Italienische Novellen, Band 2
rief ihn daher eines Tages beiseite und sprach zu ihm: »Mein Sohn, wer heutzutage nicht Vermögen besitzt, der gilt für ein Vieh; der aber, der etwas hat, gilt am meisten; darum steht es jedermann wohl an, nicht nur zu erhalten, was er hat, sondern auch, es soviel als möglich zu vermehren. Wie du siehst, bist du jetzt groß, und darum wäre es wohlgetan, wenn du für dich und zugleich für unser ganzes Haus sorgtest, damit, wenn ich abscheide, du ohne fremde Hilfe allein imstande bist, deine Angelegenheiten zu besorgen und dein Leben zu erhalten. Um dies zu erreichen, weiß ich keinen Weg, der mir besser gefiele, als daß du dich dazu verstehst, ein Weib zu nehmen, und mit der Mitgift, die dir zufließt, und der Unterstützung, die ich andererseits dir gewähre, wirst du sehen, daß alsdann keiner deinesgleichen hier besser steht als du. Laß also diese meine Worte Eingang bei dir finden und nimm den Rat an, den ich dir treulich reiche!«
Ghedino nahm es in Überlegung und sagte, er sei ganz einverstanden, vorausgesetzt, daß es mit Zustimmung von Monna Moneta (so hieß seine Mutter) geschehe, denn es sei dies auch sein eigener Wunsch. Es währte daher nicht lange, so nahm er ein sehr schönes frisches und äußerst kräftiges Mädchen zur Frau, die vielleicht für sein Wesen nur allzu rüstig war. Nach der Hochzeit war er sorgfältigst bemüht, den Unterweisungen seines Stiefvaters nachzukommen. Während er nun täglich in die Bude ging und es sich sauer werden ließ, geschah es, daß der Mantuaner dermaßen mit dem Weibe Ghedinos vertraut wurde, daß er dachte, wenn ihm dieser von seinen Geschäften bei Tag abnehme, so dürfe er das junge Weib nicht unter der Abwesenheit des Gatten leiden lassen; er nahm sich daher vor, nach Leibeskräften die Lücke auszufüllen, die diese seiner Meinung nach fühlen müsse. Er übertrug ihm daher jeden Tag neue Geschäfte und nötigte ihn damit, sich möglichst lang aus dem Hause entferntzuhalten; namentlich veranlaßte er ihn, morgens in aller Frühe aufzustehen. Der Mantuaner trieb diesen Handel schon eine gute Weile, bis einer kam und dem Ghedino ins Ohr raunte: »Ghedino, ich weiß nicht, wie du dich wohlfühlen kannst, da du eine junge Frau hast, die so ganz frisch in dein Haus gekommen ist, und du dich so oft von ihr entfernst, zumal in der Zeit, welche die Männer dem Vergnügen der Weiber widmen sollen. Was würdest du machen, wenn sie, am Morgen so früh von dir im Stich gelassen, sich an einen wendet, der ihr besser Gesellschaft leistet als du?«
Bei alledem schöpfte der Strohkopf noch keinen Verdacht, fuhr vielmehr in der angegebenen Weise fort und ließ dem Mantuaner allen Spielraum, das zu erreichen, was er so sehnlich wünschte, nämlich teils durch den beständigen Ärger, den ihr ihr Mann verursachte, teils durch die Bequemlichkeit und geschickte Gelegenheit, die er selbst ihr bot, das schöne Weibchen seinen Wünschen fügsam zu machen. So stellte er sich denn auch einmal nach der zwischen ihnen getroffenen Verabredung gegen Monna Moneta ganz tiefsinnig und nachdenklich und erklärte, er müsse in Geschäften von großer Wichtigkeit ausgehen. Sobald er daher merkte, daß Ghedino aufgestanden war, erhob er sich von der Seite der Monna Moneta, die nichts davon ahnte, und schlich sich heimlich an die Seite der jungen Frau, die in einem andern Zimmer nicht weit von dem ihrigen schlief. Der Zufall wollte, daß an diesem Morgen Ghedino in der Eile ein paar Kardätschen (Wollkämme) vergessen hatte, welche er den Tag zuvor neu gekauft, auch hatte er die alten nicht mitgenommen. Er bemerkte auch seine Vergeßlichkeit erst, als er mit leeren Händen an seiner Bude ankam. Er lief daher schnell zurück, öffnete die Haustür leise, kam, ohne von einem Menschen gehört zu werden, geradeswegs an seine Stube und trat ein, weil er ganz gut sie zu öffnen wußte und der törichte Mantuaner nicht so gescheit gewesen war, sie auf eine Weise zu schließen, daß man nicht öffnen konnte. Ohne sich zu rühren oder zu rufen, sah er denn so klar wie der Tag, welches Erbarmen der Mantuaner mit seinem Weibe hatte, um derenwillen er den Acker der Monna Moneta zu pflügen unterließ, um einen fremden zu bepflanzen, damit der jungen Frau die Langeweile verginge. Es schien ihm zwar nicht recht, sie zu stören, aber doch konnte er sich nicht enthalten, einen großen Lärm zu machen. Während er nun mit dem Stiefvater sich zankte, öffnete das junge Weib, aus Furcht, das Wetter möchte
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