Jägerin der Nacht 03 - Dawnbreaker
seiner grell gestreiften Tagesdecke erdrückte. Es gab noch eine weitere Tür im Raum, die vermutlich ins Badezimmer führte. Das Zimmer war sauber und ordentlich, verströmte aber eine müde, schäbige Aura, so als hätte es in zu kurzer Zeit zu viele Gäste beherbergt. Der einzige Vorteil, den es zu haben schien, bestand darin, dass es keine Fenster gab.
„Du siehst grauenhaft aus", verkündete Danaus und brach das Schweigen. Mein Blick sprang wieder zu seinem Gesicht, und ich bemerkte, dass er mich missbilligend ansah. „Schlaf du mal in einem Koffer, den man in den Kleiderschrank gepfeffert hat, dann werden wir sehen, wie du danach aussiehst", fauchte ich, und in diesem Moment war es mir total egal, wie kratzbürstig sich das anhörte.
Mein Blick streifte mein T-Shirt und die Lederhosen, und ich versuchte geistesabwesend, die Falten zu glätten, aber es blieb bei der nutzlosen Geste. Mittlerweile hatte ich den Verdacht, dass sie wohl nie wieder rausgehen würden. „Das hab ich nicht gemeint", antwortete er ruhig, völlig unbeeindruckt von meinem Tonfall. Mir war sonnenklar, wie ich aussehen musste. Ich musste mich dringend wieder kräftigen. Das hätte ich schon tun sollen, bevor wir in Savannah an Bord des Fliegers gegangen waren, aber beim Start meines Jets hatte es Probleme gegeben.
Dadurch war ich gezwungen gewesen, eine Reihe unvorhergesehener Telefonanrufe zu tätigen, um alles wieder ins Lot zu bringen, damit wir schnell starten konnten, und so war mir fürs Kräftigen keine Zeit geblieben. Meine letzte Mahlzeit war schon zu lange her. Dass ich auf Blackbeard Island verletzt worden war, kam erschwerend hinzu, denn dadurch fühlte ich mich ausgelaugt und gereizt, vom Magietraining, dem ich mich in der vorigen Nacht unterzogen hatte, ganz zu schweigen.
Außerdem hatte mir inzwischen die Furcht ihre Klauen tief ins Fleisch gegraben. Wäre ich noch am Leben gewesen, hätte ich jetzt mit rasendem Puls hyperventiliert. So unterdrückte ich nur den Drang, mir die Handflächen an den Knien zu trocknen, obwohl ich als Vampirin gar nicht mehr schwitzte. Ich wusste, welchen Anblick ich Danaus bot. Ich war leichenblass und meine violetten Augen waren fast permanent in fiebrigem Glanz aufgerissen. Und wenn er scharf genug hinsah, würde er auch das schwache Zittern meiner Finger entdecken.
„Ich muss mich wirklich kräftigen", räumte ich ein und versuchte dabei, das Gefühl einer anschwellenden Feuersbrunst in meinen Adern zu ignorieren, das jeden klaren Gedanken aus meinem Kopf verdrängte. Mit einem leicht dramatischen Seufzer pflanzte ich den linken Ellbogen auf die Armlehne des Sessels und stützte den Kopf auf die Hand. „Wo sind wir?"
„Cuzco." „Was?" Schlagartig setzte ich mich auf und rückte an die Sesselkante vor. Die plötzliche Bewegung ließ Danaus hochfahren und instinktiv mit der Rechten nach einer Waffe greifen. Angesichts dieser Abwehrbewegung zuckte ich zusammen und zwang mich dazu, mich langsam zurückzulehnen. Ob es nun an meinem vorherigen Gefühlsausbruch oder an meinem Aussehen lag, der Jäger war trotz unseres Waffenstillstands auf der Hut.
Oder schlimmer noch, er konnte meinen nagenden Hunger spüren. Während unseres gemeinsamen Aufenthaltes auf Kreta hatte er das bereits mehr oder weniger zugegeben, als er angemerkt hatte, wie der Hunger auch in seinem Geist brannte, wenn wir zusammen waren. Wir tanzten inzwischen beide auf Messers Schneide und arbeiteten aus schierer Verzweiflung zusammen, aber das bedeutete nicht, dass wir einander auch vertrauten.
„Wir sollten doch eigentlich in der Herberge am Fuß der Ruinen von Machu Picchu sein", fuhr ich in ruhigem Tonfall fort, nachdem er sich wieder auf die Bettkante gesetzt hatte. „Oder wenigstens in Aguas Calientes. Wir sollten näher am Berg sein." „Wir haben schon Glück, dass wir es überhaupt bis nach Cuzco geschafft haben", sagte er und ließ müde die Schultern hängen. „Das Flugzeug wurde in letzter Minute wegen Unwettern über Cuzco nach Lima umgeleitet. Wir sind dann mit dreistündiger Verspätung nach Cuzco aufgebrochen. Die Landung verlief wegen starker Böen ziemlich holprig. Es hat dann noch eine weitere Stunde gedauert, aus dem Flughafen rauszukommen. Inzwischen war es schon später Nachmittag. Alle Züge ins Heilige Tal waren mittlerweile auf der Rückfahrt nach Cuzco."
„Und es gab keine andere Verbindung nach Machu Picchu?" „Wir sind hier nicht in Amerika", erinnerte er mich grimmig. „Es gibt nur
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