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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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als ich ein kleiner Junge war. Irgendwie mochte ich diesen Namen. Er hat etwas von einem Solisten, aber er hat auch etwas Einsames.«
    Er sah mich wieder an, ganz lange, und wieder hatte ich dieses Gefühl, dass er in mich hineinsah, wie damals, bei unserer Ankunft, vor dem Berg Dois Irmaos , auf dem die Favela lag. Ich dachte an die Nacht, die wir zusammen hinter dem Felsen an der Bucht verbracht hatten. Er war so anders gewesen in dieser Nacht. Ich war so anders gewesen.
    »Er muss hier sein«, flüsterte Solo. »Er ist mein Vater und er kann uns doch nicht so … allein zurückgelassen haben.«
    Ich schwieg. Was hätte ich sagen sollen?
    Solos Vater hatte es getan. Er hatte uns allein gelassen.

Achtzehn
    A llein gelassen. Er wandte sich vom Monitor ab und starrte die kleinen runden Brandnarben auf seiner Handfläche an. Sie formten ein Muster. Ein Blumenmuster. Ein Kreis in der Mitte für die Blüte und fünf Kreise drum herum für die Blätter. Mit freundlichen Grüßen von den älteren Jungs aus dem Heim. Die Erzieherinnen waren zu dem Zeitpunkt, als er die Blume geschenkt bekam, leider gerade beschäftigt. Raucherpause auf dem Balkon.
    Er dachte an den kleinen Jungen, mit dem er damals im Heim sein Zimmer geteilt hatte. Anton – so war sein Name gewesen. Fast jede Nacht war er davon wach geworden, dass Anton im Traum nach seinem Vater gerufen hatte. Papa, Papa … gellende, verzweifelte Rufe, deren Echo er heute noch hörte, wenn er die Augen schloss. Antons Eltern waren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
    Bei ihm war es anders gewesen. Sein Vater lebte. Das hatten ihm die Erzieherinnen jedenfalls erzählt. Sie konnten ihm nur nicht sagen, wo. Und warum sein Vater ihn im Heim aufwachsen ließ, das konnten sie ihm auch nicht erklären. Nicht richtig jedenfalls. Da hatte er selbst einen Grund finden müssen.
    Sein Vater war Geheimagent. Sein Vater musste die Welt retten, und wenn er den Feinden erzählte, dass er einen Sohn hatte, dann würden sie ihn töten. Deshalb hatte ihn sein Vater im Heim versteckt – um sein Leben zu schützen. Und deshalb durfte er auch nicht über seinen Vater sprechen. Mit niemandem –schon gar nicht mit den großen Jungs.
    Aber wenn sein Vater den Feind erledigt hatte, dann würde er ihn hier rausholen. Und von da an würde es nur sie zwei geben. Sie zwei – gegen den Rest der Welt. An dieser Wahrheit hatte er sich festgehalten; in all den Nächten, in denen die Einsamkeit so übermächtig wurde, dass er glaubte, an ihr zu ersticken. Und an all den Tagen, an denen Ehepaare ins Heim kamen, um Kinder zu adoptieren. So wie Anton, der fortgegangen war, und die vielen anderen.
    Wie oft war das Bett neben ihm frei geworden? Er wusste es nicht mehr. Er wusste auch nicht, warum sich all diese Ehepaare niemals für ihn interessiert hatten. Im Grunde hatten sie ihn nicht mal wahrgenommen. Er war nicht klein, er war nicht dünn, er war nicht schwach, aber irgendwie war er immer … unsichtbar gewesen. Nur nicht für die älteren Jungs, die ihn quälten, wann immer sich eine Gelegenheit geboten hatte.
    Allein gelassen.
    Als er neun Jahre alt war, hatte er die Zeitschrift gefunden. Er hatte nicht verstanden. Aber gewartet hatte er immer noch und in seiner Vorstellung hatte sein Vater gegen immer größere Gefahren kämpfen müssen, die verhinderten, dass er kam. Sein Vater, der Superheld. Eines Tages würde er ihn holen.
    Er hatte gewartet, bis er zwölf war. Dann hatte er aufgehört.
    Er legte seine Handfläche auf Mirjams Bild und horchte in den Nachbarraum, in dem es jetzt still war.
    Draußen wurde es langsam hell.
    Er hatte in den letzten vier Tagen ungefähr fünf Stunden geschlafen.
    ALS ICH ERWACHTE, fiel helles Tageslicht ins Zimmer und vor meinem Bett saß Mephisto. Er hatte seine Schnauze auf meinen Arm gelegt und gab keinen Mucks von sich. Aber sobald er registrierte, dass ich wach war, sprang er auf und wedelte so wild mit dem Schwanz, dass sein ganzer Körper in Bewegung geriet. Er bellte zweimal und leckte mir mit seiner rauen Zunge über den Arm. Dann lief er an die Tür, wo er wieder bellte und sich zu mir umdrehte, als wollte er sagen: »Nun komm schon!« Ich fragte mich, ob Solo ihn zu mir geschickt hatte, und musste lächeln.
    Wie lange hatte ich geschlafen – und wie war ich überhaupt eingeschlafen? Ich hatte es gar nicht bemerkt, auch nicht, dass Solo das Zimmer verlassen hatte. Mein Körper fühlte sich an, als ob ich aus einer Narkose erwacht wäre, und als

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