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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
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irgend verlangen möchtest.«
    Lionardo sagte seinem Schwiegervater für dieses Anerbieten den herzlichsten Dank, erklärte sich in allen Dingen zu seinem Willen bereit und verständigte sich mit ihm über das Nähere in wenig Augenblicken.
    Gerardo andererseits erwartete die kommende Nacht und gab seiner Gattin das gewohnte Zeichen seiner Wünsche. Als die passende Stunde gekommen war, trat er ins Haus, schlich sich in ihr Gemach, und nach den gewohnten Grüßen, Umarmungen und Küssen setzten sie sich zusammen, und Gerardo sagte zu seiner Frau: »Meine Gattin, die mir teurer ist als mein Leben, Ihr habt Euch vielleicht verwundert, daß ich schon heute wieder so dringend gewünscht habe, Euch zu besuchen, da ich erst die vergangene Nacht mit Euch zugebracht habe. Abgesehen aber davon, daß ich unablässige Sehnsucht danach in meinem Herzen trage, wovon Ihr hinreichend überzeugt sein werdet, so hat mich gegenwärtig ein ganz anderer Beweggrund zu Euch geführt.«
    Darauf erzählte er ihr den ganzen Verlauf der Unterredung, die er mit seinem Vater gehabt hatte. Elena hörte mit der größten Aufmerksamkeit an, was ihr Gatte zu ihr sagte, und als sie vernahm, daß seine Mitteilung zu Ende sei, antwortete sie, deren Reife und Schärfe des Geistes weit ihre kleine Zahl von Jahren übertraf, nach einem bewegten Seufzer ihrem Manne also: »Wehe mir, mein teurer Gemahl, wenn ich nicht aus andern Umständen die Größe Eurer Liebe zu mir erkannt hätte, als aus dem, was Ihr mir eben auseinandergesetzt habt! Denn indem Ihr Eurem Vater nicht gehorchen wollt, versetzt Ihr mir jetzt den eindringlichsten Schlag und verschließt mir jeden Weg zur Hoffnung auf ein dereinstiges frohes Zusammenleben mit Euch!«
    Heftiges, peinvolles Schluchzen unterbrach hier ihre Stimme, und ein unbändiges Weinen machte sich Bahn. Nachdem der wilde Schmerz durch die vergossenen Tränen einige Linderung erhalten hatte, schöpfte sie ein wenig Atem und sagte zu ihrem Gatten, immerfort noch weinend: »Ach, mein geliebtes Leben, wie sehr habt Ihr unrecht getan, Eurem Vater nicht bereitwillig Gehorsam zu leisten! Wie beklagenswert, wie unselig bin ich, daß ich meinem geehrten Schwiegervater, noch ehe er mich kennt, ja ehe er mich gesehen hat, solchen Schaden, solche Mißachtung, so herben Kummer zuziehe! Wird er mich wohl irgend lieben können, wenn er mich auf solche Art kennenlernt? Muß er nicht sagen, ich sei der böse Engel seines Hauses, der seinen Frieden stört, seinen Untergang bezweckt? Ganz gewiß hat er alles Recht dazu. Ich bitte Euch daher, und meine Bitte soll für tausend gelten, wenn Ihr mich nur ein wenig liebt – und ich glaube doch, von Euch geliebt zu sein –, und wenn ich je einen sichern Beweis für Eure Liebe sehen soll, so bitte ich Euch, Eurem Vater durchaus gehorsam zu sein und die Trennung von meinem Gesichtskreise so wenige Monate geduldig zu ertragen. Also, mein teurer Gatte, tretet Eure Reise glücklich an und bleibt meiner eingedenk, wie ich Euer! Ich werde Euch stets in Gedanken überallhin begleiten, denn meine Sehnsucht ist nur darauf gerichtet, im Leben wie im Tode ewig die Eure zu sein. Gott möge mich bewahren, Euch je Anlaß zu werden, daß Ihr mit Eurem Vater nicht beständig in der Eintracht und dem Frieden lebt, wie es Euch beiden ziemt!«
    Die Liebenden wechselten noch viele andere Worte über diesen Gegenstand. Am Ende aber gab Gerardo den vernünftigen Gründen des klugen, vorsichtigen jungen Weibes nach und ging unter vielen Tränen zur gewohnten Stunde von ihr an seine Geschäfte. Er setzte sich hernach mit seinem mißvergnügten Vater zu Tisch, und nach dem Essen, als alle andern den Saal verlassen hatten, stand Gerardo von seinem Sessel auf, ließ sich vor seinem Vater auf die Knie nieder und sagte zu ihm mit entblößtem Haupte: »Mein hochverehrter und ruhmwürdiger Vater! Ich habe in der vergangenen Nacht der Seefahrt nach Beirut reiflich nachgedacht, die Ihr mir gestern vorschlugt, und bin zur klaren Erkenntnis des großen Fehlers gekommen, dessen ich mich durch Ungehorsam gegen Eure Bitten schuldig machen würde, die mir doch überall und jederzeit als Befehle gelten sollten, so daß ich Euch hiermit demütigst und von ganzem Herzen ersuche, mir meine Torheit und Unverständigkeit zu vergeben und, uneingedenk des Euch erwiesenen Mangels an Ehrerbietung, mich Eurer gewohnten Gnade wieder teilhaft zu machen. Seht, mein verehrtester Vater, ich bin hier vollkommen bereit, Euch zu gehorchen und nicht

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