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Ist es nicht schoen, gemein zu sein

Ist es nicht schoen, gemein zu sein

Titel: Ist es nicht schoen, gemein zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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ließ die ersten fünf
Minuten der Mathestunde sausen, um Daniel auf seinem Handy anzurufen. Sie
wusste, dass er donnerstags die vierte Stunde freihatte und wahrscheinlich
draußen im Schulhof hockte, Gedichte las und Kette rauchte. Das Münztelefon im
Gang vor der Treppe war gerade besetzt, also schlich sich Vanessa aus dem Schulgebäude,
um von einem der öffentlichen Telefone an der Ecke 93. Straße und Madison
Avenue aus anzurufen.
    Da die Unterstufler der
Riverside-Knabenschule den Schulhof blockierten und Brennball spielten, hatte
sich Dan auf die Verkehrsinsel in der Mitte des Broadways zurückgezogen, wo er
auf einer Bank saß, als sein Handy klingelte. Er hatte soeben »L'Etranger« von
Albert Camus aufgeschlagen, das sie dieses Halbjahr in Französisch als Lektüre
hatten. Dan war mehr als begeistert. Er kannte das Buch zwar schon in der
englischen Übersetzung, aber es war noch tausendmal cooler, das französische
Original zu lesen, zumal wenn man es mitten auf dem lärmigen, abgasverpesteten
Broadway tat, wässrigen Kaffee schlürfte und dazu eine Zigarette rauchte. Das
war echt hardcore. Während um ihn herum Leute mit festem Ziel an ihm
vorüberhetzten, fühlte sich Dan extrem abgehoben und dem Chaos des Alltags entrückt,
genau wie der Typ im Buch.
    Dan hatte dunkle Ringe unter
den Augen, weil er letzte Nacht keine Sekunde geschlafen hatte. Er hatte nur
noch einen Gedanken: Serena van der Woodsen. Sie spielten zusammen in einem
Film. Sie würden sich sogar küssen. Das war zu gut, um wahr zu sein.
    Arme Socke, wie Recht er damit
hatte.
    Sein Handy klingelte immer
noch.
    »Hallo?«, meldete sich Dan
endlich.
    »Hey. Ich bin's,
Vanessa.«
    »Hey.«
    »Du, ich muss mich beeilen.
Ich wollte dir nur sagen, dass Marjorie die Rolle kriegt«, sagte Vanessa
schnell.
    »Du meinst Serena.« Dan
schnippte die Asche ab und zog an seiner Zigarette.
    »Nein, ich meine Marjorie.«
    Dan atmete aus und umklammerte
sein Handy. Ȁh, Sekunde. Was sagst du da? Marjorie? Die rothaarige Kaugum-
mikauerin?«
    »Ja, genau die. Ich weiß
schon, wer von den beiden wer ist«, sagte Vanessa geduldig.
    »Aber Marjorie war total
scheiße, die ist nicht zu gebrauchen!«, rief Dan.
    »Ich fand es irgendwie gerade
gut, dass sie so scheiße war. Die ist eben nicht so glatt. Null Mainstream. Das
gibt dem Film so einen Indie-Touch, verstehst du? Sie ist überhaupt nicht das,
was man erwartet«, sagte Vanessa.
    »Damit hast du verdammt
Recht«, sagte Dan bitter. »Im Ernst, Vanessa, ich glaub, du machst da einen
Riesenfehler. Serena war super. Sie war absolut genial.«
    »Ja, kann sein, aber... ich
bin die Regisseurin, also treffe ich die Entscheidung. Und ich will Marjorie,
okay?« Vanessa hatte keine Lust sich anzuhören, wie genial Serena war.
»Außerdem hab ich in letzter Zeit üble Sachen über Serena gehört. Ich hab das
Gefühl, dass sie nicht sonderlich zuverlässig ist.«
    Vanessa war sich zwar ziemlich
sicher, dass die Gerüchte kompletter Stuss waren, aber es konnte nicht schaden,
Dan zu informieren.
    »Was meinst du damit?«, fragte
Dan. »Was für Sachen hast du gehört?«
    »Ach, dass sie so Pillen
herstellt, auf denen ein >S< eingestanzt ist, und irgendwelche schlimmen
Geschlechtskrankheiten hat«, sagte Vanessa. »Mit so jemandem will ich eigentlich
nichts zu tun haben.«
    »Wer hat dir das erzählt?«,
wollte Dan wissen.
    »Ich hab da so meine Quellen.«
    In diesem Moment brauste ein
Bus Richtung The Cloisters die Madison Avenue hinauf. An der Seite war ein riesengroßes
Poster angebracht, das einen Bauchnabel zeigte. Oder war es eine Schusswunde?
Daneben stand in krakeliger blauer Kleinmädchenschrift »Serena«.
    Vanessa starrte dem Bus
hinterher. Litt sie jetzt etwa schon unter Halluzinationen? Oder war Serena
wirklich allgegenwärtig? Bis hin zu ihrem Bauchnabel?
    »Ich glaub einfach nicht, dass
sie für unseren Film die Richtige ist«, redete sie weiter und hoffte, Dan milde
stimmen zu können, indem sie von »unserem Film« sprach. Es sollte ihr gemeinsamer Film werden, nicht nur
Vanessas.
    »Wie du meinst«, sagte Dan
frostig.
    »Also, wie ist es? Kommst du
am Freitag zu Ruby und mir nach Brooklyn und wir machen was zusammen?«, fragte
Vanessa, die sehr gerne das Thema gewechselt hätte.
    »Nö, glaub ich jetzt mal eher
nicht«, sagte Dan. »Ich muss. Tschüss.« Er warf das Handy wütend in seine
schwarze Kuriertasche.
    Heute Morgen war seine
Schwester Jenny mit rot geäderten Augen und tuscheverschmierten

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