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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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Eine Zeit lang irrte er heimatlos kreuz und quer durch Phantásien. Er versuchte sich mit ein paar Räubereien über Wasser zu halten, scheiterte aber jämmerlich, weil ihm das Schwert den Gehorsam verweigerte und sich partout nicht aus der Scheide ziehen ließ. Bei einer Wüstendurchquerung wurde es Elster zur kräftezehrenden Last, und er warf es einfach fort.
    Schließlich erreichte er die Alte Kaiser Stadt. Elsters Schicksal wird von den phantásischen Historikern gerne als Beweis dafür angeführt, dass jeder, der sich zum Kaiser über die Innere Welt berufen fühlt, sich irgendwann zum Idioten macht. Wie dem auch sei, Elster wurde wieder sesshaft und machte mit einem verrückten Waldschrat, der übrigens Skrzat hieß, eine gut gehende Haarspalterei auf. Obwohl ihre Tätigkeit völlig sinnlos war, erlangten die beiden damit noch einmal großen Ruhm. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.

    ∞
      

    Der große Wolf schnappte schneller zu, als der unechte Kollek-Tibe reagieren konnte. Unversehens fand sich der Wechselbalg, der eben noch von den Ereignissen in Elsters Haus berichtet hatte, im Magen seines Auftraggebers wieder. Gmork pflegte seine Helfer üblicherweise nicht zu verschlucken – vertrauenswürdige Halunken waren schwer zu finden –, aber in diesem besonderen Fall machte er eine Ausnahme. Er wollte den Reitern auf dem vorüberfliegenden Glücksdrachen zeigen, was sie von einem herzlosen Wesen wie ihm zu erwarten hatten.

    ∞
      

    »Ach du liebes bisschen! Er hat ihn einfach verschluckt. Habt ihr das gesehen?«, stieß Karl hervor. Er saß wieder hinter Qutopía und Herrn Trutz. Die Fuchur umkreiste in einem weiten Bogen die Phantásische Bibliothek. Im Abendrot saß auf einem Hügel aus bräunlichem Gras – nun allein – der ochsengroße Wolf.
    Der Meisterbibliothekar nickte mit versteinerter Miene. »Das muss Gmork sein. Hat wohl gehofft, wir würden von hier oben nicht bemerken, was er tut.«
    »Was sagt der Kompass?«, rief Qutopía von vorn.
    Karl schob den linken Ärmel des Mantels hoch. »Wie festgebacken.«
    »Dann ist der gefiederte Spion vermutlich schon verdaut.«
    »Manchmal kann Pflichterfüllung tödlich sein.« Karl blickte dem Wolf nach, der ohne allzu große Eile den Hügel hinabtrottete. »Wartet mal! Ich habe eine Idee.« Rasch löste er den yskálnarischen Kompass vom Handgelenk und visierte Gmork durch das Justierloch an. Danach kontrollierte er den Stengel, der aus einem andrusischen Vergissmeinnicht stammte. Die grüne Kompassnadel richtete sich zitternd auf den Werwolf aus. »Ich habe ihn markiert.«
    »Sie haben was?«, fragte Herr Trutz.
    »Gmork. Der Kompass ist auf ihn ausgerichtet. Jetzt können wir ihn finden, egal wohin er geht. Am besten, wir nehmen gleich die Verfolgung auf.«
    Der Alte schüttelte den Kopf. »Sie sind ja gar nicht wiederzuerkennen, junger Freund. Trotzdem sollten wir nichts überstürzen, sondern uns erst einmal gründlich beraten. Sie haben mir da auf dem Flug ein paar Dinge erzählt, die ich noch nicht zusammenbekomme. Lasst uns landen, Kinder. Möglichst dicht bei der Bibliothek, wenn ich bitten darf. Ich spüre mein altes Hinterteil nämlich nicht mehr.«
    Das Drachenmädchen landete die Fuchur sicher und sanft auf der Wiese vor dem Bücherturm. Es wehte ein eisiger Wind. Die Borkentrolle versahen noch immer treu ihren Wachdienst, aber die meisten ihrer Blätter waren abgefallen. Schon aus der Luft hatte Karl die besorgniserregenden Veränderungen in der vormals so grünen Landschaft gesehen. Es war kein normaler Herbst, der den Lebenssaft in der Natur immer zäher werden ließ, sondern die rätselhafte Krankheit. Nicht mehr lang, und alles würde unter einem Eispanzer erstarren.
    »Wie geht es dir, Knarz, du alter Wurzelgnom?«, begrüßte Herr Trutz den Wächter, der vor dem Haupteingang des Bücherturms Posten stand.
    »Ach«, antwortete der mit tiefer, trauriger Stimme und knarrte lang – für Borkentrolle war das gleichbedeutend mit einem tiefen Seufzer. »Ich fühle mich saftund kraftlos. Meine Jahre sind gezählt, fürchte ich.«
    »Jetzt male nicht Donnerund Blitzschlag an den Himmel. Eine alte Borkenhaut wie du steckt diese kleine Kälte doch mit Leichtigkeit weg.«
    »Schön wär's. Ich bin nicht der einzige unter uns Wächtern, die über Astreißen klagen. Aber lass uns über etwas anderes reden, sonst werde ich noch schwermütig. Hier haben sich alle große Sorgen um dich gemacht,

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