Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
hat mir Doktor Vosill ohne Vorbehalt empfohlen«, ließ Quience den Herzog wissen, »außer daß er den Verlust ihrer Dienste für sich und seine Familie bedauerte.«
    »Aber… eine Frau?« sagte Quettil, während er einen seiner Diener seinen Wein vorkosten ließ und dann den Kristallkelch entgegennahm. »Ihr vertraut mehr als ein Organ der Obhut einer Frau an? Ihr seid in der Tat ein mutiger Mann, Euer Majestät.«
    Die Ärztin hatte sich zurückgesetzt und ein wenig gedreht, so daß sie den Rücken dem Tisch zuwandte. In dieser Stellung konnte sie beiden ins Gesicht sehen, dem König und Quettil. Sie sagte nichts, obwohl in ihrem Gesicht ein kleines, gespanntes Lächeln war. Mir wurde allmählich mulmig zumute. »Doktor Vosill hat mir im vergangenen Jahr unschätzbaren Nutzen erwiesen«, sagte der König.
    »Was soll das heißen? Von nicht schätzbarem Wert? Wertlos?« sagte Quettil mit einem humorlosen Lachen und streckte einen seiner in Pantoletten steckenden Füße aus, um die Ärztin gegen den Ellbogen zu stoßen. Sie schaukelte leicht zurück und sah zu der Stelle, wo die juwelenbesetzte Pantolette sie berührt hatte. Ich spürte, wie mein Mund trocken wurde.
    »In der Tat ohne Wert, weil sie jenseits einer Bewertung ist«, sagte Quience glatt. »Ich bewerte mein Leben höher als alles andere, und die treffliche Ärztin hier hilft, es zu bewahren. Sie ist so gut wie ein Teil von mir.«
    »Ein Teil von Euch?« höhnte Quettil. »Aber es ist die Rolle des Mannes, ein Teil der Frau zu sein, Euer Majestät. Ihr seid, wie immer, bei weitem zu großzügig, mein König.«
    »Ich habe gehört«, warf Wachkommandant Adlain ein, »daß die Leute etwas in dieser Art reden. Daß der einzige Fehler des Königs seine Nachsicht sei. Genau gesagt ist er genau so nachsichtig, wie er sein muß, um jene zu entlarven, die aus seinem Sinn für Gerechtigkeit und seinem Bestreben, tolerant zu sein, Vorteil ziehen. Wenn er sie einmal auf diese Weise ausfindig gemacht hat…«
    »Ja, ja, Adlain«, sagte Herzog Quettil mit einem Handschwenk in Richtung des Wachkommandanten, der verstummte und den Blick auf den Tisch senkte. »Dessen bin ich sicher. Aber dennoch, sich von einer Frau umsorgen zu lassen… Euer Majestät, mir liegt lediglich das Wohl des Königreichs am Herzen, das ihr von dem Mann geerbt habt, den ich das Vorrecht hatte als meinen besten Freund zu erachten, eurem guten Vater. Was hätte er dazu gesagt?«
    Quience Miene verfinsterte sich für einen Augenblick. Dann hellte sie sich wieder auf, und er sagte: »Er hätte die Dame vielleicht für sich selbst sprechen lassen.« Der König verschränkte die Hände und sah zu der Ärztin hinab. »Doktor Vosill?«
    »Herr?«
    »Ich habe von Herzog Quettil ein Geschenk bekommen. Eine Karte der Welt. Hättet Ihr Lust, sie zu bewundern? Vielleicht könnt Ihr uns sogar Eure Meinung dazu mitteilen, da Ihr einen weiteren Teil des Globus bereist habt als wir.«
    Die Ärztin erhob sich geschmeidig aus ihrem Schneidersitz, kam mit einer fließenden Bewegung auf die Beine und drehte sich gleichzeitig um, stellte sich an den Tisch und betrachtete die Karte, die am anderen Ende ausgebreitet lag. Ihr Blick ruhte eine Weile darauf, dann kehrte sie ihre vorherige Bewegung um, drehte sich und faltete sich wieder am Boden zusammen, wo sie eine kleine Schere zur Hand nahm. Bevor sie sich damit an den Zehnägeln des Königs zu schaffen machte, sah sie den Herzog an und sagte: »Die Wiedergabe ist ungenau, Herr.«
    Herzog Quettil sah auf die Ärztin hinab und stieß einen kleinen, kieksigen Lacher aus. Er warf dem König einen Blick zu und tat so, als müsse er ein verächtliches Schnauben unterdrücken. »Findet Ihr, Madame?« sagte er in eisigem Ton.
    »Ich weiß es, Herr«, sagte die Ärztin, während sie sich mit dem Fleisch unter dem linken dicken Zehnagel des Königs beschäftigte und heftig die Stirn runzelte. »Oelph, das kleinere Skalpell… Oelph!« Ich zuckte zusammen, griff in ihre Tasche und reichte ihr mit zitternder Hand das winzige Instrument.
    »Was versteht Ihr von solchen Dingen, wenn ich fragen darf, Madame?« erkundigte sich Herzog Quettil und sah dabei wieder den König an.
    »Vielleicht ist die Frau Doktorin eine Meisterin der Geografie«, mutmaßte Adlain.
    »Vielleicht sollte man ihr ein paar Manieren beibringen«, sagte Herzog Walen gereizt.
    »Ich bin rund um die Welt gereist, Herzog Quettil«, sagte die Ärztin, als ob sie mit dem Zeh des Königs spräche, »und habe

Weitere Kostenlose Bücher