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Jäger der Nacht

Jäger der Nacht

Titel: Jäger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wallace Hamilton
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sie hier tatsächlich Filme?» fragte Kevin.
    «Mmhmmh.» Bruce grinste. «Wie du sagen würdest: Die goldenen alten Zeiten.»
    «So wie im Nachtprogramm im Fernsehen?»
    «Für gewöhnlich noch älter.»
    Kevin schüttelte verwundert seinen Kopf. Nichts war älter als das Zeugs, daß sie nachts zeigten.
    Kevin wollte gerade fragen, was sie sich ansehen würden, als sie durch den Eingang in die Halle des Museums traten. Kevin stockte der Atem. Die riesige Halle aus massivem, rötlichem Mauerwerk war von einer hohen, goldenen Kuppel überspannt. Überall entlang den Wänden der Halle standen überlebensgroße Statuen aus Stein... nackte Menschen, und einige von ihnen waren Männer. Er mußte zugeben, daß die Männer alle aussahen, als ob sie gerade von einer kalten Dusche gekommen wären; sie hatten nicht viel von ihrer Männlichkeit vorzuweisen. Aber ihre Muskeln, ihr Körperbau, ihre Gegenwärtigkeit beschleunigten seinen Puls.
    Kevin bemerkte, wie Bruce grinsend seinem staunenden Blick folgte. «Als ich ein Kind war, bin ich oft hier gewesen. Ich wußte damals noch nicht, daß die Griechen ein Wort dafür hatten.»
    Kevins Stimme klang heiser. «Sie sind schön.»
    «Sie haben gewußt, was wir vergessen haben.»
    «Ich hab’s nicht vergessen», sagte Kevin. «Ich bin gerade dabei, mich zu erinnern.»
    «Wie philosophisch!»
    «Wie meinst du das?»
    «Vergiß es.»
    «Ich will’s wissen.»
    «Später.»
    Kevin spürte Wut in sich aufsteigen. Wann würde «später» sein? Ihre Schritte hallten auf dem Steinfußboden wider, als sie durch die Halle gingen, vorbei an den abgedunkelten Galerien mit Toren und Wächtern, in Richtung auf einen erleuchteten Durchgang am anderen Ende.
    Bruce zahlte einer langhaarigen Frau, die an einem Kartentisch saß, den Eintritt, und sie gingen in den Vorführraum, einen großen Saal mit weichbespannten Wänden und einer Leinwand auf der Bühne. Einige Leute saßen verteilt in den Sitzreihen. Bruce und Kevin setzten sich ziemlich weit nach hinten. Während sie ihre Jacken auszogen, sah Kevin, wie sich ein junger, gutaussehender Mann umdrehte, Bruce erkannte und ihn winkend grüßte. Der Mann neben ihm drehte sich ebenfalls um und gab zu erkennen, daß er Bruce kannte. Bruce erwiderte es mit einer Handbewegung.
    «Wer’s das?» fragte Kevin.
    «George und Gerald. Freunde von mir.»
    Kevin versank im Sitz und versuchte, sich unsichtbar zu machen.
    Bruce warf ihm einen schnellen Blick zu. «Mach dir nichts draus. Das verkraften wir schon. Viel Spaß mit den Filmen.»
    Der Saal verdunkelte sich.
    Erstens waren die Filme ohne Ton, nur ein Klavier erklang zur Untermalung, und Zwischentitel erklärten, was vor sich ging.
    Zweitens gab es keine Farbe. Die Bilder waren alle in schwarzweiß und abgenudelt. Warum zahlte Bruce Geld für so einen Quatsch? Und alle bewegten sich so schnell, als ob sie Düsenantrieb hätten.
    Und dann flogen die Kremtorten! Als die erste einem fetten Mann klatschend ins Gesicht segelte, kreischte Kevin unbeabsichtigt laut auf und sah dann beschämt zu Bruce rüber. Aber Bruce grinste. Plötzlich tobte ein wahrhaftiger Krieg der Torten über die Leinwand, und Kevin stellte ein für allemal fest, daß solche Filme weder Ton noch Farbe brauchten. Alles, was sie brauchten, waren nur reichlich Torten. Kevin malte sich aus, daß all diese Sportsendungen, die Jake so gern im Fernsehen sah, durch die Verwendung einiger wohlgezielter Kremtorten ganz schön aufgemöbelt werden könnten.
    Kevin ließ sich von den Filmen so mitreißen, daß er ganz vergaß, daß Bruces Freunde einige Reihen vor ihnen saßen. Aber als die Lichter angingen, waren sie da, erhoben sich von ihren Sitzen wie bedrohliche Störenfriede, hatten ihre Blicke auf Bruce gerichtet... und auf ihn. Kevin wünschte, daß die beiden im Boden versinken würden, aber das taten sie ganz offensichtlich nicht. Sie paßten es so ab, daß sie mit Bruce und Kevin im Gang zusammentreffen konnten. Bruce stellte sachlich und ohne irgendeine Erklärung Kevin vor, der sich wohl bewußt war, daß er von Kopf bis Fuß gemustert wurde. Unter anderen Umständen hätte er diese Bewunderung genossen, aber das hier war für ihn ein Einbruch in seine Privatsphäre, genauso schlimm, als wenn einer der Männer rübergelangt und seinen Körper abgetastet hätte. Er rückte näher an Bruce heran, bis er dessen Schulter berührte; und mit dieser Berührung fühlte er sich sicher genug, zurückzustarren.
    Sie sahen nicht schlecht aus.

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