Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)
schlüpfen. Doch nichts tut sich. Ich glaube, die kleinen Drachen kommen ohne ihre Mama nicht auf die Welt.“
„Das ist ja schrecklich“, flüsterte Aaniya. „Vielleicht sind die Eier schon längst abgestorben.“
„Nein, das sind sie nicht“, widersprach Tedolin. „ Grom hört ab und zu die Stimmen seiner Kinder. Jedenfalls erzählt er mir das immer, wenn ich ihn besuche.“
Aaniya und Goran drängten neugierig weiter, doch Tedolin stellte sich ihnen in den Weg.
„Wartet noch “, sagte der Niwi ernst. „Ich muss euch warnen. Wenn ihr mit Grom sprecht, dann sagt niemals, hört ihr, niemals die Wörter ‚Grogla‘ oder ‚Riesen‘. Darauf reagiert Grom sehr, sehr wütend.“
„ Vielleicht ist es besser, wenn wir gar nicht mit ihm reden“, meinte Goran verunsichert zu Aaniya.
„Quatsch. Komm“, erwiderte Aaniya ungeduldig und folgte Tedolin weiter den Gang entlang. Goran zögerte kurz, bevor er ihr nacheilte. Anscheinend war er jetzt plötzlich gar nicht mehr so begierig, Grom zu begegnen.
„ Wie können wir mit Grom sprechen?“, fragte Aaniya, während sie angespannt neben Tedolin herging. „Ich meine, versteht er uns?“
„Er versteht uns. Er kann sogar mit uns reden . Wir haben ihm unsere Sprache beigebracht“, erklärte Tedolin stolz.
Aaniyas Herz begann schnell und hart gegen ihre Brust zu schlagen. Ihre Finger, die verkrampft ihre Fackel hielten, waren schweißnass.
Ein paar Minuten vergingen, da endete der Gang abrupt in einer enorm hohen Höhle. Mitten in dem kreisrunden Felshohlraum lag ein riesiger Drache! Aaniyas Augen wanderten ehrfürchtig über den moosgrünen, schuppigen Lederpanzer des schlafenden Tieres. Dabei entdeckte sie zwei spiralförmige Hörner an Groms Hinterkopf und abgerundete, knöcherne Auswucherungen, die in regelmäßigen Abständen von den Schulterblättern bis hin zur Schwanzspitze wie Höcker aus der Wirbelsäule hervor wuchsen. Aaniya atmete ganz, ganz leise und betrachtete dabei Groms Kopf genauer. Er war so lang wie ihr gesamter Körper. Am Ende der krokodilartig zulaufenden Schnauze fiel ihr Blick sofort auf die beiden dolchartigen Zähne, die rechts und links neben den beiden runden Nasenlöchern aus dem Unterkiefer ragten.
Jetzt öffnete der Drache eines seiner Augen. Es leuchtete giftgrün. Die Pupille war schlitzartig.
„Was bringst du mir für Leute, Tedolin?“, fragte Grom mit grollender, tiefer Stimme und öffnete auch das andere Auge.
Aaniya merkte, wie Goran neben ihr nervös zurückwich.
„Ich habe dir Freunde von uns mitgebracht “, sagte Tedolin fröhlich. „Es ist ihr größter Wunsch, dich kennenzulernen.“
„Du weißt doch, dass ich nicht will, dass die Menschen mein Geheimnis kennen“, grollte Grom und hob seinen behörnten Kopf. Rauchschwaden stiegen aus seinen Nasenlöchern. Es roch nach verbranntem Schwefel.
„Diese beiden sind ganz besondere Menschen. Sie kommen aus Issilliba“ , erklärte Tedolin, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen.
„Aus Issilliba? Wirklich?“, fragte Grom erstaunt. Seine leuchtend grünen Augen kamen näher und wanderten forschend über Aaniya und Goran. „Ja, ihr seid tatsächlich Kleinmenschen“, knurrte er dann. „Lange war keiner von euch mehr hier bei uns. Wie heißt ihr?“
Mit pochendem Herzen spürte Aaniya die enorme Hitze, die von Grom ausging. „Ich bin Aaniya und das ist Goran“, sagte sie mit leicht zitternder Stimme. „Wir sind nur über die Berge gekommen, weil wir einen wichtigen Auftrag haben.“
„Welchen Auftrag?“, wollte Grom interessiert wissen und blies wieder ein paar Rauchwolken aus seiner Nase.
„Wir sollen für die Königin von Issilliba einen Zauberstein holen, der ihre Macht wieder stärkt.“
„So, so“, knurrte Grom. „Ich kenne keinen Zauberstein.“
Er breitete seine gewaltigen Flügel leicht aus, schüttelte sie und legte sie wieder an seinen Körper. Dabei schoss Aaniya eine Idee durch den Kopf - verwegen und genial zugleich. Wenn Grom sie zu Merzoru fliegen würde, wären sie viel schneller und außerdem gut beschützt. Aber wie konnte sie Grom nur davon überzeugen, ihnen zu helfen?
Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen.
„Ich habe von deinen Eiern gehört“, sagte sie langsam.
„Chhhhhhh“, fauchte Grom wütend und schaute Tedolin böse an. Der Niwi warf Aaniya einen mahnenden Blick zu.
„Ich habe die Hoffnung, dass der Zauberstein, den wir suchen, vielleicht auch dir helfen könnte“, fuhr Aaniya unbeirrt fort.
Aus ihren
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