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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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es vielleicht naiv ist, ich glaube dir nicht. Du hast mich geliebt. Und
ich denke, dass du mir wehtust, weil du Angst hast, ich könnte mich neu
verlieben. Und ja, das könnte passieren. Doch ich gehe lieber dieses Risiko ein
als dich aus meinem Leben zu drängen.
    Ich liebe dich, Emma. Und ich dachte, du liebst
mich. Doch ich bin erst drei Monate weg, und du redest davon, dass wir beide
weitermachen müssen. Unser Leben leben, nicht träumen. Ich lebe mein Leben. Und
ja, du fehlst mir. Trotzdem lebe ich. Und das solltest du auch tun.
    Einen Tag, bevor ich deinen Brief bekommen habe,
war ich im Reisebüro und habe einen Flug gebucht, weil ich dich überraschen
wollte. Ich habe ihn storniert. Doch ich werde wiederkommen. Wenn ich mit der
Schule fertig bin, werde ich wiederkommen. Und ich hatte gehofft, dass du dann
auf mich warten würdest.
    Die ganze Zeit hoffe ich, dass du mir schreiben wirst,
dass du das alles nicht so gemeint hast. Ich wünsche mir, dass ich mich nicht
so in dir getäuscht habe, weil ich dann alles hinterfragen müsste. Jedes Wort.
Und das will ich nicht. Noch nie habe ich mich so elend gefühlt. Nicht einmal,
als ich erfahren habe, dass wir umziehen. Das ist vielleicht nicht fair, aber
ich finde du solltest wissen, dass es mir noch nie so schlecht ging.
    Ich will dich nicht verlieren, Emma, ich will
nicht aufhören, an uns zu glauben. Ich will, dass wir das schaffen können. Wenn
du das auch willst, dann musst du etwas tun, um mich davon zu überzeugen. Ich
hoffe, du wirfst uns nicht weg. Ich wünsche mir, dass du dich genauso schlecht
fühlst wie ich, denn das hast du verdient. Du hast es verdient, dass es dir
schlecht geht, weil es mir deinetwegen schlecht geht. Und ich habe das nicht
verdient. Ich habe dir keinen Grund gegeben. Wenn ich jedoch an deinen Duft
denke, oder an die Farbe deines Haares oder an dein Lachen, dann kann ich nicht
länger bitter sein. Wenn ich dich sehe, dann geht es mir gut. Und das zeigt
mir, dass du die Eine bist. Die Frau, die ich will. Und auch wenn ich dir nicht
sagen kann, was passieren wird, ich finde, wir haben eine Chance verdient. Ich
habe diese Chance verdient. Und ich habe es nicht verdient, dass du mich
verletzt. Dräng mich nicht aus deinem Leben, nur weil du Angst hast. Angst
gehört zum Leben dazu. Und du gehörst zu meinem.
    Ich liebe dich wirklich.
    Stefan
    Ich lese ihn ein zweites und ein drittes Mal. Große Tränen laufen
über meine Wangen. Zäh und heiß. Ich weiß noch, wie ich mich gefühlt habe, als
ich seinen Brief öffnete. Ich hatte gehofft, dass er mehr an uns glauben kann
als ich es damals konnte. Und dann wurde mir klar, dass ich einen nicht wieder
gut zu machenden Fehler gemacht hatte. Ich hatte uns verraten. Nicht ich hatte
ihn verlassen, es war meine Angst. Seitdem ist nicht ein Tag vergangen, an dem
ich mir nicht gewünscht habe, ich hätte mehr Selbstwertgefühl. Das Schlimmste
ist aber, dass ich den einzigen Menschen verstoßen habe, der mich wirklich
kannte und dennoch wirklich liebte. Ich hatte es verdient zu leiden. Und ich
verdiene es noch heute.
    Ich habe ihm geantwortet, doch den Brief nie abgeschickt. Ich
konnte es nicht. Viele Leute halten mich für oberflächlich. Sie haben unrecht.
Doch wie sollen sie das wissen, wenn ich sie nicht an mich ranlasse? Ich habe
niemandem von diesem Brief erzählt. Nicht einmal Lili. Ich habe immer alles mit
mir selbst ausgemacht. Was sollen andere auch tun gegen den Schmerz, der in mir
wütet? Lauwarme Sätze erfüllen einen nicht mit Wärme. Und mehr als lauwarme
Sätze können sie einem aber nicht geben. Wie auch?
    Und wieder liege ich auf meinem Bett und habe Clemens Geschmack im
Mund. Und wieder denke ich, ich sollte diese Farce beenden. Nicht nur, weil er
mich nicht liebt, sondern vor allem, weil ich glaube, dass ich noch immer
Stefan liebe. Das ist zwar nach der ganzen Zeit armselig, aber so ist es nun
einmal. Ich habe nie aufgehört, andere Kerle an ihm zu messen. Keiner ist an
ihn herangekommen. Und ich wage zu bezweifeln, dass es einer so bald schaffen
wird. Vielleicht ist es an der Zeit, den Wunden Zeit zum Heilen zu geben. Und
es sind große Wunden. Tiefe Wunden. Noch immer offene Wunden.
     
    Lili
    Nach zwei Wochen im Krankenhaus sitze ich wieder in meinem Zimmer.
Warum hat er mich nicht besucht? Er hat wahrscheinlich nur nach mir gefragt,
weil sein Freund mich angegrabscht hat...
    Eine tolle Sache daran, wieder zu Hause zu sein, ist, dass ich zum
ersten Mal seit vierzehn Tagen

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