Jagd auf eine Bestie 2. Teil: Thriller (German Edition)
des Conte blitzte es auf. Es war, als habe Kerner ein Schimpfwort gebraucht. »Moral? Sagen Sie, in welcher Welt leben Sie, Mr. Baranow? Welche Moral meinen Sie? Wer ist dieser Moral verpflichtet? Doch wohl nur die Habenichts auf der Welt. Die Schwachen, die Krüppel, die Nichtstuer, die Parasiten auf dieser Erde. Sie alle stehen auf den Beinen derer, denen diese Welt gehören sollte. Worin liegt ihr Nutzen? Sie sind nur unnötiger Ballast auf dem Weg zum Fortschritt. Glauben Sie allen Ernstes, dass ich ein Unmensch bin, wenn ich über diese Dinge nachdenke? Schauen Sie sich die Welt doch einmal an. Überall gibt es Hunger, Krankheiten und Leid. Können Sie das ändern? Ich glaube nicht. Schon gar nicht mit einer heuchlerischen Moralvorstellung, die immer nur predigt und lamentiert und uns augenscheinlich einen Schritt vorwärts, aber in Wahrheit zwei Schritte zurückbringt. Legen Sie Ihre Gefühlsduselei und Ihre Subjektivität einmal ab und denken Sie sachlich und produktiv.
Die Ressourcen dieser Welt sind begrenzt. Wir müssen jetzt schon die Natur manipulieren, um auch nur halbwegs die Parasiten zu ernähren, die Sie natürlich hilfsbedürftige Menschen nennen würden. Diese , ach so armen und hilfsbedürftigen Menschen, bringen dieser Welt keinen Nutzen, sie können nichts zurückgeben. Das Gegenteil ist der Fall. Sie zerstören die Natur, auf die wir zwingend angewiesen sind. Ihre zwiespältige Moral hat eine erschreckende Konsequenz, Mr. Baranow. Sie wird die Menschheit früher oder später ins Verderben stürzen. Glauben Sie, dass die Welt eine bessere und friedlichere wird, wenn Sie die Schwachen, die Kranken und diejenigen, die von den Starken leben und ihnen ihre Kraft rauben, weiterhin mitschleppen? Das entbehrt jeder Logik. Der Schutz der Schwachen führt nur dazu, dass alle geschwächt werden. Sehen Sie sich doch nur mal die Natur an. Seit Jahrmillionen funktioniert sie. Und zwar, da werden Sie mir wohl recht geben, hervorragend. Nur die Starken konnten überleben. Erst der Mensch hat es in kurzer Zeit geschafft, dieses Zusammenspiel der Natur ins Wanken zu bringen. Mit seiner ach so gepriesenen Moral, die nichts weiter ist, als ein bösartiger Virus, der den natürlichen Lauf der Dinge auf den Kopf stellt und den Menschen in ein schwaches Wesen verwandelt, das sich selbst im Wege steht. Ein Wesen, das sich selbst Grenzen auferlegt, ohne die es sich in Sphären aufschwingen könnte, die ihm geradezu unvorstellbare Möglichkeiten eröffnen könnte.« Ungläubig sah Kerner in die Augen des Tieres, das dort vor ihm stand. Das Denken dieser Kreatur dort hatte nichts Menschliches an sich.
»Sie reden vom Leben der Menschen, als ob es sich um eine Ware handelte. Eine Ware, deren Wert Sie alleine ermessen. Welche Arroganz doch in Ihren Worten liegt. Aber Sie irren sich gewaltig.« Spott zeigte sich in den Augen des Conte. »Nun Mr. Baranow, wie hoch würden Sie denn den Wert Ihres eigenen Lebens einschätzen? Einhundert tausend Dollar? Oder eine Million? Oder einhundert Millionen?«
Kerner war verblüfft. »Ich kann meinem Leben keinen Wert in Zahlen beimessen. So gesehen ist es unbezahlbar.« Der spöttische Ausdruck im Gesicht des Conte verstärkte sich noch. »Für Sie, Mr. Baranow. Für Sie mag Ihr Leben unbezahlbar sein. Weil es das Leben in Ihnen ist, das seinen Wert bestimmt. Sie würden es um jeden Preis verteidigen. Sie würden alles tun, um zu verhindern, dass man es Ihnen nimmt. Nur ist das eine maßlose Überschätzung. Für mich zum Beispiel hat Ihr Leben nicht den geringsten Wert. Sehen Sie, in den Lenden der Menschen schlummern Hunderte von Milliarden Zellen, die Leben hervor bringen können. Geradezu verschwenderisch sind die Möglichkeiten der Natur, neues Leben zu erzeugen, und wie alles, was es im Überfluss gibt, ist es somit ohne jeden Wert.« Kerner spürte plötzlich, wie maßloser Zorn in ihm hochstieg, und es fiel ihm schwer, nicht aufzuspringen. Mit einem Schlag wurde ihm klar, wie sehr man jemanden fürchten musste, in dessen Kopf eine solche Gesinnung herrschte und der zugleich eine solche Macht besaß. Eine solche Menschenverachtung machte Angst. Die Ansichten, die dieser Mann vertrat, standen im Gegensatz zu allem, was er, Kerner, als Christ glaubte. Erschreckend deutlich wurde ihm etwas klar. Eine solche Bestie war inmitten von unbedarften Menschen wie ein Wolf in einer Schafsherde, und es gab nur eine einzige Möglichkeit, ein Abschlachten der Schafe zu
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