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Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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galoppierte. Er hatte den Amtssitz vor kaum mehr als zwanzig Minuten verlassen, aber in dieser kurzen Zeit schien dem Mob die Übernahme bereits gelungen zu sein. Ergriffen von bösen Ahnungen, wendete er plötzlich sein Pferd und raste auf die Straße vor dem Amtssitz zu.
    Das Bild, das sich ihm dort bot, kam geradewegs aus der Hölle. Die Ställe hinter dem Haus brannten lichterloh, die großen Tore des Haupteingangs waren weit geöffnet, um der johlenden Menge Zutritt zu verschaffen. Die Körper der Sepoy-Wachen lagen gebrochen und verdreht auf dem Boden. Die Haustür zersplitterte unter einem provisorischen Rammbock, und mit kreischendem Geheul ergoß sich der Mob ins Innere. Dann hörte er die Geräusche aus dem Garten hinter dem Gebäude, die seinen Herzschlag aussetzen und ihm das Blut in den Adern gefrieren ließen. Es war ein frohlockender Triumphschrei, der zu einem Brausen anschwoll. Kit setzte sich steil auf, seine Hand auf Ayesha lockerte sich. Sofort begann sie, sich ungebärdig zu winden.
    »Verdammt noch mal, du, halt still!« zischte er erbost, als ob sie nicht das Recht hätte, gegen das eindeutige Unbehagen ihrer Position zu protestieren – tatsächlich, in diesem Augenblick des Entsetzens und der Gewalt, brachte er sie mit dem Gemetzel in Verbindung, von dem er ahnte, daß es soeben stattfand. Mit der Hand erhöhte er den Druck auf ihr Kreuz und starrte in das flammende Inferno.
    Ein Sturzbach von Menschen floß aus dem hinteren Garten durchs Haus zurück; unter ohrenbetäubendem Gejohle hielten sie etwas vor sich ausgestreckt. Übelkeit stieg in Kit hoch und füllte seinen Mund. Er trieb sein Pferd zum Galopp an und floh vor der Szene, während sich der Anblick von Alexander Burnes’ abgeschlagenem Haupt tief in sein Inneres senkte.
    Ayesha gab ihre Bemühungen aus schierer Erschöpfung auf. Sie wurde unbarmherzig durchgerüttelt, ihre Rippen knirschten, und der schwere Mantel behinderte ihre Atmung. Ihre Wut war jetzt so angewachsen, daß sie kein anderes Gefühl mehr in sich hegte. Selbst ihre körperlichen Qualen waren nichts gegen diesen heiligen Zorn. Sie konnte erraten, wohin sie ritten, und als Kit einen Augenblick lang vor dem Tor zum Kantonnement das Tempo drosselte, war sie kaum überrascht, Kits englische Befehle an die Wachen zu hören.
    Das Tor schwang auf und das Pferd preschte unbeirrt auf Kits Bungalow zu, wo sich sein Stall befand. Menschen in unterschiedlichem morgendlichen Bekleidungszustand standen in den kleinen Gärten vor ihren Häusern und starrten zur Stadt, von wo die schrecklichen Geräusche des Aufruhrs und Gemetzels zu ihnen drangen. Der Rauch der brennenden Gebäude des Schatzamts und des Amtssitzes hing schwer in der Luft. Menschen riefen Kit an, als er vorbeihastete, nur wenige von ihnen hatten in dem wild galoppierenden Reiter mit den brennenden Augen Leutnant Ralston von der Kavallerie der Ostindischen Kompanie erkannt. Er antwortete nicht und brachte das Pferd abrupt vor seinem Bungalow zum Stehen.
    Harley kam herbeigerannt. »Oh, mein Gott, Sir, Sie sind gerettet! Was, zum Teufel, is’n los hier?«
    »Einen Augenblick«, sagte Kit knapp und sprang vom Pferd. Er griff hinauf, um Ayesha behilflich zu sein, doch sie kam selbst auf die Füße, und mit neu erwachender Kraft warf sie sich auf ihn … wie ein grünäugiger Luchs, dachte er, soweit er überhaupt dazu in der Lage war zu denken, angesichts des Schwalls von Flüchen, die sie auf Persisch und Paschtu auf ihn niederprasseln ließ, als ob Englisch in dieser extremen Lage bei weitem nicht ausreichte.
    Harley stand sprachlos daneben und starrte auf dieses unerhörte Geschöpf. Dann rief jemand sie von der gegenüberliegenden Straßenseite an, und Bob Markham sprang herbei.
    »Bist du aus der Stadt gekommen, Kit? Der alte Mann schreit nach dir. Er –« Bob Markham hielt zugleich in der Bewegung und in seiner Rede inne, als die Szene vor ihm in sein Bewußtsein drang. »Im Namen des Allmächtigen!« rief er. »Du hast sie rausgeholt!«
    Ayesha wirbelte herum, als seine Worte ihren Zorn übertönten, dann hob sie die Hand und versetzte Kit mit aller Kraft eine Ohrfeige. »Dann hast du also auch noch über mich geredet, nicht wahr, Ralston, Huzoor? Offiziersmessenprahlerei, nehme ich an.«
    Kit kam zu sich. Seine Wange brannte von dem Schlag, in seinen Ohren brauste ihre Beleidigung, sein Gehirn spulte noch immer die Bilder des Entsetzens ab, und er hob den Mantel auf, warf ihn über sie und trug das Bündel

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