Invasion 05 - Heldentaten
sie über die Augen zu legen, entdeckte er aufs Neue, dass sie an seinem Handgelenk fehlte. Der Stummel stieß gegen seine Wange, hinterließ dort einen Schmierer aus geliertem Blut. Es tat nicht sehr weh; die Kompresse an seinem Arm hatte den Schmerz und das Fleisch darunter getötet. Andere Empfindungen deuteten auf kleine Insektoiden unter den Verbänden, die ihn mit jedem winzigen Biss quälten. Sein linkes Bein war unter dem Knie weg, stellte er fest, als er versuchte, sich zur Seite zu wälzen. Es war ebenfalls abgebunden. Schmerz definierte sein ganzes Wesen, scharfe Stiche und Bisse, die alle nach seiner Aufmerksamkeit verlangten. An seinem gesamten Körper fehlten Fleischbrocken, und die ausgefransten Wunden waren verbunden, aber nicht taub. Er wälzte sich unsicher zur Seite, unterdrückte mit eiserner Kontrolle seine Schreie, nur ein gequältes Wimmern entrang sich seinen Lippen. Jede Berührung mit den steifen Gräsern und spitzen Blättern um ihn herum tat aufs Neue weh, und er sah seine Umgebung durch einen roten Schleier, der die Folge der Schmerzen, vielleicht auch von Blut in seinen Augen, sein konnte.
Andere Tiere würden kommen, größere, und das bald, angelockt von dem fremdartigen, süßlichen Geruch seines Fleisches. Er würde sein Gewehr brauchen. In ihm baute sich ein Lächeln auf, auch wenn es nicht bis zu seinem Gesicht gelangte. Der verdammte Elf hatte es nicht fertig gebracht, ihn zu töten. Das Lächeln verzerrte sich zu einer Grimasse. Er griff nach dem Gewehr. Auch wenn er bloß noch seine linke Hand hatte, konnte er doch noch schießen.
Es war weg. Die Vertiefung im Gras und die aufgewühlte Erde, wo es sich eingegraben hatte, waren neben ihm sichtbar. Das Gewehr nicht.
Seine Pistole war da, immer noch umklammert von den zerfetzten, glitzernden Brocken aus Knochen und zerfetztem Fleisch, die einmal seine rechte Hand gewesen waren. Und darunter lag ein Zettel.
Die Schrift darauf war in makellosen Blockbuchstaben, wie von einem Ingenieur geschrieben. Oder von jemandem, der Englisch als zweite Sprache gelernt hatte. Auf dem Zettel stand: »Ich habe dir eine Kugel dagelassen. Tirdal San Rintai.«
Aus den Büschen rechts von ihm kam ein Rascheln und gleich darauf ein Zirpen.
Diesmal unterdrückte Dagger seine Schreie nicht.
20
Tirdal war jetzt wahrlich allein. Er konnte sich ausruhen und würde das auch tun, aber zunächst musste er diese Box wieder an sich bringen. Und dann musste er auf seiner Reise zum Treffpunkt verborgen bleiben. Der Tslek-Stützpunkt war zwar nur eine Attrappe, aber wenn sie die Kämpfe bemerkt hatten, die zwischen ihm und seinen »Kameraden« stattgefunden hatten, würden sie sicherlich nachsehen kommen, und Tirdal konnte nicht einmal einen einzelnen Bot aufhalten, schließlich hatte er bloß eine Pistole und Daggers Gewehr. Und ihre Anwesenheit würde für die Tslek ein Beweis sein, dass das Team ihr Manöver entdeckt und durchschaut hatte.
Sobald er im Besitz der Box war, würde er sich beeilen müssen und sich nur kurz ausruhen dürfen. Dafür war dann genügend Zeit, wenn er sich endlich an Bord der Kapsel befand. Für den Augenblick galt es zu essen und in Bewegung zu bleiben. Aber er würde immerhin das Tempo reduzieren und vegetarische Nahrung anstelle von Fleisch zu sich nehmen können. Das beruhigte sein Oberbewusstsein, während es sein Unterbewusstsein empörte. Es würde weiterer Meditation bedürfen, um sämtliche Konflikte zwischen Gedanken und Emotion aufzuarbeiten und beizulegen.
Im Augenblick galt es, das Artefakt zu bergen. Dagger hatte seinen wirklichen Wert auch nicht annähernd erahnt. Er ging weit über das rein mit Geld Messbare hinaus. Und für Tirdal war es mehr wert als sein Leben, schon deshalb beabsichtigte er, es so schnell wie möglich zu bergen.
Dazu brauchte er immer noch das vermaledeite Tal! In seinem jetzigen Zustand, verletzt, erschöpft und hungrig, konnte nur das Tal ihn in Schwung halten. Er zog seine Wahrnehmung auf wenige Meter zurück und achtete nur auf Raubtiere. Sollten die Tslek hier auftauchen, gab es nichts, was er tun konnte, also lohnte es sich auch nicht, sich über sie den Kopf zu zerbrechen. Damit drang weniger Lärm von draußen in sein Bewusstsein, sodass er durchaus während des Gehens meditieren konnte. Er führte ein paar einfache Übungen durch, um sein Überbewusstsein zu beruhigen. Sein Unterbewusstsein würde warten müssen – eine Bestie in einem Käfig, die an seinem Bewusstsein
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