Intruder 3
nichts daran änderte, dass jedermann sie anstarrte.
Die meisten waren diskret genug, wenigstens wegzusehen, wenn Mike den Blick hob, aber eben nur die meisten.
»Du hast wirklich verdammtes Glück gehabt, ist dir das klar?«, fragte Frank, während er sein Werk kritisch begutachte-te. Der Verband sah alles andere als fachmännisch aus, aber er tat seinen Dienst, und das war im Moment alles, worauf es ankam. »Wenn die Sehne verletzt worden wäre ...«
»Ja, Onkel Doktor«, sagte Mike übellaunig.
»Beweg die Finger«, erwiderte Frank. »Geht es?«
Es ging. Mike schloss die Finger zur Faust, die aus dem weißen Verband wie aus einem klobigen fingerlosen Hand-schuh ragten. Es tat weh, aber es ging. Frank nickte zufrieden.
»Ich frage jetzt nicht, was diese Schwachsinnsaktion sollte«, fuhr er fort. »Ich erwarte, dass du es mir freiwillig erzählst.
Irgendwann.« Er schüttelte den Kopf. »Der Spaß hat mich einen Hunderter gekostet. Den will ich zurück.«
»Kein Problem«, antwortete Mike. »Schreib ihn auf die Monatsrechnung.«
»Worauf du dich verlassen kannst«, grollte Frank. Dann wurde er sehr ernst. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
In Anbetracht dessen, dass Frank ihn vor noch nicht einmal zehn Minuten halb bewusstlos und wimmernd vor Angst aus dem Restroom geführt hatte, empfand Mike das als ziemlich beknackte Frage. Aber er wusste natürlich auch, was Frank wirklich meinte, und machte eine Bewegung, die man mit einigem guten Willen als Kopfnicken deuten konnte.
»Ich glaube, ich war ein bisschen überreizt. Tut mir Leid.«
53
»Deine Körperchemie spielt verrückt«, dozierte Frank. »Vie lleicht solltest du dir eine Schachtel Zigaretten kaufen.«
Mike wollte widersprechen, aber Frank schüttelte so heftig den Kopf, dass er den Mund wieder zuklappte. »Manchmal ist es nicht gut, zu viel auf einmal zu versuchen, weißt du?
Verschieb die Aktion, bis wir wieder zu Hause sind. Ich kenne einen Therapeuten, der mit Akupunktur arbeitet. Er hat schon einer Menge Leuten geholfen. Wenn du willst, gehen wir zusammen hin.«
»Du willst doch nur zusehen, wie jemand Nadeln in mich hineinsticht«, sagte Mike mürrisch.
»Falsch.« Frank griff nach seinem Kaffee und nippte daran.
»Eigentlich würde ich es gerne selbst tun. Ich suche nur nach einer überzeugenden Ausrede, dich foltern zu dürfen, ohne dass du es mir übel nimmst.«
»Dann wärst du aber nicht mehr mein bester Freund«, sagte Mike schmollend. Frank grinste, trank einen etwas größeren Schluck und stellte die Tasse mit angewidertem Gesichtsausdruck wieder ab. »Wo wir gerade dabei sind«, sagte er mit einer Kopfbewegung zur Tür. »Da kommt Stefan.«
Stefan steuerte ganz automatisch den Tisch am Fenster an, an dem sie bis vor zehn Minuten noch gesessen hatten. Erst auf halber Strecke bemerkte er, dass der Platz verlassen war, und blieb überrascht stehen.
»Er sieht irgendwie nicht begeistert aus«, sagte Frank. »Anscheinend hat ihm die Spritztour nicht gefallen.«
Er hatte Recht. Stefan sah sich suchend und mit gerunzelter Stirn um, entdeckte sie schließlich an ihrem neuen Platz und kam mit weit ausgreifenden Schritten auf sie zu. Er sah verwirrt und leicht verärgert aus. Aber da war auch noch etwas anderes.
»Wieso seid ihr umgezogen?«, fragte er, während er sich einen Stuhl heranzog und sich setzte. Noch bevor einer von ihnen antwo rten konnte, bemerkte er Mikes bandagierte Hand 54
und fragte: »Was ist denn jetzt schon wieder passiert?«
»Ich war ungeschickt«, sagte Mike.
»Quatsch«, sagte Frank. »Die Wahrheit ist, er hat unverhofft in einen Spiegel gesehen. Ich an seiner Stelle hätte wahrscheinlich auch zugeschlagen.«
Stefan blieb vollkommen ernst. »Ist es schlimm?«
»Es geht«, antwortete Mike und ballte vorsichtig die Hand zur Faust. »Ich schätze, um diesem bayerische n Kuhtreiber die Fresse zu polieren, reicht es noch.«
Frank grinste ihn an, aber Stefan machte nur eine ärgerliche Handbewegung. »Ich meine es ernst, verdammt noch mal«, schnappte er. »Kannst du damit fahren?«
»Ich denke schon«, sagte Mike. »Warum?«
Statt zu antworten, fragte Stefan. »Habt ihr die Zimmer schon klargemacht? Eingecheckt und das Gepäck hochgetragen?«
»Noch nicht. Wir wollten gerade ...«
»Die Anmeldung ausgefüllt? Die Kreditkarte abgegeben? Die Pässe?«
»Nein, nein und nein.« Mike tauschte einen fragenden Blick mit Frank, erntete aber nur die Andeutung eines Schulterzuckens. »Was zum ... ?«
»Das ist
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