Italienische Novellen, Band 3
sollen. Nachdem aber vielerlei Mittel und Wege zusammen erwogen waren, wurden sie einig, daß der Arzt sich an den Bischof wenden solle. Zuletzt nahmen sie voneinander Abschied, und Meister Manente ging mit Burchiello heim, weil die andern seinethalb ihrer Sache doch nicht recht gewiß waren und immer noch ein heimliches Grauen vor ihm verspürten. Unterdessen war Michelagnolo nach Hause zurückgekehrt und hatte von Brigida einen umständlichen Bericht erhalten über alles, was sich vor ihrer Tür ereignet hatte, wobei sie ihn versicherte, sie hätte darauf schwören mögen, sie höre die Stimme und sehe das Gesicht Meister Manentes, was mit der Meinung der Monna Dorotea zusammentreffe, daß es seine arme Seele sei, die durch irgendein frommes Werk aus dem Fegefeuer erlöst sein wolle.
»Was faselst du da, dumme Gans«, versetzte Michelagnolo, »von armer Seele und Fegefeuer? Es ist ein Schelm und listiger Betrüger, und du tatest wohl daran, ihm nicht aufzumachen.«
Dennoch verwunderte er sich außerordentlich und konnte nicht begreifen, zu welchem Ende der Mensch dies begonnen habe, und worauf es dabei abgesehen sei; indes ließ er sich nichts weniger dabei einfallen, als daß Meister Manente wieder von den Toten erstanden oder daß er noch am Leben sei, sondern hoffte vielmehr, der Beutelschneider werde nach diesem ersten mißglückten Versuche nicht wieder zum Vorschein kommen.
Des andern Morgens hieß Burchiello seinen Freund beizeiten aufstehen, ließ ihm vor allem den Kopf waschen, den Bart nach der Sitte der Zeit scheren und kleidete ihn dann von Kopf bis zu Fuß in eine Kleidung von ihm, die ihm auch so gut saß, als ob sie für ihn gemacht worden wäre. Dann ging er mit ihm aus, um ihn sehen und von den Leuten wiedererkennen zu lassen; sie gingen nach Santa Maria mit der Blume, nach der Verkündigungskirche, auf den Altmarkt, auf den Neumarkt, auf den Platz: alles Volk sah ihn, viele erkannten ihn und redeten ihn sogar an, weil durch den Mund des Biondo und des Amadore die Zeitung, daß er noch lebe und Weib und Eigentum zurückfordere, allgemein verbreitet worden war. Ja, Niccolajo und Michelagnolo hatten ihn gesehen, und es kam ihnen in der Tat vor, er sei es; doch da sie seines Todes gewiß waren, trösteten sie sich wieder, er könne es unmöglich sein. Auf die Nachricht, daß er bei dem Bistum klagbar werden wolle, bereiteten sie sich zur Gegenwehr, gingen zum Pestamte, in die Sakristei von Santa Maria Novella wegen des Totenbuches, zu dem Apotheker, der die Kerzen geliefert, zu den Totengräbern und in die Nachbarschaft umher und ließen sich beurkunden, daß Meister Manente in seinem Hause an der Pest umgekommen und beerdigt worden sei. Dieser Vorfall machte in Florenz das allergrößte Aufsehen, und viele, die den Leichnam hatten in die Gruft versenken sehen, wußten gar nicht mehr, woran sie waren, und sahen die außerordentlichsten Dinge kommen.
Meister Manente begab sich nach Tische in Burchiellos Begleitung auf die bischöfliche Residenz und trug dem Vikarius den ganzen Handel vor, in dessen Folge er sein Weib wiedererstattet haben wollte. Der Vikarius, dem die Sache höchst wunderbar vorkam, ließ, um der Sache auf den Grund zu kommen, die Gegenpartei vorbescheiden, und als er dann auch Niccolajos und Michelagnolos Gründe vernommen und so viele gültige Zeugnisse und Aussagen glaubwürdiger Männer hinlänglich erwogen hatte, schwindelte ihm vollends vor Verwirrung. Da nun bei dieser Angelegenheit ein Toter im Spiele war und von keiner der beiden Parteien herausgebracht werden konnte, wer es gewesen und wie er in das Haus des Arztes geraten sei, war er überzeugt, es sei dabei ein Mord vorgefallen, und machte davon im stillen die Anzeige bei dem Rat der Achte, die sogleich ihre Häscher hinsandten. Diese trafen die Parteien noch im Streite an, nahmen sie mit Ausnahme Burchiellos sämtlich in Verhaft und führten sie zu dem Büttel ab.
Am nächsten Morgen, sobald die Gerichte versammelt waren, verhörten sie zuerst den Meister Manente, nachdem sie ihn mit der härtesten Folter bedroht hatten, wenn er ihnen nicht die Wahrheit sage. Meister Manente begann daher von vorn und erzählte der Reihe nach bis zum Schlüsse alles, was ihm begegnet war, so daß alle mehr als einmal zum Lachen gebracht wurden. Darauf schickten sie ihn in seine Haft zurück und ließen Niccolajo kommen, der ihnen ganz der Wahrheit gemäß alles, was er wußte, erzählte. Michelagnolo gab das gleiche Zeugnis ab, und zur
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