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Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen

Titel: Jack McEvoy 05 - Unbekannt verzogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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drehte sich um und sah ihn an.
    »Warum lächelst du? Eigentlich hätte ich gedacht, du wärst sauer. Jeder andere Mann wäre das.«
    Er zuckte die Achseln.
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich kann es verstehen.«
    Aber langsam begann es ihr zu dämmern. Was er getan hatte. Sie stand auf und drehte sich zu ihm herum. Sie griff nach einem Kissen und hielt es vor sich, um sich zu bedecken. Die Botschaft war klar. Sie wollte in seiner Gegenwart nicht mehr nackt sein.
    »Was hast du denn?«
    »Du Schwein.«
    »Was ist denn jetzt wieder?«
    Er sah die Sprenkel in ihren Augen, aber diesmal weinte sie nicht.
    »Es war ein Test, stimmt’s? So eine Art perverser Test. Du wusstest, wenn ich mit dir ficken würde, wäre alles von vorhin eine Lüge.«
    »Nicki, ich glaube nicht –«
    »Raus.«
    »Nicole –«
    »Du und deine bescheuerten Tests und Experimente. Raus, habe ich gesagt!«
    Inzwischen war ihm peinlich, was er getan hatte, und er stand auf und begann sich anzuziehen, wobei er in Unterhose und Jeans gleichzeitig schlüpfte.
    »Darf ich etwas sagen?«
    »Nein. Ich will nichts mehr von dir hören.«
    Sie drehte sich um und ging ins Bad. Sie ließ das Kissen fallen und ging ganz locker. Dabei zeigte sie ihm die Rückseite ihres Körpers, als wollte sie ihn damit verhöhnen. Ihm zu verstehen geben, dass er ihn nie wieder zu sehen bekäme.
    »Es tut mir Leid, Nicole. Ich dachte –«
    Sie schloss laut die Badezimmertür. Sie sah sich kein einziges Mal nach ihm um.
    »Geh«, hörte er sie von drinnen sagen.
    Dann hörte er die Dusche angehen, und er wusste, sie wusch zum letzten Mal seine Berührung ab.
    Er zog sich fertig an und ging nach unten. Er setzte sich auf die unterste Stufe und zog die Schuhe an. Er fragte sich, wie er sich so gründlich in ihr hatte täuschen können.
    Bevor er das Haus verließ, ging er ins Wohnzimmer und blieb vor dem Bücherregal stehen. Es war zum Bersten voll. Nur gebundene Bücher. Es war ein Altar für Wissen und Erfahrung und Abenteuer. Er erinnerte sich, wie er einmal ins Wohnzimmer gekommen war und sie auf der Couch gesessen hatte. Sie hatte nicht gelesen. Sie hatte nur zu ihren Büchern hochgeschaut.
    Eins der Borde war ausschließlich Büchern über Tätowierungen und Muster vorbehalten. Er stellte sich davor und fuhr mit dem Finger über die Buchrücken, bis er das fand, von dem er wusste, dass es dort war. Es war ein Buch über chinesische Schriftzeichen, das Buch, aus dem sie ihr Tattoo ausgesucht hatte. Er zog es heraus und blätterte darin, bis er Fu fand. Im Begleittext wurde Konfuzius zitiert.
     
    Mit ungeschältem Reis als Nahrung, mit lediglich Wasser als Getränk und mit meinem angewinkelten Arm als Kopfkissen bin ich glücklich.
     
    Er hätte es wissen müssen. Er hätte wissen müssen, dass sie es nicht war. Die Logik war falsch. Die Wissenschaft war falsch. Sie hatte ihn dazu verleitet, das Einzige in Zweifel zu ziehen, dessen er sich hätte sicher sein sollen.
    Er blätterte in dem Buch, bis er zu Shu kam, dem Zeichen für Vergebung.
    »›Vergebung ist die Handlung des Herzens‹«, las er laut.
    Er trug das Buch zum Couchtisch und legte es, auf die Seite mit Shu aufgeschlagen, auf den Couchtisch. Sie würde es bald finden.
    Er zog die Haustür hinter sich zu und ging zu seinem Auto. Als er sich hinters Steuer setzte, dachte er an das, was er getan hatte, an seine Sünden. Ihm war klar, dass er bekam, was er verdiente. Das war bei den meisten Leuten so.
    Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss und startete den Motor. Der Arbeitsspeicher seines Verstands generierte das Bild des Pizza-Auslieferungswagens, den er zuvor gesehen hatte. Das erinnerte ihn daran, dass er hungrig war.
    Und im selben Moment knallten Atome zusammen, um ein neues Element zu bilden. Er hatte eine Idee. Eine gute. Er stellte den Motor ab und stieg wieder aus.
    Nicole war entweder noch unter der Dusche oder ging nicht an die Tür. Aber es war ihm egal, weil er noch einen Schlüssel hatte. Er schloss die Tür auf und ging durch die Diele in Richtung Küche.
    »Nicole«, rief er. »Ich bin’s. Ich muss nur mal telefonieren.«
    Es kam keine Antwort, und er glaubte, irgendwo weit weg im Haus Wasser laufen zu hören. Sie war noch unter der Dusche.
    Von dem Apparat in der Küche rief er die Auskunft für Venice an und fragte nach der Nummer von Domino’s Pizza. Sie hatten zwei Niederlassungen, und er notierte sich beide Nummern auf dem Block, den Nicole neben dem Telefon liegen hatte. Er wählte die

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