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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Isenhart gesattelt hatte.
    Auch trug der junge Schmied ein Schwert umgeschnallt. Trotz der Sorge und Eile, die ihn antrieben, wusste Sigimund von Laurin diese Bereitschaft zu schätzen. Isenhart stammte aus dem Gesinde, er schuldete ihm nichts – ganz im Gegenteil –, aber diese Geste berührte etwas in seinem Inneren.
    Sigimund schenkte Isenhart ein bedauerndes Lächeln und schüttelte den Kopf. Dann bestieg er sein Pferd und sprengte davon.
    Isenhart rang mit sich, aber dann sprang er aufs Pferd und trabte zum Tor, um festzustellen, dass Walther von Ascisberg seine Gedanken erraten hatte und ihn dort abpasste. Mit sanfter Hand nahm er ihm die Zügel ab.
    »Er ist allein«, brachte Isenhart besorgt hervor.
    Von Ascisberg nickte in dieser unnachahmlichen Art. Niemals schien er die Ruhe zu verlieren. »Allein ist er schneller. Wir beide wären nur Ballast.«
    Also hatte Walther von Ascisberg dem Burgherrn ebenfalls seine Begleitung angeboten.
    »Wir könnten ihm helfen.«
    »Unser Herrgott muss ihm jetzt Stab und Stecken sein.«
    Isenhart zögerte, aber dann gab er nach und stieg vom Pferd. Seine Reise ins Heilige Land hatte nach dreißig Fuß geendet.
    Von Ascisberg hatte wieder einmal recht, wie Isenhart später erfuhr.
    Sigimund von Laurin folgte ab Regensburg der Donau bis ins Herzogtum Österreich. Dort erfuhr er Ende Juni, dass das Heer der Kreuzfahrer sich bereits vervierfacht hatte. An die 100   000 Mann sollten unterwegs sein.
    Konrad war entzückt.
    Abertausende Männer ritten und marschierten gen Jerusalem, um die Stadt zurückzuerobern und Sultan Saladin seinerseits eine Lehre zu erteilen, die er nicht vergessen sollte. Wenn Gott einen Blick hinab nach Ungarn warf, so dachte Konrad, mussten seine Augen von unzähligen Ritterrüstungen geblendet sein, die den Sonnenschein reflektierten.
    Und er war einer von ihnen.
    Zu Tausenden verrichteten sie im Unterholz am Wegesrand ihre Notdurft; am vierten oder fünften Morgen streifte Konrad seine Scham darüber ab. Täglich erkundete die Vorhut das Gelände, denn obwohl König Béla III . von Ungarn dem Kaiser freies Geleit zugesichert hatte, wollte Barbarossa kein Risiko eingehen.
    Ohne dessen gewahr zu werden, entvölkerten die Kreuzzügler die Gegenden, durch die sie zogen, denn Béla  III . hatte die Versorgung des Heeres durch die ansässigen Fürsten und damit auf dem Rücken der dort lebenden Bauern versprochen. Pro Tag verzehrten die Durchziehenden 1500 Kilo Getreide, 1000 Schweine und ebenso viele Rinder. Bauern und kleine Fürstentümer wurden um ihre Existenz gebracht.
    Ständig kam es wegen der Versorgungslage zu Engpässen, und man füllte die Lücken mit Beeren, Mais, Fallobst und Ziegenkäse. Die Versorgung mit Trinkwasser band sie zudem eng an den Verlauf von Flüssen und Bächen.
    Das Heer erstreckte sich auf eine Marschlänge von einer Tagesreise – brach die Vorhut bei Morgendämmerung auf, erreichte die Nachhut gerade erst das Lager.
    Konrads Augen schöpften aus dem Vollen. Prächtige Rüstungen und geschmückte Pferde, wohin er auch blickte. Die Grenzen zwischen hohem und niederem Adel verschmolzen beim abendlichen Feuer, sie alle einte eine einzige Mission: Jerusalem.
    Das machte sie zu Brüdern, die einander mit Hilfsbereitschaft und Rücksicht begegneten. Das erste Mal hörte er nicht nur von dem christlichen Gedanken, sondern war von ihm durchdrungen. Es war die beste Zeit seines Lebens.
    Und in Ungarn konnte er sogar einen Blick auf den Kaiser erhaschen.
    Patrick von Cannstatt überragte ihn um halbe Kopfeslänge; der junge Mann war – im Gegensatz zum trägen Dolph von Grundauf – ein Draufgänger nach Konrads Geschmack. Gegen Abend brach er regelmäßig ins Umland auf, um wenig später zurückzukehren und ihr Abendmahl mit örtlichen Köstlichkeiten zu bereichern.
    Konrad hatte seinen Vater um ein Pferd und eine komplette Ausrüstung geprellt – und er hatte ihn belogen. All das lastete schwerer auf ihm, als er zunächst vermutet hatte. Aber Dolph und Patrick sprachen ihm Mut zu. Von Vaterliebe war die Rede und von dem Stolz, den Sigimund von Laurin ganz sicher empfand. Das beruhigte Konrad zwar ein wenig, doch waren die aufmunternden Worte nicht dazu angetan, seine Zweifel gänzlich zu zerstreuen.
    Die Burg Laurin wurde in Konrads Gedanken zu einer schönen, aber vagen Erinnerung, die mit jedem neuen Tagesanbruch mehr verblasste.
    Im August überschritt das Heer die Grenze des Oströmischen Reiches. Kaiser Isaak  II .

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