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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
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    Der junge Mann war von Manetti ganz gut unterwiesen worden und fand sich denn bei dem Stiavonen ein, wohin man ihm den Weg gezeigt hatte. Schon war er etwa fünf Tage in Venedig und saß eines Sonntagmorgens mit seinem Stiavonen zu Tische; nach dem Frühstück führten sie allerlei Gespräche, und unter anderem sagte Antonio Angelini, denn so hieß der junge Mann, zu dem Stiavonen: »Höret, Misser Zanobi... (denn so hieß dieser.) Ich möchte, daß Ihr mir heute einen Gefallen tätet.«
    Der Stiavone war ein gefälliger und dienstfertiger Mann und sagte: »Was wünschet Ihr? Seid überzeugt, daß Ihr mir nur befehlen dürft, mein lieber Herr!«
    Darauf sagte Antonio: »Wenn es Euch nicht unangenehm wäre, wünschte ich, daß Ihr an dem heutigen Festtage mit mir ein wenig in Venedig spazierenginget, und daß wir den ganzen Tag dazu anwendeten, daß Ihr mir Venedig zeigt und ich es betrachte; denn da ich nicht bekannt bin, finde ich mich in allen Euren Gassen und Kanälen nicht zurecht.«
    Der Stiavone war, wie gesagt, ein Mann, der nichts anderes wünschte, als ihm zu dienen; nach vielen Gesprächen verließen sie daher das Haus und gingen zu Fuß eine gute Weile in Venedig umher. Vom Hause des Stiavonen an, das bei der Madonna della Fava a Cavarvaro stand, gingen sie viel hin und her und gaben einem Barkenführer drei Marchetti, daß er sie in und außer dem Kanal, nach ihrem Belieben, spazierenfahre.
    Während sie in der Gondel etwas auf dem Kanal umhergefahren, sagte Antonio zu dem Stiavonen: »Misser Zanobi, wollen wir nicht in eine von Euren Schulen gehen, wo jene schönen Kinder wohnen, die um Stück Geld einem ein Vergnügen machen, und die man bei den Römern Kurtisanen nennt?«
    »Warum nicht?« sagte der Stiavone; »aber jetzt ist es noch zu früh, denn sie sind jetzt alle in der Vesper. Wenn die Vesper vorüber ist, wollen wir hingehen, und wir werden viele und schöne Frauen finden. Unterdessen fahren wir ein wenig auf dem großen Kanal und kehren dann über die Rialtobrücke um. Alsdann wird es gerade rechte Zeit.«
    Während sie noch auf dem Kanal waren, erinnerte sich der Stiavone einer gewissen Flamänderin und sprach: »Lieber Herr, wir wollen bis zum Ballhaus gehen und sehen, ob wir eine gewisse Madonna Giachena aus Flandern treffen. Ich versichere Euch, es ist eines der schönsten Kinder, die ich in meinem Leben gesehen habe, und ich bin überzeugt, daß sie Euch gefallen wird. Nachdem wir sie besucht haben, gehen wir, wohin es Euch beliebt.«
    Nach diesem schlugen sie den Weg gegen das Ballhaus ein, und als sie die Wohnung der Flamänderin erreicht hatten, pochte der Stiavone an die Türe. Sie hörte das Pochen, kam ans Fenster, und als sie den Stiavonen, den sie wohl kannte, erblickte, zog sie am Seil und öffnete die Tür. Der Stiavone wußte die Sitte, entließ die Gondel, trat in das Haus und nahm Antonio mit sich. Sie stiegen die Treppen empor und kamen in einen kleinen, mit den feinsten Teppichen ausgehängten Saal. Die Flamänderin ging ihnen entgegen und empfing sie mit heiterer Stirne. Sie war ein äußerst schönes Geschöpf und besaß den feinsten Anstand einer Venezianerin. Sie hieß sie freundlichst willkommen. Unter ihren Reizen, außer, daß sie schön gewachsen war, zeichnete sich der sehr schöne Schnitt ihres Gesichts aus: sie war blendend weiß wie der Schnee, mit einer leichten Färbung von Karmin, so daß sie aussah wie Milch und Blut. Ihr Leib war mit nichts anderem zu vergleichen als mit morgenländischen Perlen. Wenn man sie sah, so war es wie ein Strauß von Rosen und Veilchen, im Schatten aufgesproßt und um die Zeit der Morgenröte gepflückt. Wie gesagt empfing sie sie mit holder Stimme und bat sie niederzusitzen auf Stühle von grünem Samt und Gold. Das waren echte Herrensessel. Sie setzte sich zwischen sie, und so sprachen sie eine gute Weile von allerlei verschiedenen Gegenständen. Wiewohl die Frau aus Flandern war, sprach sie doch vortrefflich Italienisch. Zu der Schönheit ihres Körpers gesellte sich der Glanz ihrer Seele, denn sie war sehr edel und groß.
    Als sie lange genug gesprochen hatten, wandte sie sich zu einer Dienerin, die ebenfalls eine Flamänderin war, und sagte ihr etwas in ihrer Sprache. Es dauerte nicht lange, so rüstete die Magd eine kleine Tafel auf fürstliche Weise zu. Darauf stand ein reicher Vorrat zu einem guten Male nebst verschiedenen Arten von eingemachten Früchten und den köstlichsten Weinen. Indem sie ihre Gespräche

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