Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
Vom Netzwerk:
niemals gesehen hätte: »Was lachst du, Freund?«
    Der Dicke, dem es vorkam, er werde von jenem nicht erkannt, sagte: »Oh, ich lache über weiter nichts. Sagt mir, kennt Ihr nicht einen, den man den Dicken nennt, der gleich dort hinten am Platz San Giovanni wohnt und ausgelegte Holzarbeiten macht?«
    »Ei freilich«, sagte Giovanni. »Ich kenne ihn wohl. Er ist mein guter Freund, und gerade will ich zu ihm gehen wegen einer kleinen Arbeit, die er mir macht.«
    Der Dicke fuhr fort: »Ach, so tut mir doch den Gefallen, da Ihr ohnehin zu ihm gehen müßt, und sagt ihm: Es sitzt im Handelsgericht einer deiner Freunde gefangen und bittet dich, du möchtest ihm doch den Gefallen tun, einen Augenblick bei ihm vorzusprechen.« Giovanni sagte, indem er ihm fortwährend fest ins Gesicht sah und nur mit Mühe das Lachen verhalten konnte: »Das will ich gern tun.«
    Damit ging er weiter seinen Geschäften nach. Der Dicke aber blieb am Fenster des Gefängnisses und sagte bei sich selbst: »Nun kann ich sicher sein, daß ich nicht mehr der Dicke, sondern daß ich Matteo geworden bin. Verwünscht sei mein Schicksal! Denn wenn ich die Sache sage, so werde ich vollends für närrisch gehalten, und auf der Gasse laufen mir die Kinder nach; sage ich aber nichts, so können noch hundert Mißverständnisse vorkommen, wie das von gestern abend, daß ich festgenommen wurde; so bin ich also auf jeden Fall übel daran. Wir wollen aber doch sehen, ob der Dicke kommt. Wenn er kommt, so erzähle ich es ihm, und wir werden sehen, was das heißen soll.«
    Er wartete in dem Wahne, dieser werde kommen, eine geraume Zeit; als er aber nicht kam, trat er zurück, um einem andern Platz zu machen, und stierte das Pflaster zu seinen Füßen an oder blickte mit gefalteten Händen auf zur Decke. Es war dieser Tage in dem besagten Gefängnisse schuldenhalber auch ein Richter in Haft, ein ganz wackerer Mann, ebenso durch den Ruf seiner allgemeinen Bildung als seiner Gesetzkunde bekannt, dessen Name aus Achtung vor ihm hier verschwiegen werden soll. Dieser kannte zwar den Dicken nicht; doch da er ihn so schwermütig sitzen sah und sich einbildete, er sei um seine Schuld betrübt, gedachte er ihn ein wenig zu trösten und sagte zu ihm: »Ei, Matteo, du bist ja so trübselig, als ob es dir geradezu an den Hals ginge, und doch ist nach dem, was du sagst, deine Schuld gering. Man muß sich nicht im Unglück niederdrücken lassen. Warum schickst du nicht nach einem deiner Freunde oder Verwandten aus und suchst deinen Gläubiger zu bezahlen oder dich irgendwie mit ihm zu verständigen, damit du auf freien Fuß kommst und den Mut nicht ganz und gar verlierst?«
    Als sich der Dicke so wohlmeinend trösten hörte, entschloß er sich, dem Manne seine Not zu klagen. Er zog ihn in einen Winkel des Gefängnisses und hub an: »Obgleich Ihr mich nicht kennt, werter Herr, so kenne ich doch Euch wohl und weiß, daß Ihr ein braver Mann seid. Ich habe daher beschlossen, Euch den Grund zu sagen, warum ich so schwermütig bin. Ihr sollt nicht glauben, daß eine kleine Schuld mir solches Leid erregt; es ist etwas anderes.«
    Darauf erzählte er ihm von Anfang bis zu Ende alles, was ihm begegnet war, fast unter lauter Tränen, und bat sich zweierlei von ihm aus, daß er erstens mit niemand von dieser Sache spreche, und sodann, daß er ihm irgendeinen guten Rat oder Hilfe in seiner Not erteile. Er setzte hinzu: »Ich weiß, daß Ihr lange Zeit studiert habt und viele alte Bücher und Geschichten gelesen habt, in denen mannigfaltige Ereignisse beschrieben sind. Fandet Ihr wohl jemals eine Geschichte darin, welche dieser gleicht?«
    Als der wackere Mann diese Rede vernommen und still bei sich erwogen hatte, meinte er, es sei von zwei Fällen nur einer möglich: entweder sei jener närrisch geworden, oder die ganze Sache sei nur eine Posse, – wie es auch war. Er antwortete also schnell, er habe vielerlei der Art gelesen, wie nämlich aus einem Menschen ein anderer geworden sei, und dies sei gerade kein unerhörter Fall.
    »Ich hatte«, fügte er hinzu, »früher selbst einen Bauern der Art, dem dieses begegnete.«
    Der Dicke seufzte schwer und wußte gar nicht, was er sagen sollte, wenn das so wäre.
    »Das nämliche«, fuhr der Richter fort, »liest man von den Begleitern des Odysseus und von andern, welche die Circe verwandelt hat. Allerdings ist, soviel ich höre und nach dem, was ich auch gelesen habe, wenn ich mich recht erinnere, schon mancher wieder zu seiner vorigen

Weitere Kostenlose Bücher