Isarbrodeln
schon draußen sitzen.«
»Das machen wir, Moni. Es wird Clara sicher guttun, wenn sie aus ihrer Bude rauskommt.« Anneliese zog ihren dunkelgrauen Lodenumhang über und setzte ihren neuen roten Hut auf. Sie war vorhin einfach so bei Monika hereingeschneit, weil ihr zu Hause todlangweilig gewesen war, wie sie gemeint hatte. Als Monika ihr einen Kaffee anbieten wollte, hatte sie die Idee mit Clara gehabt und Monika vorgeschlagen, doch einfach bei ihr anzurufen.
»So, der Sommer kann kommen«, meinte sie jetzt. »Wie findest du eigentlich meine neue Kopfbedeckung?«
»Hübsch, Anneliese. Das Rot passt super zu deinem Lodencape. Und zu deinem blonden Pagenkopf und den grünen Augen natürlich auch.« Monika nahm ihre rote Lederjacke vom Haken.
»Finde ich auch. Als ich ihn in Schwabing im Schaufenster liegen sah, musste ich ihn unbedingt haben. Erst hatten sie ihn in meiner Größe nicht da. Aber ich habe ihn gleich bestellt und zwei Tage später konnte ich ihn abholen. Er war gar nicht mal so teuer. Ich meine, wenn man bedenkt, dass es ein echtes Modell aus Mailand ist. Von Borsalino, direkt aus der Via Della Spiga. Super. Oder?«
»Echt super, Anneliese«, stoppte Monika den Redeschwall ihrer Freundin und hoffte, dass nicht noch weitere langatmige Erlebniserzählungen über den ›tollen neuen Hut‹ nachkamen.
Draußen war es herrlich. Die Sonne hatte die Luft im Laufe des Vormittags angenehm aufgewärmt und die Vögel zwitscherten fröhlich vor sich hin. Genau der richtige Moment für einen kleinen Spaziergang.
Als sie beim ›Da Giovanni‹ ankamen, erwartete Clara sie bereits fertig angezogen in Jeans und warmer, weißer Wolljacke vor der Tür. Sie sah schon wieder viel besser aus als in den letzten Tagen.
»Hallo, Clara. Mein herzliches Beileid noch mal.« Anneliese, die ihr bereits gestern am Telefon kondoliert hatte, umarmte sie fest.
»Danke, Anneliese. Es ist nicht leicht.« Clara schniefte.
»Das glaube ich gern. Er war so ein feiner Kerl.«
»Stimmt. Das war er. Alle haben ihn gemocht.« Jetzt bahnten sich ein paar kleine Tränen den Weg über ihre immer noch blassen Wangen.
»Also, los, Kinder. Lasst uns gehen. Ein schöner Schluck Kaffee und etwas Sonne, dann sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus.« Monika wollte Clara von ihren trüben Gedanken ablenken. So weit das möglich war. Das Begräbnis morgen wird noch hart genug für die Ärmste, dachte sie. Da ist es jetzt allemal besser, wenn sie sich mal mit anderen Dingen beschäftigt. »Der Apfelstrudel in dem kleinen Café hinter dem Tierpark ist die reinste Offenbarung«, fuhr sie fort. »Die servieren ihn mit Sahne und Vanilleeis. Da könnte ich mich glatt reinlegen.«
»Also, dann. Nichts wie los«, meinte Anneliese fröhlich. Auch sie wusste natürlich, dass Clara gerade nichts anderes als ein wenig liebevolle Aufmunterung brauchte.
Sie näherten sich ihrem Ziel über eine kleine Wanderung durch die zartgrünen Isarauen. Dort genossen junge Mütter hinter ihren bunten Kinderwägen die warme Frühlingssonne. Zahlreiche Hundebesitzer ließen ihren treuen vierbeinigen Freunden freien Lauf. Und das ein oder andere ältere Ehepaar kam ihnen lächelnd entgegenspaziert. Wie es schien, waren München und seine Bewohner nach dem langen, oft so deprimierend grauen Winter nun wieder mit dem Schicksal versöhnt.
Eine halbe Stunde später standen die drei Freundinnen vor dem Café. Die sonnige Terrasse war sehr gut besucht. Anneliese erspähte jedoch gleich einen freien Tisch und eilte schnell hin, um ihn zu besetzen, bevor jemand anders auf die Idee kam. Sie setzten sich. Monika und Anneliese nahmen Clara dabei in die Mitte. Toll! Es war warm, gemütlich und die Leute rund umher schienen ob des guten Wetters ausnahmslos bester Stimmung zu sein.
»Ihr müsst unbedingt den Apfelstrudel probieren«, schlug Monika vor, die gerade eine der bunten Speisekarten, die auf dem Tisch herumlagen, aufgeschlagen hatte. »Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole. Aber der schmeckt wirklich genial.«
»Na gut. Dann würde ich sagen, wir nehmen alle dasselbe. Drei Haferl Kaffee und drei Apfelstrudel mit allem Drum und Dran.« Anneliese blickte die anderen auffordernd an. »Sahne, Vanillesauce und Vanilleeis«, fuhr sie dann fort. »Da freut sich die Bauchspeicheldrüse. Einverstanden?«
»Einverstanden!« Monika schlug ihre Speisekarte ungelesen wieder zu und legte sie zu den anderen zurück.
»Ich will aber lieber Espresso statt Kaffee«,
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