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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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Ganz tief in mir spüre ich ihn. Sein Atem auf meiner Haut,
seine Bewegungen, sein tiefes Atmen, sein Geruch... ich rieche Schweiß, ich
rieche Waschpulver, ich rieche seinen Duft gemischt mit seinem Parfum.
    Ich betrachte sein Gesicht. Seine ebenmäßigen
Züge sind angestrengt, seine Augen zusammengekniffen, die Lippen einen Spalt
weit geöffnet. Ich versinke in diesem Ausdruck. Als er sich schneller bewegt,
kriecht wieder das Kribbeln durch meinen Körper. Aber dieses Mal lässt es sich
Zeit. Es gleitet genüsslich und langsam durch mich hindurch. Seine sanfte Haut
schmiegt sich an meine. Sein unruhiger Atem streift mein Gesicht. Er wird
flacher und schneller. Dann öffnet er unvermittelt die Augen und schaut mich
an. „Marie... ich komme...“ Und dann explodiere ich unter ihm.
    Lili
    Wo das ältere Paar abgeblieben ist, weiß ich nicht, und ich kann
auch nicht sagen, ob sie uns gesehen haben, aber ich denke schon. Dieser
Gedanke ist immer noch amüsant. Wir sitzen auf der Couch und knobeln, welchen
Film wir zuerst ansehen sollen. Am Ende halte ich alle drei Filme hinter meinen
Rücken, und Elias muss einen auswählen. Und weil immer der Film rauskommt, den
man nicht sehen will, halte ich zuletzt LA Crash in der linken Hand und
die Sache ist beschlossen. Ich wünschte, ich hätte ein Veto, das ich einlegen
könnte, doch ich füge mich in mein Schicksal und lege die DVD ein. Wieder so
ein Film mit dem Prädikat wertvoll. Na wunderbar.
    Ich sitze da und sage nichts. Und auch Elias schweigt. Gleich wird
er mich fragen, wie ich den Film nun fand. Und er wird es deswegen tun, weil er
Recht hatte und ich mich getäuscht habe. LA Crash ist ein
unwahrscheinlich guter Film. „Und? Was meinst du?“, fragt Elias, und es wundert
mich, dass es tatsächlich so lange gedauert hat, bis er das fragt.
    „Er ist gut“, gebe ich kleinlaut zu und lächle ihn an. „Und ja, du
hattest Recht. Der Film ist unglaublich... Auch wenn ich wünschte, er hätte den
Kerl nicht erschossen... ich meine, warum hat er nicht einfach gesagt, dass er
die gleiche Figur hat? Ist doch wohl klar, dass der andere nicht weiß, was ihn
erwartet, oder?“
    „Wir haben halt unsere Vorurteile. Nur weil er der Gute ist,
nehmen wir an, er könne keine Fehler machen. Und der andere, der einem von
Anfang an unsympathisch ist, wird letztlich doch derjenige, der über sich
selbst hinauswächst. Es ist eben nicht schwarz-weiß...“, antwortet Elias. Und
es stimmt, was er sagt. Der andere war ein Musterbeispiel für die Art Mann, die
verachtenswert ist. Scheinbar. Doch nichts ist so, wie es scheint, auch wenn
wir denken, es wäre so. „Welchen jetzt?“ Ich halte Elias beide Hüllen hoch.
„Welcher ist besser?“
    „Man kann die beiden Filme nicht vergleichen... sie sind beide auf
ihre Art wirklich gut“, antworte ich.
    „Na, dann Elizabethtown ...“, entgegnet Elias.
    Und auch wenn er mich anlächelt, so weiß ich, er bedauert gerade,
dass er kein Veto gegen beide Filme einlegen kann.
     
    Marie
    Er liegt noch immer auf mir. Sein Herz schlägt gegen meines. Nach
einer langen Weile schaut er mich an. „Das war...“
    „...einfach fantastisch“, unterbreche ich ihn. „Absolut
fantastisch.“
    „Finde ich auch…“ Wir bleiben eng umschlungen liegen. Und ich
inhaliere seinen Duft. Es ist ein guter Duft.
    Nackt sitzen wir auf dem Fußboden. Ich halte ihm eine Zigarette
entgegen. „Danke...“ Da sitzen wir nun und rauchen. Es ist still, doch es ist
eine schöne Stille, ein heiliges Schweigen. „Marie?“
    „Hm?“
    „Du bist ehrlich gekommen?“
    „Dreimal.“
    „Ja, aber...“
    „Ich kann es dir auch nicht erklären... ich muss nachdenken.“
    „Okay...“
    Und dann schweigen wir wieder. Und wir lächeln. Wir lächeln wie
Verliebte. Noch nie in meinem Leben war ich so verwirrt. Und niemals zuvor
wusste ich weniger, was ich will. Und dann klingelt sein Handy. Und es ist
Helene.
    „Du kannst ruhig hingehen...“
    „Sicher?“ Ich nicke. Und tief in mir drin gestehe ich mir ein,
dass ich wünschte, er hätte sie weg gedrückt.
     
    Lili
    „Und?“, frage ich erwartungsvoll.
    „Der Film ist großartig...“
    „Du wolltest ihn erst nicht sehen...“, sage ich mit einem kleinen,
kaum merklichen Lächeln auf dem Gesicht.
    „Sagen wir so, ich hätte ihn aufgrund der Beschreibung nicht
geliehen...“ Als ich in diesem Moment etwas Schlaues entgegnen will, klingelt
mein Handy und es ist Leni. Mit gemischten Gefühlen gehe ich dran. Ich weiß,
Leni

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