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Interview mit dem Tod - Domian, J: Interview mit dem Tod

Interview mit dem Tod - Domian, J: Interview mit dem Tod

Titel: Interview mit dem Tod - Domian, J: Interview mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Domian
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alles andere als positiv beeindruckt gewesen von dem, was sie im Zustand des klinischen Totseins erlebt hatten. Sie erzählten von großer Angst, tiefer Schwärze und dem Gefühl hoffnungsloser
Verlorenheit. Auch sie hatten ihren irdischen Körper verlassen, waren jedoch nicht nach oben geschwebt, sondern zu Boden und in die Erde hinein gesunken. Einer berichtete zudem von unerträglichem Lärm, den er wie eine Folter erlebt hatte. Beide Anrufer wirkten am Telefon fast traumatisiert und äußerten große Angst vor dem Tod.
    Ganz im Gegensatz zu den vielen anderen. Sie schienen völlig abgeklärt zu sein und sahen im Tod etwas durchaus Gutes und Natürliches, vor dem sie sich überhaupt nicht fürchteten.
    Die Einstellung zum Leben änderte sich nach dem Nahtoderlebnis bei beiden Gruppen. Wenn auch nicht in gleicher Weise. Die, die Negatives erfahren hatten, sagten zwar auch, dass sie nun das Leben mehr wertschätzten als zuvor, aber ich hörte daraus keine tiefgreifende Veränderung ihrer bisherigen Lebenseinstellungen. Das war bei denen, die Positives erlebt hatten, ganz anders. Allein schon ihre Stimmen signalisierten mir Ruhe und Gelassenheit. Das, was sie gesehen und gefühlt hatten, schien einen tiefen Eindruck hinterlassen zu haben. Sie beurteilten das Leben absolut positiv, freuten sich über jeden Sonnenstrahl und jede Frühlingsblume, waren toleranter und zuversichtlicher als früher. So erzählten sie es mir zumindest. Und die meisten von ihnen meinten den Beweis dafür leibhaftig erlebt zu haben, dass es tatsächlich ein Leben nach dem Tod gebe.

    So weit allerdings ging eine Freundin von mir nicht, die im Jahre 1994 ein Nahtoderlebnis hatte. Sie, von Haus aus Naturwissenschaftlerin, war während einer Herzoperation einige Minuten klinisch tot gewesen. Als ich sie zum ersten Mal im Krankenhaus besuchte, fand ich eine veränderte Person vor, die offensichtlich etwas erlebt hatte, was schwer mitzuteilen war. Es fehlten ihr die Worte, was mich besonders erstaunte, da sie vor ihrer Erkrankung sehr redegewandt gewesen war, oft sogar äußerst zynisch und sarkastisch. Davon war nun nichts mehr zu spüren. Zwar konnte sie klar und deutlich sprechen, das Erlebte aber nicht näher erklären. Letztendlich reduzierte sich alles auf eine Aussage: »Ich war in einem atemberaubenden Licht.« Und sie wirkte beinahe glücklich, obwohl es ihr zu diesem Zeitpunkt immer noch recht schlecht ging.
    Viele Wochen später schrieb sie mir einen Brief:
    »... Zwar glaube ich immer noch nicht an ein Leben nach dem Tod, aber das Ereignis hat alles verändert. Ich erlebe alles viel wacher und intensiver. Schaute ich z. B. aus dem Fenster, so sah ich früher eine Reproduktion des Gegebenen, fand es uninteressant im Sinne von trostlos und wandte den Blick ab. Jetzt erscheint mir dasselbe Bild wie ein Gemälde, in dem Trostlosigkeit in faszinierender Art ausgedrückt ist. Meine Farbskala ist reicher geworden, ich kann beispielsweise mehr Grau- und Brauntöne voneinander
unterscheiden, und die Farben erscheinen mir leuchtender. Auch die Formen sehe ich klarer. Die Qualität des Sehens hat sich so verändert, dass das Schauen für mich zu einem wunderschönen Erlebnis wird. Der Abstand zu meinem früheren Leben ist größer geworden, und die Menschen kommen mir wie Ameisen vor, die geschäftig herumrennen und dies für bedeutend halten. Ich empfinde das Ereignis als Grundlage und Motivation, mich dem Leben neu und besser zuzuwenden. Ich fühle mich stark, bin optimistisch und meine Gefühle zu Menschen haben sich vertieft. Ganz allgemein lässt sich beobachten, dass ich das Wesentliche klarer und bewusster wahrnehme. Mit viel Energie und Freude gehe ich jetzt durchs Leben ...«
     
    Interessant finde ich, dass Menschen auf der ganzen Welt, egal welcher Religion oder welchem Kulturkreis sie angehören, Ähnliches berichten. Auch Kinder, die ein Nahtoderlebnis hatten, erzählen in ihrer Art und Sprache von Wärme, Licht, Geborgenheit und sogar von Wesen, die ihnen Gutes tun wollten, oder von bereits verstorbenen Verwandten, der Oma zum Beispiel, die auf sie gewartet hätten.
     
    Was ist von alledem zu halten? Ein objektives Urteil gibt es sicher nicht. Allerdings war und bin ich davon überzeugt, dass Erlebnisse und Erfahrungen dieser Art durchaus erklärbar sind. Wahrscheinlich handelt es
sich um komplexe Halluzinationen, die auf eine Fehlfunktion des Gehirns zurückzuführen sind. Ausgelöst eventuell durch Sauerstoffmangel. Vielleicht

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