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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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des Königs gehalten wurde. »Frauen ertragen Schmerzen leichter, weil wir gebären müssen, Herr«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Ein solcher Schmerz wird im allgemeinen als unvermeidlich angesehen, er kann jedoch durch meine Berufskollegen weitestgehend gelindert werden.« Sie blickte in seine Augen auf. »Und wir werden nur dann zu Tieren – wir werden zu etwas Schlimmerem als Tieren –, wenn wir andere quälen.«
    Sie entzog ihm behutsam die Hand, nahm ihre Tasche und wandte sich mit einer kleinen Verneigung vor dem König zur Tür. Ich zögerte, da ich halb erwartete, der König würde sie zurückrufen, aber das geschah nicht. Er saß einfach da in seinem großen Bett, sah verletzt aus und schniefte. Ich verneigte mich vor dem König und folgte der Ärztin.
     
    Unoure wurde niemals einem Verhör unterzogen. Ein paar Stunden, nachdem er gefangengenommen und in den Palast zurückgebracht worden war, während die Ärztin und ich uns um den König kümmerten und während Ralinge noch dabei war, seine Folterkammer für seine Inquisition vorzubereiten, sah ein Wachmann in die Zelle hinein, wo der Junge eingesperrt war. Irgendwie war es Unoure gelungen, sich mit einem kleinen Messer die Kehle aufzuschneiden. Arme und Beine waren eng nach hinten gefesselt, und er war bis auf die Haut nackt ausgezogen worden, bevor man ihn in die Zelle gebracht hatte. Das Messer war mit dem Griff zuerst in eine Spalte der Steinmauer der Zelle in etwa Taillenhöhe eingeklemmt gewesen. Unoure war es gelungen, sich in äußerster Reichweite, die ihm die Ketten erlaubten, davor hinzuknien und sich den Hals aufzuschlitzen, indem er damit über die Klinge fuhr, bevor er zusammenbrach und verblutete.
    Wie ich gehört habe, waren die beiden Wachkommandanten außer sich vor Wut. Die Männer, die für Unoures Bewachung zuständig gewesen waren, konnten von Glück sagen, daß sie weder bestraft noch selbst eines Verhörs unterzogen wurden. Man kam schließlich einhellig zu der Ansicht, daß Unoure das Messer vor seinem Angriff auf Nolieti dort plaziert haben mußte, für den Fall, daß er gefangen und in den Palast zurückgebracht würde.
    Es mag in unserer einheitlich gering bewerteten Stellung begründet sein, daß wir beide wenig wußten und daß unsere Ansichten ohne Bedeutung waren, aber keiner, der Gelegenheit gehabt hatte, den Grad von Unoures Intelligenz, Voraussicht und Spitzfindigkeit zu erleben, fand diese Erklärung auch nur entfernt überzeugend.
     
    QUETTIL: Lieber Herzog, welche Freude, Euch zu sehen. Ist das nicht ein herrlicher Ausblick?
    WALEN: Hmm. Ich treffe Euch bei guter Gesundheit an, Quettil?
    Q: Bei überaus robuster Gesundheit. Und wie verhält es sich mit Euch?
    W: Mein Zustand ist erträglich.
    Q: Ich dachte mir, daß Ihr Euch vielleicht setzen wollt. Seht, ich habe Stühle bereitstellen lassen.
    W: Danke, nein. Laßt uns dort hinüber gehen…
    Q: Oh. Sehr wohl… also, hier sind wir. Und genießen eine noch bessere Aussicht. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, daß Ihr mich hier treffen wolltet, um meinen Besitz zu bewundern.
    W: Hmm.
    Q: Erlaubt mir, eine Vermutung auszusprechen. Ihr müßt Euch mit einigen Unerfreulichkeiten herumschlagen wegen dieses… wie hieß er noch gleich? Nolieti? Wegen Nolietis Tod? Oder eher wegen seines und seines Gehilfen Tod?
    W: Nein. Ich denke, diese Angelegenheit ist erledigt. Ich messe dem Tod von zwei Folterern keine allzu große Bedeutung bei. Ihr Handwerk ist etwas Verachtenswertes, wenn auch Notwendiges.
    Q: Verachtenswert? O nein. Nein, wirklich nicht. Ich würde es eher als eine höchst erhabene Kunstform bezeichnen. Mein Mann, Ralinge, ist ein wahrhafter Meister. Ich habe nur deshalb davon abgesehen, sein Loblied bei Quience zu singen, weil ich befürchte, er könnte ihn von mir abwerben, und das wäre äußerst ärgerlich. Ich würde mich beraubt fühlen.
    W: Nein, mir geht es um eine Person, deren Beruf es ist, Schmerzen zu lindern, nicht sie zu verursachen.
    Q: Tatsächlich? Ach, Ihr meint die Frau, die sich selbst als Ärztin bezeichnet? Ja, was findet der König an ihr? Kann er sie nicht einfach ficken, und damit hat es sich dann?
    W: Vielleicht hat er das schon gemacht, wahrscheinlicher ist aber, daß es nicht so ist. Sie sieht ihn auf eine Weise an, die in mir den Verdacht erweckt, daß sie durchgevögelt werden will… aber mir ist es so und so einerlei. Der Punkt ist, daß sie anscheinend von ihren Fähigkeiten als Ärztin überzeugt ist.
    Q: Na und?

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