Ja, Liebling
ich gehen oft nach Neuseeland oder Australien. Neuseeland habe ich ausprobiert, jetzt ist Australien dran.«
»Nun ja«, sagte Margaret zögernd, weil sie nicht recht wußte, was sie auf diese ebenso offenherzige wie erschreckende Mitteilung antworten sollte. »Hoffentlich gefällt es Ihnen dort und hoffentlich haben Sie Erfolg.«
Er lachte völlig ungeniert. »Die Vorzeichen sind gut. Und wenn ich noch länger in dieser hübschen Küche herumsitze und mich mit einer reizenden jungen Dame unterhalte, dann verdiene ich mir mein Geld nicht.« Der junge Mann verschwand mit einem Augenzwinkern und arbeitete den Rest der Zeit angestrengt im Garten.
Margaret war ein wenig benommen. Innerhalb einer Woche hatten ihr zwei junge Männer ihre Lebensgeschichte anvertraut, und so wie Lance hatte überhaupt noch nie jemand mit ihr gesprochen. Er hatte sie tatsächlich eine junge Dame genannt. Da sie schon vor längerer Zeit zu dem Schluß gelangt war, daß man mit dreißig zum Mittelalter gehört, überraschte sie das. Aber natürlich gehörte er zu der Sorte, die jeder ansehnlichen Frau Komplimente macht. Ansehnlich? Margaret tat etwas sehr Ungewöhnliches: Sie ging zu dem alten Spiegel im Eßzimmer und studierte ganz ernsthaft ihr Abbild. Rein objektiv gelangte sie zu dem Schluß, daß sie tatsächlich ansehnlich zu nennen war. Mehr noch, sie war hübsch, besonders wenn ihre Wangen leicht gerötet und ihre Augen so blank waren. Es war eine erregende Erfahrung.
Dann setzte sich die Gewohnheit vieler Jahre wieder durch und sie sagte sich: >Ich bin dumm. Nur weil mir ein netter junger Mann ein Kompliment macht, komme ich mir attraktiv vor. Ich darf Elinor und Philippa mit ihrer Größe, ihrer guten Figur und dem hübschen Gesicht nicht vergessen. Oder die kleine Cecily in ihrer sprühenden Lieblichkeit. Margaret, du bist eine Großtante und Stiefmutter, benimm dich also danach!<
Doch an den folgenden Tagen mußte sie immer wieder an Lance Harrison denken. Zwei Menschen konnten kaum verschiedener sein als er und David Shaw. Sie verglich die beiden miteinander. Lance hatte die oberflächlichen Vorzüge auf seiner Seite, das Aussehen, den Charme, das Benehmen. Trotzdem gefiel ihr David besser. Lance hätte das sicher nichts ausgemacht. Er hätte nur gelacht, wie er über alles lachte.
In dieser Woche wurde Margaret auch ins Dorfleben eingeführt. Mrs. Thornton sagte: »Wenn Sie kommen wollen, Mrs. Neville? Die Damen halten eine Versammlung wegen des Bazars für die Erweiterung der Versammlungshalle ab.«
Margaret freute sich. Sie wollte natürlich gern die Nachbarinnen kennenlernen, aber, wie das so auf dem Land üblich ist, hatte keine davon sie besucht. Jetzt bot sich ihr eine Gelegenheit, mit den anderen Frauen zusammenzutreffen.
Sie versuchte, sich diese Frauen vorzustellen. In ihrer einsamen Jugend hatte sie kaum jemanden kennengelernt, aber sie war sicher, daß sie anders sein mußten als die Frauen in der Stadt. Ernsthafter, gründlicher.
So bedeutete es einen Schock für sie, als Mrs. Thornton auf der Fahrt ins Dorf sagte: »Hier in der Gegend gibt es viel Tratsch und Neid, aber ich kümmere mich nicht darum. Diese Mrs. Sharpe, zum Beispiel, bei der der arme junge Lehrer wohnt, das ist eine richtige Querulantin. Aber so ist es ja immer auf dem Land, nicht wahr?«
Das war eine traurige Ernüchterung, aber Margaret hoffte immer noch, daß Mrs. Thornton sich irrte.
Sie sprach von ihrem Neffen. »Er freut sich darüber, daß er bei einer Tasse Tee mit Ihnen plaudern kann. Er redet gern, hoffentlich vergeudet er damit nicht zu viel Zeit.«
»Nein, er hat sehr gut gearbeitet, und ich unterhalte mich auch sehr gern mit ihm. Er ist ein netter Kerl.«
Seine Tante machte ein strenges Gesicht. »Für meinen Geschmack und für den Geschmack seiner Mutter ist er zu nett. Er nimmt nichts ernst. Es war für uns eine große Enttäuschung, daß er auf diese Weise die Universität verlassen mußte. Seine Eltern schämten sich, aber dem guten Lance macht das nichts aus. Es ist überraschend, wie viele seiner alten Freunde trotzdem noch zu ihm halten. Für die jungen Leute bedeutet das wahrscheinlich keine so große Schande — ich meine, wenn man zu viel trinkt und dann gefeuert wird. Ich finde das ordinär.«
»Wahrscheinlich machen das viele so. In den ersten Studienjahren erwartet man das wohl von ihnen. Ich höre viel darüber, wie es auf der Universität ist.« Margaret erzählte Mrs. Thornton von Cecily und prahlte wie
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