollten nicht. Miguel, komm mal rüber und sieh dir das an.« Langsam stand Miguel auf, klopfte Bellinda noch einmal tröstend auf die Schulter und ging dann fast zögernd hinüber zu seinem Bruder und dem ihm noch unbekannten Foto. Ohne es anzufassen, musterte er die darauf abgebildete Szene und musste ein Würgen unterdrücken.
Er hatte in seiner Militärzeit wahrhaftig schon vieles und wirklich Schlimmes gesehen, aber das hier setzte allem die Krone auf. Er überwand seinen Ekel und
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