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Ismael

Ismael

Titel: Ismael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Quinn
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Privatdetektiv zu engagieren. Als ich aber in Gedanken das Gespräch probte, mit dem ich ihn auf seine Aufgabe vorbereiten mußte, nahm ich davon Abstand. Doch ich konnte nicht einfach aufgeben und nichts tun, also rief ich beim städtischen Zoo an und fragte, ob man dort zufälligerweise einen Flachlandgorilla reinbekommen habe. Der Mann am Telefon verneinte. Darauf sagte ich, ich hätte einen Gorilla, den ich unbedingt loswerden müsse, ob der Zoo ihn haben wolle. Der Mann verneinte wieder. Ich fragte, ob er jemanden kenne, der vielleicht einen Gorilla bräuchte, und er sagte nein, er kenne niemanden. Dann fragte ich, was er tun würde, wenn er unbedingt einen Gorilla loswerden müßte. Es gäbe vielleicht das eine oder andere Labor, das einen Gorilla als Versuchstier brauchen könne, sagte der Mann, aber ich merkte, daß er mir gar nicht mehr richtig zuhörte.
    Eines war klar: Ismael hatte Freunde, von denen ich nichts wußte - vielleicht ehemalige Schüler. Ich sah nur eine Möglichkeit, wie ich sie erreichen konnte - und wie wahrscheinlich auch Ismael sie gefunden hatte: eine Anzeige in der Zeitung.
    Freunde von Ismael:
    Ein weiterer Freund hat den Kontakt verloren.
    Bitte ruft an und sagt mir, wo Ismael ist.
    Die Anzeige war ein Fehler, denn jetzt hatte ich eine Entschuldigung, mein Gehirn abzuschalten. Zuerst wartete ich darauf, daß die Anzeige erschien, dann wartete ich eine Woche, in der sie täglich abgedruckt wurde, dann wartete ich noch einige Tage auf einen Anruf, der nicht kam, und so vergingen zwei Wochen, in denen ich keinen Finger rührte.
    Schließlich mußte ich der Tatsache ins Auge blicken, daß sich niemand auf die Anzeige melden würde. Ich mußte mir also eine
    neue Strategie einfallen lassen. Dazu brauchte ich ungefähr drei Minuten. Ich rief im Rathaus an und ließ mich mit der Person verbinden, die für die Auftrittserlaubnis von Schaustellern zuständig war.
    Gab es gerade einen Jahrmarkt in der Stadt?
    Nein.
    Hatte es im vergangenen Monat einen gegeben?
    Ja, der Darryl Hicks Carnival mit neunzehn Karussellen, vierundzwanzig Vergnügungsbuden und einem Schaustellerzelt war dagewesen. Die Schausteller waren aber schon vor einigen Wochen weitergezogen.
    War auch eine Tierschau dabei?
    Vergessen, ob so was auf der Liste stand.
    Vielleicht das eine oder andere Tier im Schaustellerzelt?
    Weiß nicht. Möglich.
    Nächste Station der Schausteller?
    Überhaupt keine Ahnung.
    Auch egal. Nach einem Dutzend Telefonanrufen wußte ich, daß die Schausteller als nächstes in einer vierzig Meilen weiter nördlich gelegenen Stadt Station gemacht hatten. Dort waren sie eine Woche geblieben, dann weitergezogen. Ich nahm an, daß sie wieder in Richtung Norden gezogen waren, und konnte die nächste Stadt, in der sie immer noch gastierten, mit einem einzigen Anruf ermitteln. Und tatsächlich, die Show warb jetzt mit »Gargantua, der Welt berühmtestem Gorilla« - dabei war dieses Tier, wie ich selbst wußte, seit rund vierzig Jahren tot.
    Mit einem Fahruntersatz neueren Datums wäre der Darryl Hicks Carnival eine Fahrt von anderthalb Stunden gewesen, aber mit meinem Plymouth, der im selben Jahr wie Dallas herausgekommen war, brauchte ich dazu zwei Stunden. Als ich ankam, herrschte gerade Hochbetrieb. Man kennt das. Solche Jahrmärkte sind wie Busbahnhöfe: Die Größe variiert, sonst ist alles gleich. Der Darryl Hicks Camival breitete auf einem Hektar Fläche den üblichen, als Unterhaltung getarnten Mist aus. Zwischen den Buden drängte sich der Pöbel, der Lärm war grauenhaft, und es stank nach Bier, Zuckerwatte und Popcorn. Ich schob mich durch das Gedränge, auf der Suche nach dem Schaustellerzelt.
    Ich habe den Eindruck, daß solche Zelte, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne (oder vielleicht nur aus Filmen meiner Kindheit), auf den Jahrmärkten von heute so gut wie ausgestorben sind. Wenn das stimmt, wollte der Darryl Hicks Carnival dem Trend der Zeit offenbar widerstehen. Als ich zu dem Zelt kam, führte gerade ein Feuerschlucker zum heiseren Gebrüll des Ausschreiers seine Kunststücke vor, aber ich blieb nicht stehen. Drinnen gab es viel zu sehen - das übliche Sammelsurium von Monstern, körperlich deformierten Menschen und Sensationsdarstellern, aber ich ignorierte sie alle.
    Ismael saß in einer dunklen Ecke, so weit wie möglich vom Eingang entfernt. Vor seinem Käfig standen zwei zehnjährige Jungen.
    »Ich wette, er könnte die Stangen herausreißen, wenn er wollte«, sagte der

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