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Irrfahrt

Irrfahrt

Titel: Irrfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Grümmer
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aufrichtete. Er riß alles mit sich in die Tiefe.
    Heinz ApeIt stieg es heiß in die Kehle. Ein niegekanntes Gefühl der Genugtuung erfüllte ihn. Jetzt zahlen wir den Briten unsere drei Boote heim, dachte er. Rache ist Blutwurst!
    Sein Jubel war verfrüht. An Steuerbord flammten plötzlich Leuchtgranaten auf. Für Minuten stand ein Rottenboot hell erleuchtet auf der Wasserfläche. Immer neue Leuchtgranaten stiegen hoch. Von allen. Seiten wurde es unter Feuer genommen. Heinz sah mit Entsetzen, wie eine himbeerrote Garbe das Boot aufsägte. Methodisch feuerte ein mittleres Kaliber, kleine Fontänen sprangen aus dem Wasser, nach der dritten Salve hatte sich der Gegner eingeschossen. Warum laufen sie nicht weg, dachte Heinz. Aber die Maschine hatte offenbar einen Treffer erhalten, denn das Fahrzeug lag wie, ein Klotz. Nach mehreren Salven kenterte es über Steuerbord, und die letzten Leuchtzeichen verloschen.
    Leutnant Harms wollte einen britischen Zerstörer der K-Klasse erkannt haben. Mit einer Kursänderung versuchte er, aus der Gefahrenzone zu entkommen. Der Zerstörer war ein Gegner, mit dem kein Schnellbootkommandant nähere Bekanntschaf t wünschte.
    Ein Küstenmotorschif f wurde an Backbord gemeldet. Harms beäugte es durch das festmontierte Brückenglas. «Etwa achthundert Tonnen», sagte er geringschätzig. Er mußte sich nun entscheiden: entweder angreifen oder laufenlassen. Das Überraschungsmoment war sowieso vorüber; der Kampf ging seinem Ende entgegen. Noch ein Torpedo steckte im Rohr. Einen unverbrauchten Aal hätte der Flottillenchef einem Kommandanten auf keinen Fall durch die Finger gesehen, am wenigsten einem Draufgänger wie Harms.
    Der Leutnant entschied sich für den Angriff.
    Das Motorschif f hatte inzwischen seinen Verfolger bemerkt. Eine Schnellfeuerkanone begann zu bellen, bekam aber Ladehemmung. Harms feuerte den Torpedo. Das Motorschif f drehte und suchte sein Heil in der Flucht. Die Männer hörten einen Maschinentelegraphen klingeln. Ehe der Leichter jedoch seinen Kurs geändert hatte, traf der Torpedo. Er faßte das kleine Fahrzeug mittschiffs und riß es in zwei Stücke. Das Vorderteil wurde unter Wasser gedrückt, das Heck lag noch ein Weilchen mit starker Schlagseite, bevor es versank. Kein Schrei war zu hören, niemand sprang von Bord, kein Boot wurde klargemacht. Ein Totenschiff. Die gewaltige Explosionskraf t des Torpedos hatte die gesamte Besatzung gegen die Wände der Schiffsräume geschleudert, bewußtlos gemacht oder getötet.
    Harms hätte gern ein Besatzungsmitglied aufgefischt, um Heimathafen und Namen des Fahrzeuges festzustellen. Das war nicht möglich. Er ärgerte sich, daß seine Ermittlungen immer im Ansatz steckenblieben.
     
    Das Gefecht hatte sich über eine große Fläche auseinandergezogen. Nach der Versenkung eines weiteren Schnellbootes war der Zerstörer auf unerklärliche Weise verschwunden. An verschiedenen Stellen streuten die Sicherungsfahrzeuge des Geleitzuges ihre Leuchtspurmunition über die Wasseroberfläche. Mehrere Dampfer und Motorschiffe waren gesunken oder trieben hilflos im Meer. Keiner an Bord wußte, wo sich die restlichen Boote befanden, ob sie ihre Torpedos abfeuern konnten und welche Verluste die Flottille erlitten hatte.
    Es war zwei Uhr nachts.
    Grell erleuchtet standen die Männer plötzlich auf ihrem Boot. Unmittelbar über ihnen war eine Leuchtgranate explodiert und verbreitete übernatürliche Helligkeit. Alle waren geblendet. Heinz knif f die Augen zusammen und versuchte, durch den schmalen Spalt etwas zu erkennen. Umsonst.
    Ehe die erste Leuchtkugel zu Ende gebrannt war, kam schon die nächste. Fontänen spritzten an Steuerbord hoch, erst zwei, dann noch zwei in geringerem Abstand. Das konnte nur der Zerstörer sein! Mechanisch murmelte Heinz die Zahlen aus dem Weyer: «K-Klasse, sechs Geschütze, Kaliber vier Komma sieben englische Zoll ... » Das waren l2 cm. Offenbar schoß eine Kanone die Leuchtgranaten, die anderen Kanonen feuerten gruppenweise in schnellem Salven takt.
    Das Boot ging auf höchste Fahrtstufe. Zornig brummten die Motoren. Als die dritte Leuchtgranate über ihnen explodierte, ließ Harms die Nebelkanne auf dem Achterdeck fertigmachen. Sie war nun ihre einzige Hoffnung.
    Eine neue Salve heulte heran. Sie lag fünfzig Meter achteraus. Frase versuchte, über das gefährlich schwankende Deck an die Nebelboje heranzukommen. Er konnte die Kappe noch fassen, aber als er sie aufdrehen wollte, traf ihn eine präzise

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