Jack vs Chris
Vorgesetzten. „Eine Abmahnung? Keine Kündigung?“
„Du bist mein bester Erzieher. Die Kinder lieben dich, ich werde mir sicher nicht ins eigene Fleisch schneiden. Aber Du hast den ganzen Monat Dienst, ohne Beschwerden. Auch Windeldienst bei den Jungs!“ Das ist eine Strafe, so sehr ich Kinder liebe, aber die Windeln von den Kleinen zu wechseln kommt für mich einer Schmach gleich. Ergeben nicke ich und bin dann einfach nur erleichtert. Nicht alles geht den Bach runter, es gibt auch noch Gutes in meinem Leben.
Der sofortige Antritt meines Dienstes ist selbstverständlich, eine Kollegin dankt es mir mit einem Kuss auf die Wange. Ihr Sohn hat Geburtstag, eigentlich hätte sie bis zum späten Nachmittag arbeiten müssen. Ich lächele einfach nur, bin froh, noch hier sein zu dürfen. Lachend liege ich auf dem Boden, drei Jungs im Alter von drei bis fünf über mir. Sie sind die Piraten und ich darf der Edelmann sein, wie sie mir verkündet haben. Denke ich erst noch, es sei eine Ehre, enthüllen sie ihr wahres Gesicht. Der Edelmann wird überfallen. Die kleinen Finger kitzeln mich durch, dass mir bald schon die Tränen laufen und ich um Gnade japse. Fabian, der älteste, erhebt sich von mir. „So lasst ab, ein Schwächling! Holt unseren Schatz, wir wollen weiterreisen!“, ertönt seine zarte Stimme extra tief. Ein Lachen kann ich mir kaum verkneifen, doch die entsprechende Strafe dafür erspare ich mir einfach und unterdrücke jede Belustigung.
Ein Weinen dringt an mein Ohr. Eilig richte ich mich auf und entdecke einen Jungen, der mir gar nicht bekannt vorkommt. Schätzungsweise drei Jahre alt, hängen ihm die etwas zu langen, blonden Haare ins Gesicht und er steht in einer Pfütze.
„Das ist Theo, er ist neu“, informiert mich Fabian.
Langsam gehe ich auf den Kleinen zu, begebe mich in die Hocke und lächele ihn an. „Ist alles nicht so schlimm. Komm, wir ziehen dich um.“ Sein Zurückzucken bei meiner Berührung irritiert mich im ersten Moment, doch dann lächelt er mich vorsichtig an.
„Wollte ich nicht“, kommt mit ganz sanfter Stimme.
Ich nicke, weiterhin lächelnd: „Kann jedem Mal passieren. Gehst du in die Toiletten, ich hole schnell einen Lappen.“ Zur Antwort geht er los, kleine nasse Flecken zeigen seinen Weg.
Nachdem Elisabeth mir die Arbeit mit der Reinigung des Bodens abgenommen hat, gehe ich zu Theo. Dieser steht wie ein begossener Pudel in der Toilette, den Kopf gesenkt und seine Finger zittern. Ich suche Ersatzkleidung heraus, die alle Eltern hinterlegen, und beginne ihn dann zu entkleiden. Die eingenässte Kleidung verschwindet in einer Tüte, während das Wasser schon warm läuft, damit ich Theo waschen kann. „Ich bin Chris!“, stelle ich mich nun vor. Von ihm kommt keine Erwiderung, sein Körper zittert immer mehr und sein Atem geht hektisch. Meine Irritation kann ich nicht verbergen, mache jedoch weiter mit dem Entkleiden. Hose, Schuhe und die Unterwäsche sind schon in der Tüte gelandet, als ich sehe, dass auch sein T-Shirt am Bund nass ist. „Das ziehen wir besser auch aus, nicht sehr angenehm, oder?“ Theo nickt nur leicht, lässt sich ohne Widerrede von mir das Shirt ausziehen, als ich stocke. Am Bauch und dem rechten Oberarm befinden sich blaue Flecken: „Was hast du da?“
„Gefallen!“, ertönt die schwache Stimme des Jungen.
„Ach du je, hat bestimmt wehgetan“, mutmaße ich und greife zum Waschlappen, der im warmen Wasser liegt. „Wie bist du denn hingefallen?“, versuche ich abzulenken, während sein Körper unter meinen Berührungen zu Zucken beginnt.
„Papas Füße.“ Seine Stimme zittert. „Bin ein Dummkopf!“
Erst meine ich, mich verhört zu haben. „Bist du sicher nicht. Ich bin als Kind auch viel gefallen. Kann passieren“, versuche ich ihn aufzumuntern, doch es kommt keine Reaktion.
Fertig angezogen verschwindet Theo wieder in der Gruppe. Mit der zugebundenen Tüte trete ich aus der Toilette, als auch schon Elisabeth neben mir steht. „Du hast also Theo kennengelernt. Er ist seit einer Woche hier. Redet äußerst selten und ist sehr ungeschickt. Sein Vater hat schon einen Termin beim Augenarzt gemacht!“
„Liegt am Alter, war bei mir nicht anders.“ Ich lächele, aber das vergeht mir dann. Es lag bei mir nicht am Alter, aber das habe ich verdrängt, doch jetzt, wo ich Theo sehe, wird es mir bewusst. Ehrlichkeit … ich belüge mich selbst. Eilig verdränge ich alle Gedanken an die
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