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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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hinter sich zu. Er verbarrikadierte den Eingang, bevor er sich zu den drei schweigenden Gestalten umdrehte. Sein Gesichtsaudruck hatte einiges seiner gewöhnlichen Selbstsicherheit eingebüßt, und der normalerweise wohlgepflegte Schnurrbart bot einen kläglichen Anblick.
    »Wir sollten uns besser bewaffnen«, sagte er. »Meinst du, du kannst zum Kantonnement durchkommen, Kit? Wir werden Verstärkung brauchen.«
    »Ich kann es mal versuchen. Hoffentlich haben sie sich nicht auch vor dem Stallausgang aufgebaut.« Er wartete die Antwort nicht ab, sondern rannte aus dem Raum, die Treppe hinunter und den Korridor entlang zum hinteren Ende des Hauses. »Verrammle die Tür hinter mir«, befahl er dem Posten, wohlwissend, daß er auf sich allein gestellt war, sobald er das Haus verlassen hatte.
    Die Tür fiel zu und der Balken mit einem dumpfen Knall an seinen Platz. Das Geschrei des Mobs wurde lauter. Die Sepoy-Wachen auf der Mauer schossen, und Kit hörte jetzt auch Schüsse aus dem vorderen Bereich des Hauses kommen. Wahrscheinlich hatten seine Kameraden mit ihrer Verteidigung begonnen. Der Tag brach an. Er rannte über den Hof zu den Ställen und riß sich in seiner Hast die Finger bei dem Versuch auf, den festgefrorenen Riegel der Stalltür zu öffnen. Sein Pferd begrüßte ihn mit einem erschreckten Wiehern. Die anderen Tiere bewegten sich alle in den Boxen, gaben mit geblähten Nüstern und scharrenden Hufen ihrer Unruhe Ausdruck. Kit riß das Zaumzeug vom Haken in der Sattelkammer, streifte es seinem Pferd über und saß auf. Das Tier stob aus der Stalltür, sobald es das Gewicht seines Reiters spürte, und sie rasten in das nun volle Tageslicht hinaus.
    Das hintere Tor war kaum bewacht und die Straße, zu der hin es sich öffnete, wundersamerweise leer. Kit bellte den Sepoys zu, Verstärkung zu holen, als sie das Tor hinter ihm schlossen; im gleichen Augenblick drängte die schreiende Masse um die Straßenecke, auf dem Weg zum Hintereingang des Amtssitzes. Er hätte ihnen keinesfalls etwas entgegenzusetzen gehabt und auch den Sepoys wenig helfen können. Seine Aufgabe war es, das Kantonnement zu warnen. Er wendete sein Pferd und galoppierte in entgegengesetzter Richtung davon.
    Es schien so, als ob sich alles Leben der Stadt auf den Quadratmetern vor dem Amtssitz zusammengezogen hätte. Niemand ließ sich blicken. Haustüren standen offen. Sein Pferd hämmerte durch das auf dem Kopfsteinpflaster herumliegende Stroh und bog in die Straße ein, in der Akbar Khans Haus stand.
    Kit war sich nicht bewußt, daß er diese Entscheidung erst unterwegs gefällt hatte. Tatsächlich war diese Straße ein gutes Stück von seinem eigentlichen Ziel, dem Stadttor, entfernt. Aber auch Akbar Khans Tür stand offen und war unbewacht. Danach überlegte Kit nicht mehr, er handelte einfach.
    Sich von seinem Pferd werfend, trat er in die dunkle, mit steinernem Fußboden versehene Eingangshalle. Die leere Stille des Hauses schien eine greifbare Form anzunehmen, als sei das Gebäude mit einem nassen, schweren Mantel umhüllt. Er stieg die Treppe hinauf, vorsichtig, jedoch ohne zu zögern. Es war, als ob er schon immer den Weg gewußt hätte. Unfehlbar wandte er sich, oben angelangt, nach links. Eine hinter einem Wandbehang verborgene Tür befand sich genau dort, wo er sie erwartet hatte, und durch diese betrat er den Raum.
    Ayesha stand in einer Bewegung versteinert in der Mitte des Zimmers. Ihr Haar floß über ihren Rücken, glänzendes Kupfer in der Finsternis. Sie war unverschleiert, bekleidet nur mit einer cremefarbenen wollenen Jacke und einer fließenden Hose, und in ihren Augen stand noch der Schatten des Schlafes. Ihr weißes Antlitz nahm eine tödliche Blässe an, als sie ihn sah.
    »Großer Gott! Bist du wahnsinnig?« stammelte sie. »Mach daß du hier rauskommst, schnell! «
    »Nicht ohne dich«, sagte er entschlossen. »Es ist keiner hier.«
    »Natürlich ist jemand hier«, zischte sie wütend. »Die Frauen sind alle hier. Ich bin gerade aufgewacht, und jeden Augenblick wird Soraya den Raum betreten und –«
    »Dann komm schnell.« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Die Wachen vor der Tür haben ihre Posten verlassen … sind gegangen, um sich den Spaß nicht entgehen zu lassen, nehme ich an.«
    »Akbar Khan wird sie dafür kreuzigen lassen«, flüsterte sie, Entsetzen in den jadegrünen Augen, als sie sich vorstellte, was er Christopher Ralston antun würde, wenn er ihn hier entdeckte. » Bitte, Kit, du mußt diesen Ort

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