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Instinkt

Instinkt

Titel: Instinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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raus.«
    Ich tastete mich zur Treppe und lauschte dabei angestrengt, ob sich noch jemand im Haus aufhielt, konnte aber nichts hören.
    »Was ist mit Ty?«, fragte sie und kam mir nach.
    »Du hast etwas Besseres verdient als Ty, Lee.«
    »Er sagt, wenn ich ihn verlasse, bringt er mich um.«
    Ich legte den Finger auf die Lippen, und wir schlichen so leise wie möglich die Treppe hinab. Aber die Stufen knarrten furchterregend unter unserem Gewicht, und es klang, als würden sie jeden Moment durchbrechen. Die darauffolgende Stille dröhnte in meinen Ohren, und ich spürte wieder mein Herz hämmern, aber auch den ersten Funken Hoffnung. Nachdem ich dem Tod so knapp entkommen war, schien ich plötzlich eine Chance zu haben, lebend hier herauszukommen. Dafür konnte ich mich bei Lee bedanken, und darum beschloss ich, sie mitzunehmen. Ich hoffte, ich tat ihr einen Gefallen, wenn ich sie von Wolfe wegholte.
    Die Eingangstür war unverschlossen und die Luft draußen angenehm kühl. Nur Büsche und Felder umgaben diesen Ort, und abgesehen vom schwachen orangenen Schein, der in der Ferne London vermuten ließ, herrschte ringsum Dunkelheit und Stille. Die Nacht war sternenklar, und als ich zum Himmel blickte, spürte ich den Drang nach Freiheit in mir aufsteigen. Der Minibus, mit dem wir gekommen waren, stand immer noch in der Auffahrt, was mich irritierte, denn wenn Haddock und Tommy weggefahren waren, dann mussten sie einen anderen Wagen benutzt haben.
    Ich drehte mich zu Lee um. »Wie bist du vorhin hergekommen?«
    »Mit dem Motorrad.«
    »Wo ist es?«
    »Hinter dem Haus.«
    »Hast du die Schlüssel?«
    Sie tastete ihre Taschen ab. »Ja.«
    »Gut, dann nehmen wir das Motorrad. Ich muss nur noch schnell etwas holen.«
    Ich eilte zu dem Minibus hinüber und schaute hinein. Ich suchte den Umschlag, in dem meine dreißig Riesen steckten, doch ich war nicht besonders überrascht, dass er fehlte. Einer von ihnen hatte das Geld bestimmt vorhin geholt.
    Doch als ich mich umwandte und zu Lee zurücklaufen wollte, bemerkte ich etwas, das mich vor Schreck erstarren ließ.
    Die Reifen des Minibusses waren auf der einen Seite brutal zerfetzt worden.
    »Was ist?«, fragte Lee unsicher.
    Ich sagte nichts, rätselte nur, wer das getan hatte. Und warum. Ich ging um den Wagen herum. Dasselbe Bild.
    »jemand hat alle Reifen aufgeschlitzt.«
    »Wer?«
    »Keine Ahnung.«
    Ich spähte ins Dunkel und suchte nach Anzeichen, dass wir nicht allein waren, konnte aber nichts erkennen. Plötzlich überkam mich ein rasch anschwellendes Unwohlsein.
    Ich nahm Lee an der Hand, und wir huschten um das Haus herum. Ich vorneweg, falls uns derjenige, der die Reifen zerstochen hatte, auflauerte.
    Aber da war niemand.
    Nur eine kleine 125er lehnte an der Wand und bestätigte meine Befürchtungen. Auch deren Reifen waren aufgeschlitzt.
    »Was ist hier los, Sean? Wer hat das gemacht?«
    »Keine Ahnung«, flüsterte ich und schaute mich erneut um. Beobachtete uns jemand?
    Schließlich wandte ich mich wieder an Lee. Plötzlich wirkte sie eher wie ein verschrecktes Mädchen und nicht mehr wie die selbstsichere Hardcore-Schlampe, als die sie uns entgegengetreten war. »Das Haus war doch verlassen. Wie hast du für Strom gesorgt?«
    »Generator«, sagte sie und deutete auf einen Ziegelschuppen, der sich ein paar Meter entfernt vom Nachthimmel abhob. »Aber ich habe die Tür abgeschlossen, nachdem ich ihn angeworfen hatte.«
    Die stand jetzt weit offen.
    Das hieß, derjenige, der die Reifen zerfetzt hatte, hatte sich auch den Generator vorgenommen.
    Vorsichtig näherte ich mich der Tür, in der Hoffnung, drinnen ein paar Werkzeuge zu finden, die ich als Waffen gebrauchen konnte, traute mich aber nicht sofort hinein. Lee blieb ein paar Schritte zurück, während ich vorsichtig die Tür weiter aufstieß und in die Dunkelheit starrte. An den Wänden konnte ich ein paar unordentlich gestapelte Kartons erkennen, die meisten schienen leer zu sein, während der Generator, ein altes Ding, das wahrscheinlich schon seit Jahrzehnten hier stand, die gesamte hintere Wand einnahm.
    Der Schuppen wirkte verlassen, und als ich eintrat, war auch nicht auszumachen, wo sich jemand verstecken sollte, trotzdem tapste ich so vorsichtig es ging zum Generator und hielt sogar den Atem an. Schließlich griff ich in meine Tasche und zog mein Feuerzeug hervor. Ich zündete es an und schaute mich nervös um.
    Wie erwartet, war der Deckel des Schaltkastens abgerissen, und ein paar lose Drähte ragten

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