Jack Holborn unter den Freibeutern
Sie den Tausenden Lebewohl. Der junge
Herr kann sich nicht zum Verkaufen entschließen.
Das Mitleid hat ihm ein solches Loch in die Tasche
gerissen, daß eine Million durchgefallen ist. Wo in aller Welt würde er dann kleine dreitausend hinstek-
ken? Sir! Aber trösten Sie sich, guter Mister Trumpet, trösten Sie sich. Unser Freund ist vielleicht ein Narr, aber kein kleiner. Er ist der größte Narr, den ich je die Ehre hatte zu kennen: Sir?«
Mister Thompsons Worte dröhnten so in meinen
Ohren, daß ich mich kaum selber hörte, als ich Mi-
ster Fared und den Schmieden zurief: »Laßt sie alle frei! Bis auf den letzten Mann! Laßt auch sie zurück in die Heimat. Wir wollen wenigstens den Fliegen das Nachsehen geben.«
Dann wandte ich mich an Mister Trumpet und
fragte ihn, da ich wieder ein armer Schlucker war, ob er mir die Passage nach Hause bezahlen wollte.
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Da war es denn, daß der befreite Lord Sheringham
die Güte hatte zu lächeln, und die Güte, mir die
Hand auf die Schulter zu legen, und ich hatte die Gü-
te, sie dort wegzuschlagen.
Das allerletzte, das ich wollte, war Mitleid. Besser die haßerfüllte Wut der Kapitäne. (»Verrückter kleiner Idiot. Sollte ein Gesetz geben, sollte man verhindern –«), die Verachtung von Mister Fared und Sir
Joseph, die Enttäuschung von Mister Trumpet und
der tiefe, schwarze Kummer von Mister Thompson
… Besser all das und mehr noch als das Mitleid von
dem, den ich gerettet hatte.
Alle schienen nun von mir wegzuschmelzen, denn
da ich nichts mehr zu sagen oder zu geben hatte, war ich nicht mehr als ein schlechter Geschmack in ihrem Gedächtnis: der Narr, der den Fuß durch die Eier-schale ihrer Reichtümer gestoßen hatte.
Und wofür? Für Lord Sheringhams Mitleid, sechs-
hundert flüchtige »Dankeschön« und einen Korral,
der sich schnell von seinen Sklaven leerte.
Lord Sheringham sah mich neugierig an. Dann
sprach er zu dem Pygmäen, der nicht von seiner Seite gewichen war. »Shem, das ist Jack, von dem ich dir
erzählt habe. Du und er habt viel Gemeinsames, finde ich, da ihr, jeder zu seiner Zeit, ähnlich gehandelt habt.«
Nach diesem, der mein größter Augenblick hätte sein sollen, aber irgendwie bitter geworden war, gingen
wir langsam und leer zum Hafenkai: zu Mister
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Thompson, um für meine Erwerbung einen Anzug zu kaufen, und zu Kapitän Farmer für eine Passage in
die Heimat.
Lord Sheringham und Mister Trumpet gingen vor-
an und sprachen leise über den Tod von Mister Mor-
ris. Ab und zu blickten sie zurück, ob ich ihnen noch folgte – obwohl schwer zu begreifen ist, warum sie
sich die Mühe machten, da ich nichts mehr hatte, um es zu vergeuden, außer meinem Leben. Shem, der
Pygmäe, dessen Kopf mir nicht bis an die Schulter
reichte, ging stumm neben mir her und hielt die Au-
gen mit gewohntem Ernst gesenkt. Die anderen wa-
ren alle fort: Mister Fared mit dem portugiesischen Kapitän – und Sir Joseph war Kapitän Farmer auf
den Fersen.
In Mister Thompsons muffigem Laden reichten
zehn Pfund recht weit, um den großen Richter wieder in einen Gentleman umzuwandeln, obwohl ich persönlich fand, daß das Geld sinnlos ausgegeben wur-
de. Mit der Hälfte hätte man das gleiche erreichen
können, aber seine Lordschaft hatte eine verschwen-
derische Strähne in seinem Charakter und wählte so
teuer, wie er konnte. Der arme Mister Trumpet, der
dafür bezahlte (Lord Sheringham hatte kurzsichtig-
erweise seinen Schatz im Wald fallenlassen, als er ge-fangengenommen wurde), der arme Mister Trumpet
ging nach draußen, um sich zu schonen. Aber er ging auch, um unsere Passage auf Kapitän Farmers Schiff
zu sichern.
Das kostete ihn einen guten Teil seiner zweihun-
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dert Guineas, doch er trug es mit guter Miene und tat so, als hätte er ein Geschäft gemacht. (Er hielt es stets für unehrenhaft, übers Ohr gehauen zu werden, fast
schon beschämend.)
Dann am späten Nachmittag, nach einer Mahlzeit
von seltsamem Fleisch und Madeirawein mit Mister
Thompson (geschenkt, Gott sei Dank, sonst hätte es
uns ein Vermögen gekostet) gingen wir an Bord der
Lady Jane, einem Schiff, das etwas größer war als
die Charming Molly und sechzehn Kanonen hatte,
die so blank geputzt waren, wie Mister Morris nur
hätte wünschen können.
Lord Sheringham war ein bißchen enttäuscht, daß
sein Freund Shem ohne große Abschiedszeremonien
davongegangen war, aber ich dachte, daß er den Ver-
lust verschmerzen
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