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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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ist mein Schuldner. Siehst du wohl, ich habe deine Spur so lange verfolgt, bis ich dich endlich erwischt habe.«
    Die Gerichtsdiener und der Notar nahmen ihn fest und schickten sich an, ihn hinwegzuführen. Der Dicke aber wandte sich an den, der ihn greifen ließ, und sprach: »Was habe ich mit dir zu schaffen, der du mich festnehmen läßt? Sage, sie sollen mir die Freiheit geben! Du nimmst mich für einen andern, denn ich bin nicht der, für den du mich hältst, und du begehst schweres Unrecht, daß du mir diese Schmach antust, während ich gar nichts mit dir zu schaffen habe. Ich bin der dicke Tischler und nicht Matteo und weiß nicht, für was für einen Matteo du mich ausgibst.«
    Hiermit wollte er anfangen, sich zu widersetzen, da er groß und sehr kräftig war. Sie fielen ihm aber rasch in die Arme und hielten ihn; der Gläubiger trat vor ihn hin, faßte ihn scharf ins Auge und sagte: »Wie? Du hast nichts mit mir zu schaffen? So? Ich sollte den Matteo, meinen Schuldner, nicht kennen und nicht wissen, wie der dicke Tischler aussieht? Du stehst in meinem Schuldbuche, und ich habe das Urteil gegen dich schon ein Jahr lang erwirkt trotz deiner Schliche. Du hast ganz recht, wie ein Schuft zu sagen, du seiest nicht Matteo; du wirst aber schon lernen müssen, mich zu bezahlen, statt, dich zu einem andern zu machen. Führt ihn nur hinweg, und wir wollen sehen, ob du derselbe bist.«
    Unter solch heftigem Gezänk führten sie ihn auf das Handelsgericht, und weil es fast schon die Zeit des Abendessens war, trafen sie weder unterwegs noch an Ort und Stelle jemand an, der sie kannte. Dort angelangt schrieb der Notar scheinbar einen Verhaftbefehl auf Matteos Namen ein; man brachte ihn ins Gefängnis, und wie er hineintrat, drängten sich die andern Gefangenen, die den Lärm bei seiner Ankunft vernommen hatten und ihn öfters Matteo nennen hörten, ohne ihn zu kennen, heran und sagten alle: »Guten Abend, Matteo, was soll denn das bedeuten?«
    Als der Dicke sich von allen diesen Leuten Matteo nennen hörte, schien es ihm fast ausgemacht, daß er es sei, und er sagte, nachdem er ihren Begrüßungen geantwortet hatte, ganz verwirrt: »Ich soll da einem, der mich hat festnehmen lassen, eine Summe Geldes geben, aber ich will mich morgen bei guter Zeit losmachen.«
    Die Gefangenen sagten: »Du siehst, wir sind eben beim Abendessen. Halt es mit uns, und dann morgen früh magst du dich freimachen. Aber wir können dir aus Erfahrung sagen, daß man hier immer länger bleibt, als man glaubt.«
    Der Dicke speiste mit ihnen, und nach der Mahlzeit räumte ihm einer den schmalen Rand seines Lagers ein, indem er sagte: »Matteo, richte dich heute nacht hier ein, so gut du kannst! Morgen früh, wenn du loskommst, so ist es gut; wo nicht, so schickst du nach deinem Hause um eine Decke.«
    Der Dicke dankte ihm; sie legten sich nieder, um zu schlafen; er aber begann im stillen folgende Überlegungen: »Was will ich machen, wenn ich einmal aus dem Dicken der Matteo geworden bin? Und das kommt mir nun ziemlich gewiß vor nach all den Zeichen, die ich gesehen habe. Schicke ich nach Hause zu meiner Mutter und der Dicke ist dort, so machen sie sich lustig über mich, und man wird sagen, ich sei verrückt geworden. Auf der andern Seite scheint es mir aber doch immer noch, ich sei der Dicke.«
    Und unter solchem Selbstgespräch, bald seiner Sache gewiß, daß er Matteo, bald, daß er der Dicke sei, kam der Morgen heran, fast ohne daß er geschlafen hatte. Als es Tag wurde, erhob er sich, trat an das Fensterchen an der Tür des Gefängnisses und dachte, er müsse gewiß eines Menschen habhaft werden, der ihn kenne. Während er so wartete, trat in das Handelsgericht ein junger Mann namens Giovanni di Messer Francesco Rucellai, der auch zu jener Gesellschaft gehörte und an dem Abendessen sowie an der spaßhaften Verschwörung teilgenommen hatte. Er war ein guter Bekannter des Dicken, der für ihn eben einen Himmel zu einer heiligen Jungfrau anfertigte, und erst gestern war er eine gute Weile bei ihm in der Bude gewesen, um die Arbeit zu beschleunigen, und der Dicke hatte ihm versprochen, ihm in vier Tagen den Rahmen vollständig zu liefern. Wie nun Giovanni in das Gerichtshaus getreten war, streckte er seinen Kopf in den Flur, auf den das Fenster der Gefängnisse ging, das in jener Zeit zu ebener Erde war, und wo sich der Dicke befand. Sobald er Giovanni erblickte, lächelte er und sah ihn an; Giovanni sah ihn auch an und sagte, als ob er ihn

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