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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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war jetzt in seiner Welt, viel mehr als damals im Kantonnement, als sie sich zwar für ihre Anwesenheit entschieden, sich eine Bindung jedoch versagt hatte. Jetzt war er an der Reihe, die Zügel in die Hand zu nehmen.
    »Nun«, sagte er munter, ihre Hand ergreifend. »Du weißt vielleicht nicht, was jetzt geschehen soll, aber ich weiß es. Ich habe eine ausreichende Zahl der von dir adoptierten Rituale über mich ergehen lassen müssen, meine Anna. Und ich habe es satt, durch sie hindurchgezerrt zu werden wie ein verwirrter Rekrut bei einer Vereidigungszeremonie. Du wirst jetzt an ein paar meiner Rituale teilnehmen, an einem vornehmlich.«
    Sie hinter sich herziehend, eilte er über den Hof zurück auf die Quartiere der Geiseln zu.
    »Was meinst du damit, eines deiner Rituale?« zögerte Annabel. »Ich möchte noch nicht da hineingehen, Kit.«
    »Wie würdest du diese barbarische Zeremonie vorhin denn sonst beschreiben, wenn nicht als Ritual?« fragte Kit und zog sie neben sich. »Jetzt wirst du erst einmal eine Zeremonie deiner eigenen Landsleute kennenlernen, Miss Spencer.«
    »Kit, dem Herrgott sei Dank, Mann, wir haben nicht erwartet, dich je wiederzusehen.« Colin, der Brigadier und zwei andere stürzten aus dem Gebäude, als Kit und seine offenbar unwillige, schwarzgekleidete Begleiterin naher kamen. »Wer, zum Teufel –« Dann blieb Colin stehen. »Annabel?«
    »Ja«, sagte Kit knapp. »Und bitte mich nicht zu berichten, was geschehen ist, Colin, weil ich glaube, ich könnte es nicht, ohne dabei einen Mord zu begehen. Wo ist der Kaplan?«
    »Ich wünschte, du würdest deutlicher mit mir sprechen«, unterbrach ihn Annabel und grub ihre nackten Fersen zwischen das Kopfsteinpflaster, ihre Stimme klang schon wieder erheblich kräftiger. »All dieses Gerede über Rituale.«
    »Hochzeit«, knurrte Kit und blickte sie streng an. »Das ist es, was wir da, wo ich herkomme, tun, Miss, wenn ein Mann sein Einverständnis erklärt, Verantwortung für das Wohlergehen einer Frau zu übernehmen. Und das machen wir jetzt.«
    »Eine Hochzeit?« rief Lady Sale, die im Türrahmen auftauchte. »Meine Güte, Kit, was würde Ihre arme Mutter dazu sagen?«
    »Ich stelle mir vor, daß ihr diese Aussicht einige Erleichterung verschaffte, Ma’am.« Kits Stimme war so trocken.
    Ihre Ladyschaft nagte an der Unterlippe. »Es liegt mir fern zu verstehen, Hauptmann Mackenzie, was Sie daran komisch finden«, tadelte sie.
    »Ich bitte um Entschuldigung, Ma’am«, Colin konnte sich kaum halten vor Lachen. »Aber Sie müssen zugeben, daß die Anlässe zur Freude dieser Tage wirklich selten geworden sind.«
    Lady Sales Mund wurde ein Strich. »Das mag sein … vielleicht. Aber wenn es eine Hochzeit geben soll, dann muß sie ordentlich vorbereitet werden. Unter meiner Verantwortung wird es nicht zu irgendeiner Halbherzigkeit in solchen Angelegenheiten kommen. In welchem Kleid, um Himmels willen, soll denn das arme Mädchen heiraten?«
    »In welchem was? Was hat denn hier ein Kleid zu besagen?« Kit vergaß angesichts dieser Unterhaltung und nach allem, was geschehen war, jegliche Höflichkeit.
    Lady Sale richtete sich zu ihrer ganzen imposanten Höhe auf. »Christopher, wenn Sie vorhaben, eine rechtschaffene Dame aus Miss Spencer zu machen, kann ich Ihren verspäteten Sinn für Verantwortung nur begrüßen. Aber Sie werden die Mitglieder unserer kleinen Gemeinde nicht der Möglichkeit berauben, ein anständiges Fest zu feiern, indem Sie die Angelegenheit zwischen Tür und Angel hinter sich bringen.«
    Annabel ließ sich langsam auf das Kopfsteinpflaster sinken, vollkommen geschlagen. Hier war sie nun, im letzten Augenblick dem Tod durch Steinigung entronnen, bekleidet mit den Gewändern einer armseligen Bauersfrau, mit den Insignien einer verurteilten Ehebrecherin, aus dem Zenana entlassen und doch immer noch Akbar Khans Gefangene, unvorbereitet in eine engverbundene Gruppe von Menschen geworfen, mit denen sie sich gerne gleichsetzen wollte, es aber nicht vermochte … und sie stritten sich über Hochzeitskleider.
    •
    »Sonne, Mond und Zwirn!« Kit ließ sich neben ihr auf die Knie fallen. »Liebste, wie konnte ich nur so gedankenlos sein? Geht es dir nicht gut?«
    Lady Sale, die bei seiner Wortwahl nicht mit der Wimper gezuckt hatte, was ein deutliches Zeichen für die zersetzende Wirkung der Gefangenschaft auf die Manieren war, schob ihn beiseite. »Das arme Mädchen ist wahrscheinlich vollkommen erschöpft, es würde mich nicht wundern.

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