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Jack Holborn unter den Freibeutern

Jack Holborn unter den Freibeutern

Titel: Jack Holborn unter den Freibeutern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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Meine Absichten waren nicht die ihren.
    Wo war er angekettet? Wo wartete er? Nicht weit
    – unten in diesem Korridor der Katastrophen …
    »Verkaufen! Verkaufen, Junge!«
    Am Ende des Ganges. Gott sei Dank. Der ging
    nicht weiter. Er kam nicht auf mich zu, um mich lä-
    chelnd und mit offenen Armen zu begrüßen, weil er
    noch an die Stelle gekettet war. Er blieb, wo er war und kümmerte sich um seinen Nachbarn, den Pygmäen, der schließlich ein Wunder war – und selten.
    Aber ich hatte es getan! Ihn gefunden! Ihn gerettet!
    Ja, ihn mit Haut und Haar gekauft. Mußte dafür eine Million bezahlen. War mit sechshundert Extras be-bürdet. Aber er war erhalten!
    »Ist er das, junger Herr? Ist das Ihr Herzenswunsch?
    Überhaupt nicht der Pygmäe? Aha! Ich hatte mir ge-
    dacht, daß er irgend jemand lieb sein würde. Großartig, großartig. In guter Verfassung … ein bißchen dünn
    – vielleicht von Sorgen? Aber er wird Speck ansetzen
    … das tun sie immer. Und die Peitschenstriemen wer-
    den verblassen … das tun sie immer. Ibram Fared hält sein Versprechen. Ein Handel ist geschlossen, besiegelt und vollendet.
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    Heda, Schmiede! Kommt schnell und befreit dem
    jungen Herrn seinen Freund. Sie wollen ihn doch frei, junger Herr?« (ängstlich) »Oder vielleicht wollen Sie ihn in Ketten? Läßt sich machen. Kann ihn trennen
    und ihn in Ketten lassen. Patente Vorrichtung. Klug.
    Nehmen Sie ihn gekettet und entscheiden Sie sich in Ruhe: befreien oder nicht befreien. Sehen Sie, wie er sich auf die Lippen beißt. Ein bißchen Spaß für Ihr Geld … um Ihres Reichtums willen, gönnen Sie sich
    einen kleinen Spaß!«
    Ich stand stockstill und starrte. Verblüfft. Erstaunt.
    War das der Mann, zu dessen Rettung ich gekommen
    war? Verschwunden war das Fischauge. Er blickte zu
    mir auf, nicht dankbar, nicht erfreut: nichts sonst als
    – zornig. Scharf, kalt, ungläubig zornig. Dieser undankbare Lord blickte finster. Nachdem ich so viel
    gegeben hatte, um ihn zu retten.
    »Ich habe Sie gekauft«, brabbelte ich, und mir war
    plötzlich übler zumute als je zuvor. (Ich muß
    wahnsinnig gewesen sein. Wahnsinnig! Aber alles
    schien so richtig und klar –)
    »Ja«, sagte er und streckte die Hände aus, um die
    Ketten abnehmen zu lassen. »Und man hat dir zuviel
    abverlangt.«
    »Das glaube ich auch«, sagte ich und dachte an
    meinen verlorenen Schatz und alles, was ich damit
    hätte machen können.
    »Armer Junge … armer Junge …« hörte ich Mister
    Thompson seufzen, und Mister Trumpets Atem kam
    und ging wie eine Feueresse.
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    Die Ketten wurden über einen Stein gespannt, und
    bevor der Hammer fiel, fragte er: »Bist du sicher, daß du mich frei haben willst, Jack? Denke gut nach. Mister Fared meint, es sei besser, mich ein bißchen zappeln zu lassen. Und warum eigentlich nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf und wandte mich ab, wäh-
    rend der Hammer sechs-, siebenmal zuschlug: bis er
    frei war.
    »Möchtest du die anderen an Bord verladen lassen?«
    hörte ich seine verdammte Stimme fragen. »Oder be-
    absichtigst du, sie wieder zu verkaufen? Wenn du das willst, bitte ich um eine Vergünstigung. Rette meinen Freund Shem – den Pygmäen. Das ist alles, worum ich bitte. Erspare ihm die Schande, verkauft zu werden.«
    (Das ist alles, wie? Das ist alles! Keine sonstigen Kleinigkeiten wie die Sonne für seinen Ringfinger,
    den Mond für seine Uhrkette?)
    »Komm, Junge, entscheide dich. Wenn wir laden
    wollen, müssen wir’s jetzt tun«, sagte Kapitän Far-
    mer brüsk. »Wenn du verkaufen willst, verkaufe
    gleich.«
    »Entscheide dich, Jack.«
    »Was hattest du mit ihnen vor, Jack? Du mußt doch eine Vorstellung gehabt haben?«
    Vorstellung? Ja, vielleicht. In meinem Geistesblitz.
    Da waren keine Fragen offengeblieben. Alles war ge-
    löst. Aber dieser Blitz war lange vergangen, und ich hatte davon nur noch die ausgebrannte Ruine. Was
    war zu tun? Was hatte ich vorgehabt? Mich auf den
    Westindischen Inseln mit meinen kräftigen Sechshun-
    200
    dert als Farmer niederzulassen? Sie wieder zu verkaufen? Sie mit mir in die Heimat zu nehmen? Weiß der
    Himmel!
    »Mache deinen Verlust wieder etwas wett, Junge.
    Verkaufe!«
    »Komm, Jack. Verkaufe, dann hast du’s hinter dir.
    Verliere wie ein Mann, und wir fahren alle nach
    Hause.«
    Das war Mister Trumpets Rat. Dann zupfte Mister
    Thompson, der mich genau und traurig während des
    ganzen Trubels des Drängens und Versuchens ange-
    sehen hatte, Mister Trumpet beiseite.
    »Sagen

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