Into the Deep - Herzgeflüster (Deutsche Ausgabe): Roman (German Edition)
Augenzeugenberichte und der Schilderungen der Schüler, die auf der Veranda gestanden hatten, sowie der Promille-Ergebnisse von Bretts Blutprobe erhob Sheriff Muir keine Anklage.
Trenton Thomas war seit Samstag nahezu nahtlos betrunken und erzählte jedem, der ihm zuhörte, dass die Caplins an allem schuld seien. Es half auch nicht, dass Trentons eigener Schwager zugab, die Wahrscheinlichkeit einer Anklage gegen Jake sei mangels Beweisen gering. Muir stand also kurz davor, den Fall zu schließen, und niemand war verhaftet worden. Ich wusste, dass der Sheriff und seine Deputies wegen Trenton in Alarmbereitschaft waren. Deshalb hatten sie den Wagen vor Jakes Haus postiert.
Ich betrachtete meine Hände auf dem Lenkrad und sah sie plötzlich blutverschmiert vor mir. Dann holte ich tief Luft und atmete langsam aus.
Als ich das Haus betrat, wartete mein Dad schon auf mich. »Wie geht es ihm?«, fragte er, das Gesicht vor Sorge verkniffen.
Ich schüttelte den Kopf. »Er will mich nicht sehen.«
Als Folge der Geschehnisse war Jake zu mir auf Distanz gegangen. Auf dem Revier hatte er kein Wort zu mir gesagt, was ich dem Schock zuschrieb. Aber als bis Samstagnachmittag meine Anrufe und SMS unbeantwortet blieben, entschied ich, auf dem Festnetz bei ihm zu Hause anzurufen. Sein Dad sagte, Jake würde schlafen. Als ich am Sonntag kurz davor war, durchzudrehen, fuhr ich bei ihm vorbei.
Mrs C. wollte mich nicht hereinlassen. Sie sagte, Jake sei nicht in der Verfassung für einen Besucher.
Einen Besucher? Ich war doch kein verdammter Besucher!
Aber nichts. Er wollte mich nicht sehen.
Geduld, ich musste Geduld haben. Was Jake erlebt hatte, die Position, in die er gedrängt worden war, war schrecklich. Und ich kannte ihn. Ich wusste, dass er in diesem Moment in seinem Zimmer war und sich die Schuld an allem gab. Dieser Gedanke versetzte mir einen Stich. Ich wollte unbedingt zu ihm und ihm versichern, dass niemand ihm die Schuld gab.
Abgesehen von Trenton Thomas natürlich. Aber der Typ war ein Arschloch.
Ein Arschloch, das seinen Sohn verloren hatte.
Ich ließ die Schultern hängen, schüttelte den Kopf. Niemand, nicht einmal ein Arschloch wie Thomas, verdiente es, diesen Schmerz zu erleiden.
Was auch immer Dad in meinen Augen sah, es brachte ihn dazu, durchs Zimmer auf mich zuzueilen und mich fest in die Arme zu schließen. Ich klammerte mich an ihn und zitterte. Meine Mom stand in der Küchentür, ihre traurigen, feucht glitzernden Augen sagten mir, dass sie mich liebte und dass alles gut werden würde.
Ich löste mich von meinem Dad und seufzte. »Vielleicht sollte ich ins Bett gehen.«
»Deine Schwester wartet bei Skype. Möchtest du mit ihr reden?«, fragte Dad.
Ich nickte, spürte, wie sich in meiner Rüstung ein Riss auftat. Es war schlimm, dass Andie nicht hier war. Es war verdammt lange her, seit ich das letzte Mal so dringend eine Umarmung von meiner großen Schwester gebraucht hatte.
Der Laptop wartete im Esszimmer auf mich. Ich ließ mich auf den Stuhl am Kopfende des Tisches sinken. Nachdem ich ihr eine Nachricht geschickt hatte, poppte ihr Gesicht im Chat-Fenster auf.
»Hey, Supergirl«, begrüßte sie mich mitfühlend. »Wie geht es dir?«
Ich zuckte mit den Schultern, kämpfte gegen die Tränen an.
»Oh, Süße.« Andie beugte sich näher zur Kamera. »Möchtest du, dass ich nach Hause komme?«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Genieß die Zeit in Dublin. Es geht schon. Ich mach mir nur Sorgen um Jake.«
Andie verzog das Gesicht. »Der arme Kerl. Das Ganze geht ihm bestimmt an die Nieren.«
»Er reagiert nicht auf meine Anrufe, Andie. Seit Freitagabend habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
»Lass ihm Zeit. Ich stelle mir vor, dass er sich momentan an einem verdammt düsteren Ort befindet. Und fühl dich nicht schlecht, weil er dich nicht hereinlässt. Manche Dinge muss man mit sich allein ausmachen. Wie sehr du jemanden auch liebst, du kannst ihm nicht in jeder Situation alle Last abnehmen.«
Ich klammerte mich an ihre Worte und fragte: »Glaubst du?«
»Ja, Süße, das tue ich.« Sie zog die Brauen zusammen und betrachtete forschend mein Gesicht. »Aber was ist mit dir? Wir kommst du damit klar? Mom hat mir erzählt, dass du dabei gewesen bist. Dass du versucht hast, Brett zu helfen.«
Sein Blick hatte sich in mein Gedächtnis eingebrannt.
Meine Lippen zitterten. Dieses Gefühl, das von der Brust aus hochstieg, dieser Druck, das Bedürfnis, alles
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