Istanbul
bis zu 15.000 Hungrige. Heute – bzw. nach Abschluss der Restaurierungsarbeiten (nicht vor Ende 2011) wieder – dienen die Palastküchen als Ausstellungsräume diverser Sammlungen (Porzellan, Glas, Silberwaren und Küchengeräte).
Touristenrummel vor dem Diwan
Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes führt linker Hand das „Totentor“ (Meyyit Kapısı), durch das man früher die Leichname der im Palast Verstorbenen hinaustrug, in den tiefer gelegenen Hof der Hellebardiere (Baltacılar Avlusu).
Der Gebäudekomplex an dessen Westseite beherbergte einst die Stallungen für die schnellsten und edelsten Pferde des Sultans. Passend dazu wurde hier lange Zeit eine Sammlung mit Kutschen, Zaumzeug und Pferdegeschirr präsentiert. Zum Zeitpunkt der letzten Recherche wurden die Räumlichkeiten jedoch für wechselnde Ausstellungen genutzt. Die Museumsverwaltung überlegt aber, hier künftig wieder die Equipagensammlung zu zeigen.
Der Zutritt zu den Quartieren der Hellebardiere (Baltacılar Koğuşu) erfolgt – sofern mal wieder geöffnet – für die Besucher von heute vom zweiten Hof aus. Gleich daneben, ebenfalls im Schatten des „Turms der Gerechtigkeit“ (Divan Kulesi), befindet sich der Eingang zum Harem .
Rechts des Eingangs ragt ein von Arkaden umsäumter Komplex in den zweiten Hof, der Diwan (Divan). Im Eckraum tagten früher viermal wöchentlich die höchsten Würdenträger des Imperiums. Der Großwesir saß gegenüber der Tür. Oberhalb seines Platzes sieht man ein vergittertes Fenster. Dahinter lauschte der Sultan gelegentlich heimlich den Beratungen. In den angrenzenden Räumen im Stil des türkischen Rokoko befanden sich bis in die Mitte des 17. Jh. die Amtsräume des Großwesirs.
Gleich nebenan war die Finanzverwaltung untergebracht. Die Steuern und Tribute aus allen Provinzen des Reiches flossen hier zusammen. Damit wurden vierteljährlich die Gehälter der Beamten und Janitscharen bezahlt. Was übrig blieb, sackte der Sultan selbst ein. Nach der Restaurierung der Räumlichkeiten soll darin wieder die Waffensammlung (Silâh ve Zırh) des Palastes zu sehen sein.
Wer den dritten Hof nicht über den Harem betritt, gelangt dahin durch das Tor der Glückseligkeit (Bab-üs Saadet). Sein Rokokodekor erhielt es im 18. Jh. Unter dem ausladenden Baldachin saß einst der Sultan bei Krönungsfeierlichkeiten und Ordensverleihungen. Alljährlich dient es nun während des Internationalen İstanbuler Musikfestivals als stimmungsvolle Kulisse. Des Öfteren wurde hier schon Mozarts Oper Entführung aus dem Serail inszeniert.
Gleich hinter dem Tor steht der private Audienzsaal (Arz Odası), ein intimes, kleines Gebäude mit einem weit ausladenden, schattenspendenden Dach. Falls geschlossen, kann man durch ein vergittertes Fenster hineinblicken. Unter einem Baldachin prunkt der Thron, der zu gegebenem Anlass mit smaragdbestickten Brokaten drapiert wurde. Hier schenkte der Sultan ausländischen Gesandten Gehör. Bis ins 19. Jh. war es dabei üblich, dass der Großwesir die Konversation führte, denn der Sultan sprach nicht mit Nichtmuslimen. Das Plätschern des Wandbrunnens sorgte dafür, dass die Gespräche vertraulich blieben.
Ungefähr in der Mitte des dritten Hofes befindet sich die Bibliothek (Kütüphane), die Ahmet III. 1719 errichten ließ. Einst beherbergte sie rund 13.000 griechische, arabische und türkische Handschriften – heute steht sie leer.
İbrahim „der Verrückte“ (1640–1648)
Es bedarf keiner großen Phantasie, um zu erraten, weshalb Mehmet II. „der Eroberer“ genannt wurde oder Selim II. „der Säufer“. Auch Sultan İbrahims Beiname lässt Rückschlüsse auf seine Person zu, jedoch weniger auf sein Handeln. Verrückt nannte man ihn z. B. deshalb, weil er gerne mit der Armbrust vom Alay Köşkü wahllos auf Passanten schoss. Doch der Sultan hätte auch noch ganz andere Beinamen verdient: Aufgrund fehlender Manneskraft begab er sich kurz nach seiner Inthronisierung in die Obhut eines Mannes namens Cinci Hoca, der den Ruf eines „Wunderdoktors“ hatte und diesem auch gerecht wurde. Schon bald erlebte der Harem einen wahren Kindersegen. Aber damit nicht genug. Als ob er nun als Kraftprotz der Sinneslust in die Geschichte eingehen wollte, soll İbrahim später damit begonnen haben, seine Potenz auch vor Zuschauern unter Beweis zu stellen. Ein legendärer Held ist er für viele Türken in vertrauten Männergesprächen auf jeden Fall noch immer. Der nicht nur verrückte, sondern auch
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