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Isabelle

Isabelle

Titel: Isabelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Pathologen und das gerichtsmedizinische Labor, die nicht daran glauben«, erwiderte Kleiweg. »Ihrer Meinung nach stammt die Narbe nämlich von einer Schussverletzung, die etwa acht bis zehn Jahre zurückliegt. Er könnte sie sich auf seiner letzten Seereise zugezogen haben. Sie steht möglicherweise in einem Zusammenhang mit seinem Abschied von der Seefahrt.«
    »Was sagt denn der Agent in Singapur dazu?«
    Kleiweg lächelte säuerlich. »Die Firma arbeitet ähnlich wie Manpower. Namen und Daten. Ben hat abgemustert, mehr spuckt der Computer nicht aus.«
    Judith fragte sich, warum Ben in Bezug auf die Narbe gelogen hatte. Warum hatte er kaum Einzelheiten aus seiner Vergangenheit erzählt? Gab es noch mehr, wovon sie nichts wusste?
    »Meine Theorie lautet, dass er vor Jahren einmal in irgendeine Geschichte hineingeraten ist und ihm als Folge davon ein Auftragskiller auf den Fersen war, der ihn jetzt erst gefunden hat«, sagte Kleiweg. »Die Kugel, die durch seine Hand gedrungen ist, war eine Neun-Millimeter-Patrone, das gleiche Kaliber wie die Kugel, die man aus der Schulter der jungen Frau herausgeholt hat. Das will noch nicht viel heißen, es handelt sich um eine weit verbreitete Parabellum-Munition, aber wenn man blind im Nebel herumtastet, neigt man dazu, sich an jede Kleinigkeit zu klammern.«
    »Und diese … Frau?«
    Etwas im Klang ihrer Stimme ließ Kleiweg aufblicken, aber Judith starrte wieder aus dem Fenster, und ihr Profil verriet nichts. »Sie ist Serviererin in einer Autobahnraststätte, einfach nur ein nettes Mädchen. Sie hat nichts damit zu tun.«
    »Außer dass sie den Tod meines Mannes verursacht hat.«
    Er runzelte die Stirn. »Nehmen Sie es mir nicht übel, Mevrouw, aber das ist Unsinn. Die Frau war zufällig in der Nähe, als der Mörder seine Chance erblickte. Wenn es nicht dort geschehen wäre, wäre es früher oder später irgendwo anders geschehen. Es handelte sich um einen Auftragsmord, davon bin ich überzeugt.«
    Judith schwieg. Sie glaubte nicht an die Komplotte und mysteriösen Hintergründe, auf die sich die Polizei berief, weil sie den Fall nicht lösen konnte. Zufällig gerade in der Nähe. Nackt im Bett. Es gab kein »irgendwo anders«. Es gab nur dieses Gasthaus und diese kleine Hure in Bens letztem Augenblick. Sie drehte sich um. Ihr Gesichtsausdruck war undurchdringlich. »Was haben Sie jetzt vor?«
    »Wir haben die Daten per Computer weitergeleitet, auch international. Vielleicht kommt dabei etwas heraus.
    Manchmal spielt auch der Zufall mit. Ein Häftling verplappert sich bei irgendeiner anderen Sache, einem Tippgeber kommt etwas zu Ohren, irgendwo klingelt es bei jemandem.«
    »Vielen Dank, Inspecteur«, sagte Judith förmlich. Sie kam auf ihn zu und blieb viel sagend vor seinem Sessel stehen, mit einer Hand in Richtung Tür weisend. Es gab nicht mehr viel zu sagen.
    Kleiweg stand auf. »Ich bin mir nicht immer sicher, was das Vernünftigste ist«, sagte er, »aber vielleicht sollten Sie versuchen, die Vergangenheit Ihres Mannes und diese ganze traurige Angelegenheit zu vergessen, und einfach Ihr Leben weiterleben.« Er hörte selbst, wie hohl seine Worte klangen.
    Judith dankte ihm ohne eine Spur von Ironie für seinen guten Rat und ging ihm voraus in den Flur. Sie schloss die Tür hinter ihm und lehnte sich einen Augenblick lang dagegen.
    Das Einzige, wofür sie dankbar sein konnte, war, dass sie die Polizei los war. Auch die Medien würden sie jetzt wahrscheinlich in Ruhe lassen, es gab nichts mehr zu holen, die Geschichte war erzählt. Ben war begraben, die Polizei weg, das Haus verlassen.
    Judith konnte ihre eigene innere Leere nur mit Wut füllen. Die einzige Medizin, nach der sie verlangte, war Rache.
    Sie rief Johan an, er solle ihren Mercedes vorfahren.
    Letty servierte hinter der zugeschobenen, beweglichen Zwischenwand auf der Seite mit dem Weidenblick Kaffee. Ein errötender junger Salesmanager mit Flipchart und anderen Hilfsmitteln brachte Vertretern, die selbst einen erheblich erfahreneren Eindruck machten als er, Verkaufstechniken bei.
    »Wieder eine, die Isabelle sprechen will«, sagte Eelco, als sie zurück an den Tresen kam. Er nickte hinüber zu Tisch vier. »Sie will den Manager sprechen. Eine Journalistin, glaube ich.«
    Letty folgte seinem Blick und wurde starr vor Schreck. »Vielleicht solltest du mal zum Augenarzt gehen.«
    »Warum denn?«
    Sie ging nicht weiter darauf ein. »Was hast du ihr geantwortet?«
    »Dass Meneer van Houten beschäftigt ist und

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