Jäger der Nacht
wahrscheinlich in seinem Bett liegen, high von der Farbe und beim Wichsen. Kevin verlangsamte seinen Schritt. Es hatte keine Eile heimzukommen.
Ihm kam der Gedanke, daß er die ganze Nacht hätte bei Sam bleiben können, und niemand in der Burkett Street hätte es gekümmert. Er hätte neben diesem großen, warmen Körper schlafen können... und vielleicht am Morgen... Sein Glied versteifte sich in der Hose und seine Rosette juckte. Größer Gott! Es war so wie... wie... er wußte nicht was!
Dann stieg in ihm wieder seine ständige Angst auf, so wie sie ihn überkommen hatte, als er sich im Bett zusammengekauert hatte, nachdem alles geschehen war. Er war einer von ihnen! Wie die Typen im Park. Er hatte das getan, von dem er annahm, daß es diese anderen Typen miteinander machten, und er hatte es getan, weil er es gewollt hatte, und nicht, weil er dafür bezahlt wurde. Das war der Punkt, der ihm Angst machte – daß es ihm so gefiel. Er wollte nicht, daß irgendjemand das wüßte, nicht mal Sam. Aber ihm war bewußt, daß Sam es wußte, und das bedeutete, daß er da weg mußte; er wollte nicht, daß ihn diese Augen ansahen. Alles was er wollte, war, sich in der kuscheligen Wärme von Sams Körper zu vergraben und sich verzehrt zu fühlen.
Wenn es Sam wußte, wer sonst noch? Würde es Gino erraten? Oder Max und Arnie? Würde die Art, wie er ging oder aussah oder sich benahm oder sprach, ihnen Veranlassung geben, ihn sich auf einer Grabplatte zurechtzulegen? Er schauderte zusammen, als er sich an Kennys ausgenutzten Körper erinnerte. Würde sein eigener das nächste Mal dran sein?
Er ging die Jefferson Avenue entlang und kam am Jefferson Square vorbei, einer Ansammlung von Bäumen und Wegen und Bänken, mit einer Statue und einem Springbrunnen in der Mitte. Der Springbrunnen war in weißes Licht getaucht. Wie Schattenrisse sah er männliche Gestalten sich davor bewegen und dann in der Dunkelheit verschwinden. Er fragte sich, was sie da machten. War es dasselbe, was sie im Park machten? War es dasselbe, was er und Sam zusammen gemacht hatten? Gingen sie gemeinsam nach Hause, oder taten sie es direkt hier in der Dunkelheit unter den Bäumen? Mitten in der Stadt, mit all dem Autoverkehr um sie herum? Und mit Jungs wie Max und Arnie, die sich mit Baseballschlägern in den Büschen versteckten? Und... und... auch mit ihm, weil er stark war und normal, und niemand würde ihn Tunte nennen wie Kenny. Auch er konnte eine Schwuchtel schlagen. Aber was wäre, wenn diese Schwuchtel Sam gewesen wäre?
Er hielt inne und konzentrierte seinen Blick auf die verklärte Blässe der Fontäne. Er fühlte sich von ihr angezogen, von ihrer gespenstischen Gegenwärtigkeit, die gleichwohl leichten Herzens verspielt zu sprudeln schien und so die Dunkelheit um sie herum Lügen strafte.
Er überquerte die Jefferson Avenue in Richtung Jefferson Square und begann, nach einem Augenblick des Zögerns, den baumgesäumten Weg zum Springbrunnen einzuschlagen. Er fühlte mehr als daß er es sah, daß er nicht allein war, und dieses Bewußtsein verschaffte ihm eine merkwürdige Erleichterung. Er war nur eine weitere Gestalt zwischen den Bäumen, aber diese anderen Gestalten waren ihm im Geheimen verbunden wie Blutsverwandte. Er spürte das. Nach Sam spürte er das. Dennoch lief er mit eingezogenen Schultern unter seiner Windjacke, und hoffte, daß niemand ihn beobachten würde.
Aber als er sich dem Brunnen näherte, tat es doch jemand. Ein Junge, etwas älter als er, in einer Lederjacke, mit stoppeligem Kinn und kurzem, dunklen Haar. Er war dünn, und in dem weißen Licht ähnelte sein Gesicht einem Totenkopf. Kevin fühlte plötzlich Angst in sich aufsteigen. Aber die rauhe Stimme des jungen Mannes war weder feindlich noch besonders freundlich. Nur neugierig.
«Du schaffst hier an?»
«Ich bin nur gekommen, um mir den Springbrunnen anzusehen.»
«Hey, das ist mal was Neues!» Der junge Mann rückte näher ran.
«Biste noch nie zuvor hier gewesen?» Kevin schüttelte seinen Kopf.
Von dem jungen Mann ging eine gewisse Überlegenheit aus.
«Nun, das hier ist Jefferson Square. Und das hier», er zeigte auf die Statue, «ist Thomas Jefferson. Und dies da», er zeigte auf den Springbrunnen, «ist Thomas Jeffersons Pißpott. Und wenn du lange genug hier rumhängst, dann findste einen Freier, der dir für ‘nen Zwanziger einen bläst, ‘n Zehner in schlechten Nächten, und es wird garantiert nicht Thomas Jefferson sein. Denn alles, was dieser
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