Irrwege
Flecken. Wenn du mich geblendet hast, Elf…«
»Es geht weg.« Paithan öffnete zaghaft die
Lider. »Mit der Zeit.«
»Ich habe dir gesagt, du sollst nicht
runtergucken!« fauchte Roland. »Aber nein. Du mußt in dieses Loch starren und
ohnmächtig werden…«
»Ich bin nicht ohnmächtig geworden! Meine Hände
sind abgerutscht! Und das Loch im Boden« – Paithan zog fröstelnd die Schultern
hoch – »es ist faszinierend. Grauslich, aber faszinierend.«
»Wie deine Schwester«, höhnte Roland.
Paithan zielte eine rechte Gerade in die
ungefähre Richtung des Menschen, verfehlte ihn und schlug mit der Faust gegen
die Wand. Aufstöhnend schlenkerte er die malträtierte Hand.
»Roland macht nur Spaß«, sagte Rega. »Nichts als
leeres Gerede. Er ist selbst so verliebt, daß er keine drei Schritte geradeaus
sehen kann.«
»Gut möglich, daß ich nie wieder etwas sehen
kann!« knurrte Roland. »Und daß ich in dieses Luder verliebt sein soll…«
»Luder!« Paithan stürzte sich auf ihn. »Nimm das
zurück!«
Beide fielen hin, rollten auf den Boden und
droschen aufeinander los.
»Aufhören!« Rega stand schimpfend daneben. In
schöner Unparteilichkeit versetzte sie dem jeweils nächsten der Streithähne
einen Fußtritt. »Aufhören, alle beide! Wir sind doch zu der Feier eingeladen…«
Ihre Stimme erstarb.
Xar war am Fuß der Treppe aufgetaucht. Die Arme
vor der Brust verschränkt, schaute er zu ihnen empor, seine Miene war finster.
»Feier«, wiederholte Rega befangen. »Paithan!
Xar ist hier! Steht auf. Roland, komm schon! Ihr führt euch auf wie
Schwachköpfe!«
Auch wenn er immer noch nicht richtig sehen
konnte, Paithan hörte den veränderten Ton in Regas Stimme, machte sich von seinem
Gegner los und kam taumelnd auf die Füße. Sein Gesicht brannte vor Scham, er
konnte sich vorstellen, was der greise Fürst von ihnen denken mußte.
»Du hättest mir fast einen Zahn ausgeschlagen«,
murrte Roland undeutlich. Sein Mund blutete.
»Sei still!« zischte Rega.
Die Nachwirkungen des grellen Lichts klangen ab,
Paithan konnte jetzt den Magier unten stehen sehen. Xar bemühte sich
auszusehen, als fände er ihr Benehmen amüsant, doch obwohl ein nachsichtiges
Lächeln die Falten um seine Augen kräuselte, wirkten die Augen selbst kälter
und düsterer als der Brunnen im Sternendom.
Sie verursachten Paithan auch das gleich flaue
Gefühl im Magen. Er ertappte sich dabei, wie er unwillkürlich einen Schritt
nach hinten trat, zurück von der obersten Treppenstufe.
»Wo sind die anderen?« erkundigte sich Xar
liebenswürdig. »Ich möchte gerne, daß ihr alle zu meiner Feier kommt.«
»Welche anderen?« fragte Rega ausweichend.
»Die zweite Frau. Und der Zwerg.« Xar lächelte
wohlwollend.
»Ist dir aufgefallen, daß er sich nie erinnert,
wie wir heißen?« sagte Roland aus dem Mundwinkel zu Paithan.
»Wißt ihr…« Rega schluckte. »… Aleatha hat
recht. Er ist häßlich.« Sie griff nach Paithans Hand. »Ich habe gar
keine Lust mehr, zu dieser Feier zu gehen.«
»Uns wird kaum was anderes übrigbleiben«, meinte
Paithan halblaut. »Fällt dir eine Ausrede ein, die nicht wie eine Ausrede
klingt?«
»Sag ihm einfach, nein, besten Dank«, schlug
Roland vor. Er schob sich unauffällig hinter den Elfen.
»Ich soll ihm das sagen? Und was ist mir
dir?«
»Ich glaube, er hat für mich nicht viel übrig.«
»Wo ist deine Schwester, Elf?« Eine steile
Unmutsfalte kerbte sich zwischen Xars zusammengezogenen Brauen ein. »Und der
Zwerg?«
»Ich weiß nicht. Ich habe sie nicht gesehen. Wir
– wir werden sie suchen!« erbot sich Paithan hastig. »Werden wir doch?«
»Aber ja. Auf der Stelle.«
»Ich komme mit.«
Roland, Rega und der Elf polterten die Treppe
hinunter. Unten angekommen blieben sie stehen, Xar versperrte ihnen den Weg.
Die beiden Menschen schoben Paithan vor.
»Äh, wir suchen nur schnell meine Schwester, Aleatha«,
erläuterte Paithan verlegen. »Und den Zwerg. Drugar. Den Zwerg.«
Xar lächelte. »Beeilt euch. Die Speisen werden
kalt.«
»Richtig!« Paithan schlüpfte an dem Magier
vorbei und flüchtete aus der Tür.
Rega und Roland folgten ihm dichtauf. Alle drei
blieben erst stehen, als sie auf den breiten Marmorstufen angelangt waren, von
denen aus man die Stadt überblickte. Die Zitadelle war ihnen nie so still und
verlassen vorgekommen wie in diesem Moment.
»Das gefällt mir nicht«, sagte Rega. Ihre Stimme
schwankte. »Er gefällt
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