Irgendwo dazwischen (komplett)
ist
doch kein Problem.“ Die Schritte kommen näher.
Ich starre
Paul an. „Mein Freund?“ In meiner Stimme höre ich Tränen. „Hat sie
gesagt mein Freund ?“, frage ich noch einmal. Die Schritte kommen noch
näher. Gleich werden sie am Treppenabsatz sein. Helene und ein Nachbar. Gleich
werden sie Paul in seiner vollen Pracht bestaunen können. „Du bist ihr Freund?“
Das Licht geht aus. Er schüttelt den Kopf. Zumindest sieht es in der Dunkelheit
so aus wie ein Kopfschütteln. Tränen laufen über seine Wangen. „Du hast sie
also getröstet.“ Meine Stimme zittert. Alles in mir zittert. Wie ein kleines
Blatt im Wind. Das Licht geht wieder an.
„Ich nehme
den Aufzug... ich wohne im fünften Stock.“
„Ich muss
in den Ersten... ich gehe zu Fuß.“
„Schönen
Abend noch.“
„Danke,
Ihnen auch...“ Und dann sehe ich sie. Am liebsten würde ich sie die Treppen
runterstoßen. Oder erwürgen. Kalt schaue ich sie an. „Was macht sie denn
hier?“, fragt Helene und schaut zu Paul. Als ich gerade antworten will, bemerkt
sie, dass er splitterfasernackt am Geländer lehnt. „Und warum bist du nackt? “
Paul antwortet nicht. Seine Augen sind geschlossen. „Paul?“
„Ich geh
dann mal“, sage ich kühl. Sie lächelt. Ihr Lächeln ist hinterhältig. Ich wende
mich Paul zu. „Du wirst das noch bereuen. Wir haben eine Geschichte, du und
ich. Irgendwann wirst du morgens aufwachen und dich fragen, ob sie es wert
war.“
„Rede nicht
von mir, als wäre ich nicht da.“ Langsam geht sie an mir vorbei. Ich könnte sie
jetzt schubsen. Ich könnte sie jetzt einfach die Stufen runterstoßen. Und
wieder mustert sie Paul von oben bis unten. „Warum bist du nackt?“
„Er wollte
mich davon abhalten zu gehen.“
„Nackt?“
„Weißt du,
Helene...“
„Ich heiße Lene “,
unterbricht sie mich.
„Wie auch
immer... du bist unwichtig... Paul liebt mich. Das weißt du. Das weiß Paul, und
das weiß ich.“ Sie schaut zu Paul. Und es scheint so, als würde sie erwarten,
dass Paul protestiert. Sie scheint zu glauben, dass er mich anschreien wird,
mich zurechtweisen. Aber ich weiß, dass er das nicht tun wird. Noch immer
laufen Tränen über seine Wangen. „Auch, wenn er dich ab und zu flachlegt, das
ändert nichts daran, dass er mich liebt und nicht dich.“
Und
plötzlich ist sie weg, ihre Selbstsicherheit. Ich sehe es in ihren Augen. „Es
geht dich zwar nichts an, aber wir haben nicht miteinander geschlafen. Wir
wollen uns Zeit lassen.“
„Zeit
lassen? Wozu?“, frage ich irritiert. „Es ist ja nicht so, als hättet ihr euch
füreinander aufgespart.“
Nach einer
Ewigkeit spricht Paul zum ersten Mal. „Ich wollte nicht.“ Er sagt das leise.
Ich schaue
ihn an. „Du wolltest nicht?“
Er
schüttelt den Kopf. „Nein...“
„Und warum
nicht?“ Die Stille zwischen uns bereitet wir fast körperliche Schmerzen. Helene
und ich stehen auf der Treppe, Paul über uns. Das Licht ist schon wieder
ausgegangen. „Warum?“, frage ich ein zweites Mal.
„Weil ich
sie nicht liebe... ich liebe dich.“
Lili
Simon ist
unheimlich schüchtern. Sanft streichelt er über Lias Handrücken.
„Seit wann
weißt du es?“
„Ich habe
es zwei Stunden, bevor ich es Mama und Emma erzählt habe, bestätigt bekommen.“
„Und wie
weit bist du?“
„Sechste
Woche…“ Sie schaut zu Simon und lächelt.
„Ich
versteh nicht, was sie gegen mich hat... “ Zum ersten Mal höre ich Simons
Stimme. „Kann mir das einer von euch vielleicht erklären?“ Elias, Emma und Leni
schauen alle drei gleichermaßen betreten. „Ich meine, sie kennt mich doch
überhaupt nicht.“
„Das hat
eigentlich nichts mit dir zu tun“, sagt Emma schließlich. „Sie ist einfach
so...“
„Ja, das
hat Lia auch gesagt... Aber warum?“
„Wenn ich
das wüsste.“
„Ich bin
nicht das, was sie sich für Lia vorstellt. Das ist es doch, oder?“
„Es wäre
anders, wenn du Staranwalt oder Investmentbanker wärst“, sagt Leni und seufzt.
„Und das
ist alles?“ Leni nickt. „Aber ich liebe Lia.“
„Das ist
nicht so wichtig.“
„Wie kann
das nicht wichtig sein?“ Lia küsst ihn auf die Wange.
„Sie hat
eine seltsame Vorstellung davon, was gut für uns wäre“, sagt Emma nach einer
Weile. „Sie denkt, sie weiß das besser als wir...“
„Wir
wollten nur, dass ihr wisst, dass wir nicht so denken...“ Elias legt seine Hand
auf Simons Schulter. „Wir freuen uns ehrlich für euch. Und, wenn ihr Hilfe
braucht, könnt
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