Italien zum Verlieben (German Edition)
hörte weiter interessiert zu.
"Also habe ich begonnen, alles, was es in dieser
Richtung an Büchern gab, mir Stück für Stück
vorzunehmen, den Koran, den Talmud, das buddhistische Theravada und
vieles mehr. Ich habe sogar einige Zeit in Indien verbracht. Ich
wollte mit aller Gewalt wissen, was es nur damit auf sich hat, dass
so viele Menschen an das Übernatürliche glauben und ich
wollte auch selbst einen Sinn für mein Dasein finden. Und ich
muss sagen, nichts hat mich so fasziniert und derart fesseln können
wie unsere Bibel. Sie scheint mir einfach vollständig zu sein,
verstehst du? Und alles ist so schlüssig. Ist der Gedanke nicht
wunderbar, einen liebevollen Gott zu haben, der uns aus unserem
selbstsüchtigen Leben retten möchte? Dass wir nur an Jesus
Christus glauben müssen, der für all unsere Schuld bezahlt
hat?" Toni machte wieder eine kleine Pause und Anna sah ihn an.
"Ich habe damals oft mit deiner Mutter über
dieses Thema gesprochen, als sie so krank wurde und selbst
verzweifelt nach etwas Höherem gesucht hat. Zuerst hat sie noch
scherzhaft gesagt, ich könnte doch Pfarrer werden, doch dann hat
sie begonnen in der Bibel zu lesen, die ich ihr geschenkt habe."
"Die war von dir?" Anna erinnerte sich. "Sie
lag immer auf ihrem Nachttisch und ich habe oft gesehen, wie sie
darin gelesen hat. In den vergangenen Jahren hatte sie dann mein
Vater und so viel ich weiß, hat zuletzt auch er sie gelesen."
Tonis Gesicht hellte sich auf. "Das freut mich zu
hören, Anna. Dann bin ich mir auch sicher, dass dein Vater
dasselbe erkannt hat, was deine Mutter mir kurz vor ihrem Tod
bestätigte: nämlich dass sie glaubte, was dort drin steht
und ihr Leben in Gottes Hände gelegt hat. Und somit brauchst du
dir keine Sorgen machen, mein Kind. Sie sind bestimmt im Himmel und
warten darauf, dich irgendwann wiederzusehen."
Auch wenn Anna diese Worte ihres Onkels sehr trösteten,
konnten sie doch nicht die großen Zweifel überdecken, die
sie bei dieser Sache hatte.
"Weißt du Toni, ich würde das alles nur
zu gern glauben, es klingt wirklich sehr tröstlich, aber wie
kann ich denn?" Sie spielte mit ihren Fingern. Sie wünschte
sich sehr, dass ihr Onkel recht hatte, doch konnte sie ihren Verstand
nicht ignorieren. "Und ich wusste auch gar nicht, dass du so ein
Träumer bist. Du hast doch gesagt, dass du genau wie ich auch,
immer allen Dingen auf den Grund gehen willst. Verstehst du, wie kann
ich denn etwas glauben, das doch bereits vor hundertfünfzig
Jahren mit der Evolutionstheorie wissenschaftlich widerlegt worden
ist? Ich meine, das sind handfeste Beweise, Fakten, das kann man doch
nicht ignorieren? Wie könnte ich an etwas glauben, nur weil es
mir ein gutes Gefühl gibt, gleichzeitig aber völlig frei
erfunden ist? Damit würde ich mich doch selbst belügen!"
Toni blickte sie an. "Ich könnte dir jetzt
vieles erzählen, weißt du, es gibt weltweit inzwischen
sehr viele anerkannte Wissenschaftler, die sich mit diesem Thema
befassen und der Meinung sind, die Evolutionstheorie würde gar
nicht in dem Maße funktionieren, wie Darwin es damals dachte.
Auch ganz berühmte Menschen hatten solche Andeutungen gemacht,
denk doch allein an Einstein, Newton, Pascal. Es ist heutzutage nur
schwer für die Gesellschaft eine einmal festgesetzte Meinung
wieder zu ändern. Ich glaube, dass es wohl wahrscheinlicher ist,
dass Gott die Welt in sieben Tagen geschaffen hat, als dass es eine
Jahrmilliarden dauernde Evolution gegeben hat. Doch das ist meine
Meinung und ich würde mich freuen, wenn du dir deine eigene
machen würdest. Du musst nur anfangen, die Dinge, die du so
hörst, selbst nachzuprüfen und nicht alles zu glauben, was
dir so erzählt wird. Das ist übrigens auch das, wozu die
Bibel immer wieder auffordert, ganz besonders für diese Zeit in
der wir jetzt leben."
Anna fühlte sich ein wenig erschlagen von den
Worten ihres Onkels. Selbstverständlich war sie immer der
Meinung gewesen, man müsste über alles die Wahrheit ans
Licht bringen und sie fühlte sich auch von ihrem Onkel
herausgefordert, seine wilden Vermutungen zu widerlegen. Wer weiß,
vielleicht würde sie sich ja einmal die Zeit nehmen und diese
Dinge tatsächlich nachprüfen, ihr Ehrgeiz war zumindest
geweckt, doch für den Moment brauchte sie erst einmal etwas Ruhe
und so dankte sie ihrem Onkel und versprach, darüber
nachzudenken. Sie holte das Rad aus dem Schuppen und fuhr in Richtung
Vaiano davon.
Die Luft war warm und es wehte eine angenehme
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